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Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn

Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn

Titel: Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.A. Salvatore
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ehemalige ehrwürdige Vater Dalebert Markwart, der Fio Bou-raiys höhere Ausbildung weitgehend beaufsichtigt hatte. In der gegenwärtigen Welt war es offenbar ein Leichtes, die Ansicht zu vertreten, Avelyn habe Recht gehabt und seine Anhänger hätten sich den Wünschen Gottes gefügt, als sie sich, wie der Bund selbst ja bewies, um eine mitfühlendere und großzügigere Haltung der Kirche gegenüber der Gemeinde bemüht hatten.
    Mit dieser Möglichkeit konnte Meister Fio Bou-raiy leben, da sie nicht, wie im Falle Markwarts und seiner fanatischeren Anhänger wie Meister De’Unnero, sein gesamtes Leben Lügen strafte. Tatsächlich war Bou-raiys Machtposition in der Kirche in den Jahren seit dem Bund noch gestärkt worden. Vater Agronguerre war mittlerweile ein alter, sehr alter Mann, dessen Gesundheit ebenso nachließ wie seine geistige Beweglichkeit. Die Aufgabe, ihn durch seine Gottesdienste zu geleiten, fiel den Meistern um Agronguerre zu; und der Anführer dieser Gruppe war kein anderer als Fio Bou-raiy, der diesen Gottesdiensten, diesen Ansprachen und Predigten eine für ihn selber vorteilhafte Richtung gab.
    Trotzdem verlief Fio Bou-raiys Aufstieg nicht völlig ohne Schwierigkeiten. Nachdem Interimsabt Hingas auf der Straße zum Barbakan umgekommen war, hatte Agronguerre ihm die Abtei von St. Honce angetragen. Fio Bou-raiy jedoch hatte abgelehnt und ein höheres Ziel ins Auge gefasst, ein Ziel, das er für erreichbarer hielt, wenn er im Umfeld des ehrwürdigen Vaters blieb. Denn das war die Stellung, die Fio Bou-raiy anstrebte, und die Wahl, die unweigerlich auf Agronguerres scheinbar bald bevorstehenden Tod folgen musste, war vermutlich seine letzte Gelegenheit dazu.
    Daher hatte er geglaubt, alles verlaufe geradezu prächtig, bis der alte Agronguerre in einem seiner wacheren Momente Bou-raiy und alle anderen anwesenden Meister mit der Ankündigung überrascht hatte, er werde Fio Bou-raiy nicht zu seinem Nachfolger ernennen. Tatsächlich würde Agronguerre überhaupt niemanden ernennen – gleichwohl hatte er seiner Hoffnung Ausdruck verliehen, sein Amt werde an Abt Haney fallen, seinen Nachfolger in St. Belfour in Vanguard, obwohl der Mann viel zu jung war, um überhaupt vorgeschlagen zu werden. »Ich werde wohl noch ein Jahrzehnt weiterleben müssen«, hatte Agronguerre mit dünner, kraftlos gewordener Stimme angemerkt und sich dann über diesen scheinbar so abwegigen Einfall köstlich amüsiert.
    Die verblüffende Ablehnung Fio Bou-raiys hatte jeden in St. Mere-Abelle überrascht und unter den Meistern, die sich der Folgen bewusst waren, große Befürchtungen ausgelöst. Wenn nicht an Bou-raiy, so würde die Stellung zweifellos an den einzigen offenkundig qualifizierten Kandidaten fallen, Abt Olin, und das konnte keiner der Meister von St. Mere-Abelle wirklich wollen.
     
    Tatsächlich waren Bou-raiy und vielleicht auch Abt Braumin Herde die einzigen Männer in der Kirche, die über die nötigen Voraussetzungen verfügten, Olin herauszufordern. Dabei stand Braumin vor dem gleichen Problem wie Abt Haney, denn wie so viele neue Äbte und Meister des Abellikaner-Ordens verfügte er nicht über die nötige Erfahrung, um die Stimmen der älteren Meister und Äbte zu gewinnen, selbst wenn diese Abt Olin nicht sonderlich zugetan waren.
    Daher gab es vieles abzuwägen, als Fio Bou-raiy in diesem Frühling nach Palmaris kam, vorgeblich um der Weihung der Kapelle von Avelyn in Caer Tinella beizuwohnen, in Wahrheit aber, um in Ruhe ein wenig Zeit mit Abt Braumin und seinen engsten Freunden zu verbringen, sie auf seine Seite zu ziehen und sich einige Stimmen zu sichern.
    Als er die Fähre verließ, die den Masur Delaval von Amvoy aus überquerte, bot er mit seinen schmalen, habichtartigen Gesichtszügen, seinem perfekt geschnittenen grauen Haar und seinem gepflegten dunkelbraunen Gewand, dessen linker Ärmel an der Schulter abgebunden war, einen eindrucksvollen Anblick. Als er sich seinen Weg vorbei an den geschäftigen Docks von Palmaris bahnte, gingen ihm die Kinder aus dem Weg, doch das war für Fio Bou-raiy mehr ein Kompliment, ein Bezeugen des ihm gebührenden Respekts, als irgendetwas anderes. Er zog den Respekt eines anderen Menschen, ganz gleich wie alt, der Freundschaft immer vor.
    Er brachte ein aus einem halben Dutzend jüngerer Ordensbrüder bestehendes Gefolge mit, das in zwei ordentlichen Reihen und im Abstand von drei Schritten respektvoll hinter ihm marschierte. Auf dem Weg nach St. Precious achtete er

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