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Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn

Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn

Titel: Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.A. Salvatore
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fürwahr große Augen.
    »Es ist alles vollkommen logisch«, verteidigte sich Bou-raiy gegen den ungläubig-fassungslosen Blick. »Und dient dem Wohl der Kirche und des Staates. Jilseponie hat sich als fähige weltliche Herrscherin erwiesen, und ihr Einfluss und ihre Verbindungen innerhalb der Kirche sind unbestreitbar. Auch wird ihr König Danube, wenn wir ihm den Vorschlag unterbreiten, den Titel wohl kaum verwehren. Entweder ist er begeistert, dass sein Hof die Macht der Kirche attackiert, oder aber er ist so sehr in dem Konflikt zwischen Verstand und Herz gefangen, dass er es nicht wagen wird, sich zu widersetzen.«
    »Ihr geht davon aus, dass Jilseponie diesen Titel auch tatsächlich will«, stellte Braumin fest, der fasziniert, aber längst nicht überzeugt war.
    »Ich gehe davon aus, dass Ihr sie dazu bringen könnt«, verbesserte Bou-raiy. »Wenn Ihr es als eine Möglichkeit präsentiert, der Sache Avelyns zu dienen, wird sie vermutlich akzeptieren.«
    »Das könnt Ihr unmöglich wissen«, erwiderte Braumin ruhig. »Außerdem wisst Ihr nicht, wie Jilseponie wirklich denkt.«
    »Ebenso wenig wir Ihr«, entgegnete Bou-raiy schnell. »Aber das ließe sich in Erfahrung bringen, lange bevor wir mit dem Angebot an König Danube herantreten. Denkt darüber nach, Bruder, ich flehe Euch an. Es stünde Euch frei, der Kapelle von Avelyn während ihrer wichtigsten Phase vorzustehen, ihren Aufstieg zur Abtei zu überwachen und die Architekten und Steinmetze auszuwählen, während Ihr die Erhebung Bruder Avelyns in seinen rechtmäßigen Stand als Heiliger leitet.«
    »Ihr wart noch nie ein Bewunderer von Avelyn Desbris«, erinnerte ihn Braumin. »Ihr standet auf Seiten Vater Markwarts, als dieser den Mann als Ketzer brandmarkte und Meister Jojonah auf dem Scheiterhaufen verbrennen ließ.« Trotz seines Bemühens, eine energische Miene aufzusetzen, brach Braumins Stimme gegen Ende des Satzes, denn seine Bemerkung weckte Erinnerungen an die entsetzliche Ungerechtigkeit, die man seinem Mentor und besten Freund, Meister Jojonah von St. Mere-Abelle, zugefügt hatte. Hilflos hatte er mit ansehen müssen, wie Markwart und seine engsten Freunde den Mann erst verurteilt und schließlich hingerichtet hatten. Und obwohl viele dieser Übeltäter, unter ihnen auch Fio Bou-raiy, mittlerweile mit der Tat nichts mehr zu tun haben wollten und ihre Fehler eingestanden, hatten sich die Bilder dieses entsetzlichen Tages unauslöschlich in Braumin Herdes Gedächtnis eingebrannt.
    »Ich kann Bruder Avelyns Aufstieg weder verhindern noch davon abraten«, räumte Bou-raiy ein. »Nicht, nachdem sich sein Ruhm in den Tagen der Rotflecken-Pest so deutlich offenbart hat. Weder bin ich der Narr, für den Ihr mich haltet, noch bin ich so stolz, dass ich keine Fehleinschätzungen eingestehen kann. Wir mussten erkennen, dass Vater Markwart und seine Gefolgsleute im Irrtum waren – ob dieser Irrtum allerdings reinen Gewissens und aufgrund aufrichtiger, wenn auch irriger Absichten entstanden ist, wird noch lange Zeit diskutiert werden müssen«, fügte er schnell hinzu, denn Bou-raiy mochte vielleicht eine Fehleinschätzung eingestehen, aber keine offenkundige Sünde.
    »Es scheint mehr als angemessen, dass Abt Braumin, der sich unter Lebensgefahr hinter die Anhänger Avelyns stellte und der deren Sieg zur Machtübernahme missbrauchte …«
    Bei diesen Worten nahm Braumin eine drohende Haltung an.
    »Das könnt Ihr nicht bestreiten«, sagte Bou-raiy. »Solltet Ihr auch gar nicht. Ihr habt Euch für die richtige Seite entschieden, und das trotz großer Gefahren, daher ist es nur angemessen, dass man Euch für Eure Urteilskraft und Euren Mut belohnt. Das will ich gar nicht in Abrede stellen, keinen einzigen Augenblick lang. Ich biete Euch daher jetzt die Gelegenheit, Eure wahre Berufung zu erkennen – die eines Vorkämpfers für Avelyn Desbris – und in naher Zukunft auch für Meister Jojonah.«
    Diese letzte Verlockung, die Möglichkeit, Meister Jojonah weiter zu entlasten und zu glorifizieren, war Abt Braumin keineswegs entgangen. Tatsächlich wünschte sich der Abt von St. Precious – mehr als alles andere auf der Welt, mehr noch sogar als die Heiligsprechung Avelyns, den Braumin im Grunde kaum gekannt hatte –, dass sein früherer Ratgeber in jenen Status erhoben wurde, den er unzweifelhaft verdiente. Vor die Wahl gestellt, sich für das eine oder andere zu entscheiden, würde Braumin Herde Avelyn bei der Heiligsprechung glatt übergehen und sie

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