Schattenelf - 2 - Das Turnier
dagegen beschäftigte sie nach wie vor, denn sie hielt ihn für eine nicht sehr feinsinnige Ermahnung oder gar Warnung von Lady Dasslerond. Um dem nachzugehen, bediente sie sich aller ihr zur Verfügung stehender Quellen, darunter auch des Küchenchefs, mit dem sie sich inzwischen angefreundet hatte, sowie einer Reihe von Dienerinnen, die viel zu weit unten im gesellschaftlichen Gefüge standen, um sich an dem Getratsche zu beteiligen. Sie ließ Kundschafter sich unter das gemeine Volk Ursals mischen und versuchte auf diese Weise, Informationen über die wahre Identität Tai’maqwilloqs zu erhalten.
Als diese auch nach einigen Tagen noch ausblieben, dehnte sie ihre Erkundungen auf das weitere Umland aus und versicherte sich sogar der Dienste eines Kaufmanns, der nach Palmaris segeln sollte, um Roger Flinkfinger einen Brief zu überbringen. Vielleicht konnte sich Roger mit Bradwarden in Verbindung setzen, und der Zentaur anschließend mit den Touel’alfar.
Das würde natürlich einige Monate dauern.
»Was bedrückt dich, meine Liebe?«, erkundigte sich König Danube, als er an jenem Abend ihre Privatgemächer betrat und Jilseponie am Fenster sitzend vorfand, aus dem sie gedankenverloren nach draußen starrte.
»Tai’maqwilloq«, antwortete sie wahrheitsgemäß. Sie hörte, wie der König, eben noch auf dem Weg zu ihr, stehen blieb.
Jilseponie wandte sich zu ihrem Gemahl um und bat ihn, sich neben sie zu setzen. »Sein Auftauchen macht mir Angst«, erklärte sie.
»Falls er überhaupt noch hier ist«, erwiderte der König. »Seit dem Turnier hat ihn kein Mensch mehr zu Gesicht bekommen. Es ist, als sei er nur zum Tjost erschienen und danach gleich wieder verschwunden. Wäre ich nicht ein so vernünftiger Mensch, ich würde glatt denken, Elbryan sei aus dem Grab auferstanden, um für seine Geliebte zu reiten!«
Die Bemerkung traf Jilseponie vollkommen unerwartet; einen erschrockenen Ausdruck im Gesicht, drehte sie sich zu Danube um und überlegte, ob ihn vielleicht Eifersucht zu dieser Bemerkung verleitet hatte. Doch was sie sah, war etwas völlig anderes. Ihr Gemahl wirkte vollkommen gelöst, so als könnte selbst das – selbst wenn er Recht haben sollte und Elbryans Geist tatsächlich zurückgekommen war – seine Liebe zu ihr nicht erschüttern.
»Er ist Elbryan ähnlicher, als du vielleicht ahnst«, gestand Jilseponie, woraufhin Danube schließlich doch leicht zusammenzuckte.
»Woher willst du das wissen?«, fragte der König. »Du hast ihn doch gar nicht ohne Helm gesehen.«
»Sein Kampfstil«, erwiderte sie. »Du weißt, dass ich das Geheimnis der elfischen Kampfmethode bewahre.«
König Danube nickte nachdenklich.
»Tai’maqwilloq – ein Elfenname, der Nachtfalke bedeutet – hat im Stil der Elfen gekämpft, noch dazu mit einem Schwert, das seinem Stil zuträglich war, ein sicheres Zeichen, dass es sich um eine Elfenwaffe handelte«, erklärte Jilseponie.
»Bist du sicher?«
Sie nickte.
»Du glaubst, Lady Dasslerond hat ihn geschickt?«, fragte Danube.
Für Jilseponie war es sehr befremdlich, den Namen der Herrscherin von Caer’alfar aus Danubes Mund zu hören. Natürlich hatte Danube von ihr gehört und sie sogar persönlich kennen gelernt, aber er wusste auch, was sich für ihn in Bezug auf die zurückgezogen lebenden Elfen ziemte. Sein Königreich – und ganz sicher auch das von Lady Dasslerond – war erheblich besser dran, wenn die Elfen für die einfachen Menschen des Bärenreiches nichts weiter waren als Märchengestalten in abenteuerlichen Geschichten, die man sich am Lagerfeuer erzählte; ihres Wissens war es das erste Mal in all den Jahren an seiner Seite, dass sie ihn Dassleronds Namen aussprechen hörte.
»Er macht dich neugierig«, sagte Danube.
»Er macht mir Angst«, korrigierte sie. »Es entspricht einfach nicht der Art eines Hüters, bei einem Turnier zu erscheinen, um sich dort zu beweisen.« Sie wollte noch eine Erklärung hinzufügen, schüttelte dann aber nur den Kopf.
König Danube legte ihr den Arm um die Schultern. »Wir werden ihn ausfindig machen und in Erfahrung bringen, was er, wenn überhaupt, damit beabsichtigte«, versuchte er seine Frau zu beruhigen.
»Dein Hofstaat macht sich zweifellos einen Spaß daraus, irgendwelche Schlüsse daraus zu ziehen«, erwiderte Jilseponie, wenn auch mit einem Lächeln auf den Lippen.
Danube musste lauthals lachen. »Man könnte den Eindruck gewinnen, mein Hofstaat bestehe aus einigen überaus gelangweilten Menschen«,
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