Schattenelf - 2 - Das Turnier
augenblicklich aufzusuchen. Kann sein, dass es um Merwick und Torrence geht, aber ganz bestimmt nicht um eine Beschwerde, da bin ich sicher. Eigentlich habe ich Lady Pemblebury schon seit Monaten nicht mehr in so prächtiger Laune gesehen, Mylady.«
Jilseponie bedachte die Frau mit einem langen, fragenden Blick. Durfte sie sich Hoffnungen machen, dass Constance endlich ihre düstere Phase, ihren Zorn und ihre Eifersucht überwunden hatte? Es schien fast zu schön, um wahr zu sein. Trotzdem, wenn die Frau gewillt war, ihr die Hand zu reichen, sollte sie dann nicht zugreifen? Was würde Jilseponie dafür geben, wenn sie endlich Ruhe vor dem Getratsche fände!
»Richtet Lady Constance aus, ich werde ihr morgen Nachmittag im Westsalon beim Tee Gesellschaft leisten«, sagte sie.
»Gern, Mylady«, rief die Dienerin und klatschte in die Hände. Sie wandte sich ab und wollte sich rasch entfernen, blieb dann aber noch einmal stehen, drehte sich um und machte einen Hofknicks, um gleich darauf abermals herumzuwirbeln und zur Tür zu laufen.
Jilseponie stand auf, begann im Zimmer auf und ab zu gehen und über die überraschende Wendung der Ereignisse nachzudenken. In ihren Gedanken schrillten leise Alarmglocken, denn Constance hatte ihr durch absolut nichts zu verstehen gegeben, dass sie gedachte, sich ihretwegen zu beruhigen. Ganz im Gegenteil! Nicht einmal beim Turnier war sie erschienen, dabei war das Getuschel über den jungen Krieger – und angeblichen Liebhaber der Königin – gewiss auch bis zu ihr gedrungen.
Ja, das war vermutlich der Grund, überlegte Jilseponie. Wahrscheinlich hatte Constance die Absicht, ihr irgendwelche Information zu entlocken, die sie später gegen sie verwenden konnte.
Oder reagierte sie jetzt selbst schon überzogen?, fragte sie sich.
Sie spielte mit dem Gedanken, Danube aufzusuchen und ihm von der Einladung zu erzählen, entschied sich dann aber dagegen. Dies war allein ihr Problem, daher sollte sie ihren ohnehin schon von allen Seiten belagerten Gatten nicht damit behelligen. Was immer die Frau im Schilde führen mochte, sie würde mit Constance Pemblebury schon fertig werden.
Aber sie würde Vorsicht walten lassen müssen.
Trink es endlich, jetzt sofort, verlangte die Stimme in Constances Kopf, unmittelbar bevor sie den Westsalon betrat, wo Königin Jilseponie auf sie wartete.
Constance holte ein kleines Fläschchen hervor und machte Anstalten, den Korken herauszuziehen, hielt dann aber inne und starrte darauf.
Zum Zögern ist keine Zeit, flüsterte ihr die Stimme Aydrians telepathischen Befehl zu, woraufhin eine rasche Abfolge von Bildern an Constances innerem Auge vorüberzog. Sie sah Merwick und Torrence, erhängt auf einem öffentlichen Platz, eine Hinrichtung, bei der Königin Jilseponie den Vorsitz führte.
Noch bevor sie sich richtig überlegen konnte, was sie tat, zog Constance den Korken heraus und leerte das Fläschchen in einem Zug. Es brannte in der Kehle.
Das Hinunterrinnen der Flüssigkeit wurde von einem an- und abschwellenden Schwindelgefühl begleitet, einem brennenden, jegliche Orientierung raubenden Gefühl.
Constance riss sich zusammen; so schnell konnte die Wirkung unmöglich einsetzen.
Sie lief zum nahen Fenster, das zu einem steil abfallenden Abhang hinausging, vergewisserte sich mit einem hastigen Blick, dass niemand sie beobachtete und warf das Fläschchen den steinigen Hang hinunter.
Sie fuhr sich über die Lippen, riss sich zusammen und betrat entschlossenen Schritts den Salon.
Neben ihr trat ungesehen Aydrians Geist mit ein.
Jilseponie saß auf der anderen Seite des Zimmers an einem kleinen, am Fenster stehenden Tisch und wärmte sich in den Strahlen der tief stehenden Sonne. Sie trug ein vergleichsweise schlichtes, größtenteils rosafarbenes Kleid, das mit Streifen aus dunklerem Violett abgesetzt war. Ihr blondes Haar war hochgesteckt und wurde von einer edelsteinbesetzten Spange gehalten.
Constance zögerte. Diese Frau war unbestreitbar schön, ihr gesamtes Erscheinungsbild zweifellos elegant. Äußerlich wurde Jilseponie ihrer Rolle als Königin durchaus gerecht.
Aber sie ist keine Königin, ermahnte sich Constance, ganz bestimmt nicht ihrer Herkunft nach. Man konnte sie so prachtvoll ausstaffieren, wie man wollte, im Grunde gehörte die Frau in Wildledergamaschen gesteckt, mit einem Schwert an ihrem Gürtel. Sie gehörte in die Wälder, um Jagd auf wilde Tiere und Goblins zu machen.
Das einzige Rouge, das sich auf Jilseponies
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