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Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn

Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn

Titel: Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.A. Salvatore
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keinerlei Anstalten machten, sich zu verstecken, trat De’Unnero vor ihnen auf den Weg.
    »Seid gegrüßt«, rief er. »Es geschieht nicht oft, dass Besucher in Micklins Dorf kommen. Verzeiht uns also, wenn wir Euch nicht in aller Form empfangen.« Als er geendet hatte, machte er eine tiefe Verbeugung. »Bertram Dale, zu Euren Diensten.«
    »Seid herzlich gegrüßt, und einen wunderschönen Tag!«, antwortete der Barde überschwänglich und mit unverkennbar weiblicher Stimme; und erst jetzt, als er genauer hinsah, erkannte De’Unnero, dass es sich in Wahrheit um eine Frau mit kurz geschorenen, braunen Haaren handelte. »Wir sind umherziehende Abenteurer, die wissen wollen, wie es in der Welt zugeht«, fuhr sie schwärmerisch fort, »und die nach Geschichten suchen, aus denen sich bedeutende Oden spinnen lassen.«
    Warum vergeudet ihr Eure Zeit dann mit Kinderliedern? , dachte De’Unnero, behielt seine Kritik jedoch für sich. Obwohl er ihr Äußeres irgendwie bemerkenswert fand, galt sein Augenmerk nicht der Frau, denn die beiden zu Fuß gehenden Schurken, die sich ein Stück abgesondert hatten und miteinander tuschelten, beunruhigten ihn erheblich mehr. Offenbar hielten sie nach den übrigen Dorfbewohnern Ausschau, was De’Unnero eindeutig verriet, dass diese Bande alles andere als harmlos war.
    »Wir bieten allen Reisenden etwas zu essen und zu trinken an«, sagte er, sich wieder zu dem weiblichen Barden umdrehend.
    »Meine Kehle könnte einen feurigen Schluck gebrauchen«, meinte der hoch gewachsene Reiter mit bäuerlichem Dialekt.
    »Schnaps haben wir leider nicht«, erklärte De’Unnero. »Es gibt Wasser, Tortha-Beerensaft und ein köstliches Gemisch aus ausgepressten Blaubeeren und Trauben, das ist alles. Aber wenn Ihr absitzen wollt, werde ich die Pferde in den Pferch lassen, wo sie grasen können, und anschließend bereite ich Euch allen ein kräftiges Mahl.«
    Die drei Reiter wechselten einige Blicke, ohne anzunehmen oder abzulehnen, machten aber, wie De’Unnero auffiel, auch keinerlei Anstalten abzusteigen. Inzwischen hatten die anderen beiden die Tür einer nahen Hütte geöffnet und warfen einen Blick ins Innere.
    »Bitte erklärt Euren Begleitern, sie möchten sich an die Regeln der Privatheit und des Anstands halten. Wir sind hier durchaus freundlich, einige unserer Häuser sind allen zugänglich, andere dagegen, wie das, für das die beiden sich zu interessieren scheinen, sind privat.«
    »Sie sehen sich doch bloß um«, erwiderte der hoch gewachsene Mann unbeeindruckt.
    »Meine Mitbewohner werden in Kürze von der Jagd zurückkommen«, fuhr De’Unnero fort, der das höfliche Getue zusehends leid wurde. Wenn sie die Absicht hatten, ihn anzugreifen oder offen zu bedrohen, sollten sie es endlich hinter sich bringen. »Ich bin sicher, sie haben nichts dagegen, dass Ihr so lange hier bleibt, wie Ihr wollt. Außerdem werden sie bestimmt all Eure Lieder und Geschichten hören wollen; gute Unterhaltung im Tausch gegen eine kräftige Mahlzeit und ein warmes Nachtlager.«
    Die Sängerin, die De’Unnero merkwürdig ansah, nahm sein Angebot lächelnd entgegen und vollführte, immer noch zu Pferd, eine elegante Verbeugung.
    »Vielleicht erzählen sie mir noch fantastischere Geschichten, damit ich sie vertonen kann«, erwiderte sie.
    »Alles, was ich Euch bis jetzt habe singen hören, war eine alte Ballade, die hier im Bärenreich jedes Kind kennt«, versuchte De’Unnero sie zu provozieren; er wollte sehen, ob es ihm gelang, der Frau mit ihrem elfenhaften Gesicht einen Anflug von Verärgerung zu entlocken.
    Es gelang ihm nicht; sie lachte nur über seine Bemerkung und erwiderte: »Ich fürchte, in der Welt ist es still geworden. Die großen Kriege sind vorbei, und die Pest hat sich längst verzogen.«
    »Ach, sie ist keine tolle Bänkelsängerin«, mischte sich der hoch gewachsene Kerl ein und spie aus. »Sie hält sich mit ihren hübsch gereimten Liedern und den großen Worten für eine weltgewandte Dichterin, dabei ist sie bloß Sadye, Sadye die Hure. Sie ist keinen Deut besser als wir.« Der abgerissene Kerl hatte noch nicht zu Ende gesprochen, als die Frau ihn bereits mit einem stechenden, drohenden Blick bedachte. De’Unnero spürte, wie sich ihm die Nackenhaare aufstellten. Spätestens jetzt war ihm jenseits allen Zweifels klar, dass sie mehr als gefährlich war.
    Den weiteren Wortwechsel konnte er jedoch nicht mehr verfolgen, da eine Bewegung seitlich neben ihm seine Aufmerksamkeit erregte. Er sah,

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