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Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn

Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn

Titel: Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.A. Salvatore
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stöhnte laut auf. Das Lied der Bardin. Er hatte bereits von Musikinstrumenten gehört, die mit magischen Steinen besetzt waren, deren Kräfte mittels eines Liedes abgerufen werden konnten. Jetzt sah er es mit eigenen Augen, ein Lied, das seine Feinde heilte und ihm ein unbehagliches Gefühl verschaffte.
    Plötzlich schien der Kampf erheblich schwieriger.
    Gleichzeitig wurde der Ruf des Wertigers sehr viel verlockender.
    Schließlich hatte einer der Schurken die Situation so weit durchschaut, dass er dem verängstigten Pferd einen Klaps aufs Hinterteil versetzte und es davonjagte, wodurch De’Unnero völlig ungeschützt den Pfeilen ausgesetzt war. Der Bogenschütze vergeudete keine Zeit, ließ einen Pfeil in Richtung des abtauchenden Mannes schnellen und traf De’Unnero hinten an der Wade, wo er eine tiefrote Kerbe hinterließ.
    Er spürte zwar den Schmerz, aber am meisten Sorgen bereitete ihm das Drängen des lauthals seine Freiheit fordernden Wertigers. Marcalo De’Unnero wusste, dass er der Verlockung widerstehen konnte, allerdings nur auf Kosten seines Lebens, denn dazu würde er das Kämpfen, überhaupt alles, einstellen und sich ganz auf den Kampf in seinem Innern konzentrieren müssen.
    Ein weiterer Pfeil streifte ihn; er vernahm die aufgeregten Rufe der beiden Männer, die seine Verfolgung aufgenommen hatten.
    In diesem kritischen Augenblick bemächtigte sich eine neue Sichtweise des ehemaligen Mönchs, die Erkenntnis, dass er sich selbst betrog, wenn er diesen sehr realen Teil seiner Persönlichkeit leugnete. Lass ihn heraus, entschied er, lass ihn in diesem ganz speziellen und in allen ähnlichen Augenblicken einfach heraus, wenn seine Feinde es verdienten, die abgründigeren Seiten von Marcalo De’Unneros Persönlichkeit kennen zu lernen.
    Er lief um die Ecke einer Kate und hörte, wie hinter ihm ein Pfeil mit einem dumpfen Geräusch im Holz steckenblieb. Außer Sichtweite, riss er sich das Hemd vom Leib – wie oft hatte er sich seine Kleidung bei diesen Verwandlungen schon ruiniert? –, zog seine Hose aus und verzog schmerzerfüllt das Gesicht, als er dem Wertiger freien Lauf ließ und ihm gestattete, seine Beine in die Hinterbeine einer großen Katze zu verwandeln.
    Die beiden Unberittenen bogen hinter ihm um die Hüttenecke, aber er war längst verschwunden, hatte seine kräftigen Katzenmuskeln kurz angespannt, zu einem mächtigen Sprung angesetzt und war ohne das geringste Geräusch auf dem Dach gelandet. Er trabte sofort zum First, ging in Lauerstellung und horchte.
    »Geh du anders herum!«, rief der hoch gewachsene Kerl dem Bogenschützen zu, und De’Unnero hörte, wie das Hufgetrappel sich der Vorderseite des Hauses näherte.
    »Wo hat sich diese kleine Ratte verkrochen?«, brüllte der plumpe Kerl wütend. »Sucht nach versteckten Türen. Wenn ich den in die Finger kriege!«
    »Wir werden ihn ganz weit oben an die Wand nageln!«, rief der hoch gewachsene Kerl, dessen Worte im neuerlichen Geschrei des Mannes mit dem zertrümmerten Knie beinahe untergingen. Das Geräusch lieferte De’Unnero den entscheidenden Hinweis, dass die Bardin nicht mehr ihr erstes Lied sang, das den Hämatit aktiviert hatte, sondern jetzt ein anderes angestimmt hatte, ein Lied über Wälder und wilde Tiere.
    Als die Wandlung daraufhin ihren Fortgang nahm, wurde De’Unnero von einer kurzen Panik ergriffen, denn er befürchtete, das Lied könnte auf seinen Zustand als Katze abzielen. Vielleicht hatte sie seine Hand bemerkt oder irgendwie seinen katzenhaften Sprung gesehen. Besaß sie eine magische Waffe, die sie gegen ihn einsetzen konnte?
    Diese Befürchtungen legten sich jedoch, als er vollends zum Wertiger wurde und sich einzig auf die Jagd konzentrierte. Er hörte das Lied der Bardin jetzt in einer völlig anderen Klangfarbe, die ihn erregte, die ihn vor Nervosität ganz ungeduldig werden ließ und in ihm den Wunsch weckte, loszuspringen, sich auf das Menschenfleisch zu stürzen und seine Feinde zu vernichten.
    Er vernahm die Schreie, hörte das Lied der Bardin, er hörte, wie das Pferd des Bogenschützen sich galoppierend vom Haus entfernte, am deutlichsten aber vernahm er das unablässige Geschwätz der beiden Handlanger, die jetzt um die hintere Ecke der Kate bogen, ihn verfolgten und verhöhnten und ungestraft mit Beleidigungen und Drohungen um sich warfen.
    Den Leib dicht an den First geschmiegt, schlich sich der riesige Tiger Schritt für Schritt an, bis er schließlich genau oberhalb der beiden Narren in

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