Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn
stattdessen Meister Jojonah gewähren.
Und offensichtlich wusste Fio Bou-raiy das.
»Im Übrigen leuchtet mir nicht ein, warum Ihr den Aufstieg von Jilseponie, einer Frau, von der Ihr fast ausnahmslos in höchsten Tönen sprecht, in das Amt des Bischofs von Palmaris fürchten solltet, mein lieber Abt«, fuhr Fio Bou-raiy fort.
»Was mir nicht einleuchtet, ist, was Euch dazu veranlasst, diesen Aufstieg zu unterstützen«, gab Braumin offen zu.
»Es erscheint mir klug«, erwiderte Bou-raiy. »Eine Gelegenheit, die wir uns nicht entgehen lassen sollten. Denn König Danube ist von Jilseponie viel zu hingerissen, um ihr diesen Wunsch abzuschlagen; vielleicht glaubt er, seine weltliche Herrschaft bis in die Kirche auszuweiten, indem er eine Baroness in unsere Reihen einschmuggelt. Wir beide dagegen wissen, dass wir mit der Ernennung Jilseponies in Wahrheit genau den gegenteiligen Effekt erzielen werden. Dem Titel nach ist sie Baroness, im Herzen jedoch Äbtissin; das hat sowohl ihr Schaffen während des Pestjahrs bewiesen als auch die schlichte Tatsache, dass Gott und Avelyn sie zur Verkünderin des Bundes auserkoren haben. König Danube wird einwilligen«, fuhr Bou-raiy fort, »allerdings ist Bischöfin kein Titel, den Jilseponie lange tragen wird, denn sollte sie irgendwann beschließen, den Hof von Ursal zu ihrem Zuhause zu machen, wird sie Königin werden, und die Entscheidung über ihren Nachfolger liegt dann bei uns.«
Braumin verzog verwundert das Gesicht, während er Fio Bou-raiys Absichten zu begreifen versuchte. Allein die Tatsache, dass dieser Mann mit Geschick und scheinbar mühelos ein ganzes Gebäude aus Intrigen zu errichten vermochte, bewirkte, dass sich mehr als nur einige Haare in Braumins Nacken sträubten. Trotz allem schien die Folgerichtigkeit all dessen unbestreitbar. Vermutlich würde Danube Jilseponies Aufstieg in das Amt des Bischofs tatsächlich zustimmen, und wenn sie dann nach Ursal ginge, um Königin zu werden, hätte die Priorität des Bischofsamts auch weiterhin Bestand, und es war durchaus anzunehmen, dass Danube bereit war, es dabei zu belassen. Mit Jilseponies Unterstützung würde der nächste Bischof aus der Kirche kommen statt aus dem weltlichen Bereich.
»Bischof Braumin von Palmaris, das hat doch einen wunderbaren Klang, oder etwa nicht?«, fragte Fio Bou-raiy mit einem für seine beherrschte Art typischen verhaltenen Lächeln. »Jilseponie wird dies vermutlich unterstützen, ja sogar darauf drängen, und König Danube, in seiner Verzückung über seine bevorstehende Vermählung, wird wahrscheinlich mitspielen.«
Abt Braumin sah den Mann eine Weile unverwandt an und versuchte, jede seiner Bewegungen studierend, zu ergründen, was hinter all diesen überraschenden Informationen steckte. »Ihr denkt, Ihr führt mich in Versuchung, aber in Wahrheit wisst Ihr gar nicht, was mir wirklich am Herzen liegt«, sagte er. »Mein persönlicher Gewinn ist mir nicht wichtiger als das Wohlergehen meiner liebsten Freundin, und ich werde sie keinen Intrigen aussetzen, die dem entgegenstehen, was gut für sie ist.«
»Wie könnt Ihr glauben, ein solcher Aufstieg würde sich für Jilseponie nicht als vorteilhaft erweisen?«, fragte Fio Bou-raiy ungläubig. »Sie hat sich ihren eigenen Worten nach für ein Leben als Dienerin entschieden, und wir können ihr womöglich zu einem Amt verhelfen, das dieses Potenzial unermesslich ausweitet. Glaubt Ihr, sie erkennt den Vorteil nicht?«
»Den Vorteil für Jilseponie oder für den Abellikaner-Orden?«, fragte Braumin.
»Für beide natürlich«, antwortete Bou-raiy, aufgebracht mit den Armen fuchtelnd. »Doch selbst wenn der Vorteil nur auf Seiten der Kirche läge, sollte sie mit Freuden einwilligen. Ihr übrigens auch, und zwar ohne diese Fragerei! Eure Pflicht gegenüber der abellikanischen Kirche ist eindeutig, Bruder Braumin. Überzeugt diese Frau, dem zuzustimmen und beide Titel, vereint im Amt des Bischofs, anzunehmen, bis sie mit König Danube vermählt ist – falls es jemals dazu kommt. Diese Ehe wird Staat und Kirche tiefgreifender miteinander verbinden, als es jemals der Fall war, und sie wird die vortreffliche Arbeit der abellikanischen Kirche im ganzen Land stärken.«
»Zumindest was die Kirche anbetrifft, macht Ihr sie damit innerhalb unserer patriarchalischen Strukturen zu einer Galionsfigur ohne echte Macht«, sagte Braumin vorwurfsvoll. »Ihr nutzt ihre Beliebtheit zum eigenen Vorteil, nicht zu ihrem. Es stimmt schon, König Danube
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