Schattenelf - 2 - Das Turnier
Pimaninicuit.«
Olins leuchtende Augen schienen aus ihren Höhlen treten zu wollen. »Wie … wie ist das möglich?«, stammelte er. »Wieso habt Ihr … wie könnt Ihr glauben …« Er sah auf und schüttelte ungläubig den Kopf.
»Stellt Euch vor, welch ungeheure Reichtümer im Sand von Pimaniniciut vergraben liegen«, erklärte De’Unnero. »Magische Steine, die in Jahrhunderten, Jahrtausenden, vom Halo herabgeregnet sind.«
»Sie wurden nie gesegnet und sind daher schon lange nicht mehr magisch«, erwiderte Olin.
»Müssen sie das denn sein?«, fragte De’Unnero. »Ein Smaragd ist schließlich nicht wertlos, nur weil er keine magischen Kräfte besitzt.«
Abt Olin schob die Pergamentrollen wieder zu De’Unnero zurück. »Es ist verboten«, erklärte er. Offenbar machte ihm die Vorstellung Angst.
»Von wem?«
»Durch das Kirchenrecht!«, rief Olin. »Und zwar schon seit Anbeginn der Zeit. Seit den Tagen von St. Abelle!«
»Spielt das denn eine Rolle?«, erwiderte De’Unnero, Olins Tonfall aus der Diskussion am Tag zuvor aufgreifend, als das Gespräch auf Gott gekommen war.
Olin ließ sich lange Zeit, um über seine Antwort und die vor ihm auf dem Schreibtisch liegenden Seekarten nachzudenken. »Was verlangt Ihr also von mir?«, fragte er schließlich ruhig. »Und wie lautet Euer Plan?«
»Ihr habt Kontakte zu Seeleuten«, antwortete De’Unnero. »Ich werde für die Reise Schiffe benötigen – und seid unbesorgt, falls es Ärger geben sollte, wird Euer Name ungenannt bleiben.«
»Wie viele Schiffe?«
»So viele wie möglich«, antwortete De’Unnero. »Denn jedes von ihnen wird mit einem königlichen Schatz in seinem Frachtraum zurückkehren, mit genau den finanziellen Mitteln, die wir für die Aufstellung einer Armee benötigen, den Mitteln, die wir dringend benötigen werden, wenn der Zeitpunkt gekommen ist, Aydrian auf den Thron des Bärenreiches zu hieven.«
»Ein Vorteil, den wir uns zunutze machen werden, um die Kirche umzugestalten«, beendete Abt Olin den Gedanken.
De’Unnero lächelte bloß.
»König Danube ist jünger als ich«, gab Olin zu bedenken. »Und zwar nicht bloß um Jahre, sondern um Jahrzehnte. Ich werde ihn wohl kaum überleben.«
Woraufhin De’Unnero nur finster lächelte.
6. Ein grauer Herbst
Es war ein grauer Herbst in Ursal im Jahr des Herrn 843; die Stimmung und die Farbe des Himmels waren eins.
»Werdet Ihr sie besuchen?«, fragte Herzog Kalas König Danube eines verregneten Nachmittags. Trotz des Regens und des eisigen Windes gingen die beiden im Garten spazieren und unterhielten sich über Constances und Danubes Söhne, die jetzt in Yorkeytown lebten, der größten Stadt der Grafschaft Yorkey, einer sanft geschwungenen Farmlandschaft östlich von Ursal und bevorzugter Zufluchtsort für den Adel an Danubes Hof.
»Mein Platz ist hier, an der Seite meiner Gemahlin«, erwiderte Danube entschlossen. Ihm entging nicht, dass Herzog Kalas zusammenzuckte.
»Gewöhnlich verbringen König und Königin den Winter voneinander getrennt«, erinnerte ihn Kalas.
»Damit der König bei seiner früheren Geliebten überwintern kann?«, erwiderte Danube mit einem amüsierten Lachen. »Bei der Mutter seiner beiden Kinder?«
»Constance würde sich sehr freuen, Euch zu sehen«, sagte Kalas, der die im Exil lebende Hofdame erst kürzlich besucht hatte und über den Anblick, der sich ihm dort geboten hatte, alles andere als erfreut gewesen war.
»Ich möchte nichts mehr davon hören«, sagte Danube.
»Es sind Eure Söhne, Eure Thronerben«, gab Kalas zu bedenken. »Ihr tragt die Verantwortung für die Zukunft des Königreiches – eine Verantwortung, die größer ist als irgendwelche Pflichten gegenüber Eurer Gemahlin, wie ich behaupten möchte.«
»Hütet Eure Zunge!«
Danube war stehen geblieben, als er die Warnung aussprach, hatte sich umgedreht und Kalas fest in die Augen gesehen, doch der Herzog, der bereits vor Danubes Thronbesteigung dessen Freund gewesen war, weigerte sich, klein beizugeben, und hielt dem Blick seines Königs stand.
»Als Ihr König wurdet, wusstet Ihr, dass es Zeiten geben würde, in denen Eure persönlichen Vorlieben zurückzustehen haben würden«, erklärte Kalas. »Zeiten, in denen die Verpflichtungen des Königs gegenüber dem Königreich schwerer wiegen würden als die Vorlieben eines einzelnen Mannes, ganz gleich, um wen es sich handelt. Das Gleiche trifft auf meine Stellung als Herzog von Wester-Honce zu, und dessen bin ich mir sehr wohl
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