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Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn

Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn

Titel: Schattenelf - 1 - Der dunkle Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.A. Salvatore
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die Hand, um zu verhindern, dass Jilseponie ihm ins Wort fiel. »Sowohl im Krieg als auch bei der Bekämpfung der Pest. Doch das liegt viele Jahre zurück, und ich fürchte, die Menschen haben ein kurzes Gedächtnis.«
    »Ihr sprecht wohl eher von den Edelfrauen«, erwiderte Jilseponie, woraufhin Bretherford das Glas auf sie erhob und trank.
    »Normalerweise ist die Position der Königin Frauen von adliger Herkunft vorbehalten«, sagte er. »Den jungfräulichen Töchtern der Herzöge oder anderen Edelleuten bei Hof.«
    »Und doch ist es das Vorrecht des Königs, eine eigene Wahl zu treffen«, erwiderte Jilseponie.
    »Selbstverständlich«, räumte Bretherford ein. »Aber das ändert wenig an den Tatsachen, mit denen Ihr es in Ursal zu tun bekommen werdet. Die Edelfrauen werden jeden Eurer Schritte mit Verachtung strafen und sich wünschen, sie gingen an Eurer Stelle am Arm von König Danube. Selbst die Bäuerinnen –«
    »Die Bäuerinnen?«, unterbrach ihn Jilseponie. »Was wisst Ihr überhaupt von uns, Herzog Bretherford?«
    »Nun, ich weiß, dass nur wenige Euch mit derselben Toleranz begegnen werden, die Ihr hier oben im Norden angetroffen habt«, fuhr er unbeirrt fort. »Oh, anfangs werden Euch die Bauersfrauen lieben und in Euch die Erfüllung eines im Königreich durchaus weit verbreiteten Traumes sehen, des Traumes aller Bauernmädchen, dass der König sich in sie verliebt und sie in den Adelsstand erhebt. Doch was anfänglich die Quelle ihrer Liebe für Euch ist, kann sehr leicht in Eifersucht umschlagen. Seid auf der Hut, was immer Ihr auch tut, Bischöfin Jilseponie«, riet er ihr unverblümt. »Denn im Falle eines Fehltritts werden alle ein Urteil über Euch fällen, und das wird äußerst streng ausfallen.«
    Erschrocken über seine eigenen schroffen Worte, stürzte er sein zweites Glas Trester hinunter und seufzte schwer.
    Obwohl sie ihm versichert hatte, es handle sich um eine private Unterredung, war er offenbar überzeugt, seine Grenzen überschritten zu haben. Vermutlich erwartete er, dass sie ihn von nun an für immer hassen und vielleicht Danube sogar dazu bringen würde, sich gegen ihn zu stellen – entweder heimlich oder in aller Öffentlichkeit. Tatsächlich war Jilseponie leicht fassungslos und auch ein wenig verärgert, und diese Gefühle richteten sich anfangs tatsächlich gegen Herzog Bretherford. Bei näherer Betrachtung aber musste sie feststellen, dass sie seiner Einschätzung nicht wirklich widersprechen konnte.
    »Ich danke Euch«, sagte sie, woraufhin er sie überrascht ansah. »Ihr wart mir gegenüber ehrlich, und ich fürchte, diese Ehrlichkeit wird mir an König Danubes Hof nicht oft begegnen.«
    »Wohl wahr«, gab der Herzog ihr Recht und schien sich ein wenig zu entspannen.
    »Und was unser Verhältnis betrifft, so erwarte ich lediglich, dass Ihr mich gerecht beurteilt«, fuhr Jilseponie fort. »Gebt mir Gelegenheit zu beweisen, dass ich als Königin sowohl dem König als dem Land von Nutzen sein kann. Beurteilt mich, wie Ihr auch eine dieser jungfräulichen Adelstöchter beurteilen würdet.«
    Worauf Bretherford keine andere Antwort wusste, als die Tresterflasche auf sie zu erheben.
    Jilseponie erwiderte den Toast mit ihrem Glas, leerte es und hielt es ihm zum Nachschenken hin.
    Kurz darauf verließ sie Bretherfords Quartier in dem Gefühl, dass dies eigentlich kein schlechter Anfang war – obwohl sie sich schon seit mehr als einem Jahrzehnt kannten, begann ihr Verhältnis im Grunde erst jetzt, denn zum ersten Mal hatten die beiden ganz offen miteinander gesprochen. Jilseponie glaubte, einen Verbündeten gewonnen zu haben, und davon, fürchtete sie, würde sie am feindseligen Hof von König Danube noch viele benötigen.
    Nein, vielleicht keinen Verbündeten, wie ihr bewusst wurde, als sie Herzog Bretherfords Gesten und Worte noch einmal Revue passieren ließ. Aber zumindest glaubte sie sich jetzt darauf verlassen zu können, dass der Mann ihr gegenüber ehrlich war.
    Das war mehr, als sie von vielen anderen an Danubes hochnäsigem und exklusivem Hof erwarten durfte.
     
    Die Flusspalast lief unter großem Jubel in den Hafen von Ursal ein; die Menschen waren in Scharen zusammengeströmt, um jene Frau zu begrüßen, die ihre Königin werden würde. Angesichts des Überschwangs, des unverhohlenen Entzückens, fiel es Jilseponie schwer, Herzog Bretherfords Warnungen nicht in den Wind zu schlagen.
    Doch nur in jenem kurzen, überwältigenden Augenblick, als sie diese

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