Schattenelf - 2 - Das Turnier
Jilseponie vorbei ins Zimmer und eilte an die Seite der schwer angeschlagenen Constance.
»Ganz ruhig«, sagte Herzog Kalas zu seiner lieben Freundin. Er ließ sich auf die Knie sinken, befreite Constance aus den Armen der Dienerin und nahm ihren Kopf in seine Hände. »Seid jetzt ganz ruhig«, murmelte er. »Hilfe ist bereits unterwegs. Jilseponie holt einen Seelenstein und –«
»Nein!«, kreischte die im Sterben liegende Frau; sie fand gerade noch die Kraft, sich aufzurichten und Kalas an der Vorderseite seines Rocks zu packen. »Nein! Sie wird meine Seele ebenso vernichten, wie sie meinen Körper zerstört hat. Nein, Ihr müsst es mir versprechen!«
In diesem Augenblick trat König Danube ins Zimmer und eilte zu Constance.
»Sie behauptet, Eure Gemahlin habe sie ermordet«, erklärte Kalas.
»Der Tee … vergiftet«, hauchte Constance. »Man hat versucht mich umzubringen.« Noch einmal gelang es ihr, sich aufzurichten; sie klammerte sich fest an Kalas. »Merwick und Torrence«, stieß sie flehend hervor. »Die Hexe wird sie aus dem Weg räumen.«
»Das ist doch Unsinn!«, rief König Danube.
Aydrian wusste, dass Jilseponie schon bald mit einem Seelenstein zurück sein würde, mit dessen Hilfe sie das Gift neutralisieren konnte. Also suchte er Constance auf und redete noch einmal auf sie ein. Er führte ihr die am Galgen baumelnde Königin vor Augen und zeigte ihr, wie Merwick als König des Bärenreiches den Thron bestieg.
Und besänftigte sie damit so nachhaltig, dass sie sich nicht mehr gegen das Gift sträubte. Constance ließ sich zurücksinken und starb.
Jilseponie stürzte ins Zimmer, das Säckchen mit den magischen Steinen in der Hand, doch als sie sah, wie Kalas Constances Kopf behutsam auf den Boden legte und ihre leeren Augen schloss, hielt sie jäh inne.
Bestürzt schüttelte sie den Kopf; obwohl sie immer noch nicht recht wusste, was sie von alldem halten sollte, spürte Jilseponie, wie ein Dutzend anklagender, bohrender Blicke drückend auf ihr lastete.
»Ich habe nichts getan«, sagte sie an ihren Gemahl gewandt, als dieser sich erhob und sich zu ihr umdrehte.
König Danube wollte gerade erwidern: »Natürlich nicht, mein Liebes«, als Aydrian ihm abermals ins Unterbewusstsein einflüsterte, dass es Jilseponie gewesen sei, die Constance ermordet habe, und schon brachte er die Worte nicht mehr über seine Lippen.
Er hätte ebenso gut vor sie hintreten und sie ohrfeigen können, so tief erschütterte sie sein Zögern.
»Durchsucht sie!«, befahl Herzog Kalas und winkte im Aufstehen zwei Wachen heran.
Als die beiden unschlüssig zögerten, fuhr Jilseponie sie an, sie sollten zurückbleiben. Die beiden verharrten und sahen erst Herzog Kalas und dann König Danube fragend an.
Der König schlug bedrückt die Augen nieder.
»Durchsucht sie!«, wiederholte Kalas knurrend und legte seine Hand ans Schwert, als sei er bereit, es jeden Augenblick zu ziehen und Jilseponie auf der Stelle damit zu durchbohren. Stattdessen langte er nach unten, packte die in Tränen aufgelöste Kammerzofe und zog sie grob auf die Füße. »Dann werdet Ihr das eben übernehmen«, befahl er ihr, stieß sie zu Jilseponie hinüber und bedeutete den beiden Wachen, sich ihrer anzunehmen.
Das taten sie auch; sie packten sie bei den Armen, was sie sich widerstandslos gefallen ließ. Wie vom Donner gerührt stand sie da und starrte ihren Gemahl fassungslos an.
Selbstverständlich ging sie davon aus, dass sie nichts finden würden, schließlich hatte sie ja nichts getan, doch auch als die Dienerin an ihrer Schärpe nestelte und erschrocken das kleine Briefchen zum Vorschein brachte, war Jilseponie nicht wirklich überrascht.
Wie hatte Constance ihr das nur antun können?, überlegte sie, denn natürlich bestand kein Zweifel, dass die ganze Geschichte abgekartet war. Aber das ergab doch keinen Sinn, überhaupt keinen Sinn!
Denn vor ihr auf dem Boden lag Constance, tot, und dort stand Danube, offenbar zutiefst getroffen.
Man nahm ihr die magischen Steine ab und bog ihr die Hände auf den Rücken, um sie zu fesseln. Die Worte der Dienerinnen drangen wie aus weiter Ferne an ihr Ohr, beharrlich wiederholten sie nacheinander, es sei die Königin gewesen, die den Tee geordert habe.
Dann hörte sie die Echos durch die Flure hallen, Rufe, in denen es hieß, die Königin, sie, sei eine Mörderin und habe Lady Pemblebury umgebracht.
Den Blick noch immer unverwandt auf Constances Körper gerichtet, vernahm sie Kalas’
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