Schattenelf - 2 - Das Turnier
verschlagen.
»Danubes Anhänger werden ihn sogar noch viel weniger akzeptieren«, beharrte Sadye, der immer wieder die gleichen alten Zweifel und Bedenken kamen.
De’Unnero hatte sich mit ihrer Nervosität abgefunden. Während der letzten Monate hatten sie diese Diskussion viele Male geführt, und nahezu täglich, seit sie Abt Olin getroffen und damit begonnen hatten, ihren großen Plänen die ersten Taten folgen zu lassen.
»Abt Olin hat keinen Zweifel an seiner Überzeugung gelassen, dass Aydrian niemals ohne Krieg den Thron besteigen kann«, fügte Sadye hinzu.
Die Bemerkung kümmerte De’Unnero nicht im Mindesten, eine Einstellung, die sein Gesicht angemessen widerspiegelte. »Deswegen ja auch unsere derzeitige Reise«, erwiderte er. »Du machst dir keine Vorstellung, wie viel Macht Reichtum bedeutet. Du hast dich viel zu lange am Rand der Gesellschaft und der Zivilisation aufgehalten, wo die Menschen viel zu sehr mit ihren täglichen Bedürfnissen beschäftigt sind, um in größeren Zusammenhängen zu denken.«
»Wie umfangreich werden denn diese Geldmittel sein müssen, um die Armee aufzustellen, die du dir vorstellst?«, fragte Sadye. »Die Kingsmen stehen treu zu Danube, ebenso die Küstenwache und die Allheart-Brigade«, stellte sie fest. »Seine Armee zählt mehrere zehntausend Mann – wo sollen wir, selbst mit allen Reichtümern der Welt, so viele Soldaten hernehmen?«
De’Unnero zwinkerte ihr zu und sah hinüber zum Rest seines Flottenverbandes, einem bunten Durcheinander aus einem Dutzend Schiffen, die in Größe und Bauart von der schweren Rontlemors Traum bis zu den leicht dahingleitenden Piratenseglern und Einmastern reichten. Olin hatte die Flotte kurzfristig und unter dem simplen Versprechen auf schnellen Gewinn zusammengestellt. Wie viel mehr konnten Olin und De’Unnero erreichen, wenn diese Reichtümer erst verfügbar waren?
Sadyes Bedenken hatten aber durchaus auch etwas für sich, wie er wusste, trotzdem zerbrach er sich ihretwegen nicht übermäßig den Kopf. Ein Beutel Edelsteine, magisch oder nicht, vermochte Einstellung und Loyalität eines Mannes grundlegend zu verändern, und De’Unnero und Olin würden schon bald genug Edelsteine besitzen, um die Loyalität eines jeden Mannes im Bärenreich auf eine harte Probe zu stellen.
Er ließ den Blick abermals über die Flottille wandern, bis sein Blick schließlich am Schiff eines besonders verabscheuungswürdigen Piraten hängen blieb. Wie würde er wohl reagieren, wenn sein Frachtraum bis zum Rand mit Edelsteinen gefüllt war?, überlegte De’Unnero. Würde er abdrehen und sich aus dem Staub machen? Fast hoffte Marcalo De’Unnero es, denn anschließend würden er in seiner Katzengestalt und Aydrian mit seinen magischen Steinen, dem Piraten samt Mannschaft den Garaus machen.
Eine spaßige Vorstellung.
Vorn am Bug sonnte sich Aydrian noch immer in dem Gefühl, ganz in der Gegenwart zu leben; keine Sorge trübte seine Gedanken, und Körper und Geist waren im Einklang mit ihrer Umgebung.
Er wusste, dies war nur die Ruhe vor dem Sturm, doch daran verschwendete er jetzt keinen Gedanken. Der Welt standen gewaltige Umwälzungen bevor, und er würde die magischen Steine in Händen halten, die diese Explosion bewirkten.
Der Name Aydrian würde noch viele tausend Jahre überdauern.
Teil Zwei
SCHLOSS URSAL IM ZWIELICHT
Der Eifer und die Entschlossenheit, mit der sie an die Sache herangehen, ist einfach erstaunlich – und mindestens ebenso spektakulär wie die Frachträume voller Edelsteine, die wir von diesem fernen, unbelebten Eiland mitgebracht haben. Abt Olin gebietet über einhundert Händler, die sie von Behren bis in den Golf von Korona verkaufen, und parallel dazu lassen er und De’Unnero über einhundert hart arbeitende Agenten Söldner anwerben und – noch weit beeindruckender – die Truppen des Königs auf jeder Befehlsebene unterwandern. Mit jedem Tag nehmen ihre Pläne festere Gestalt an, und das Ziel – die Krone Ursals und die Vorherrschaft über die abellikanische Kirche – scheint jetzt so greifbar nah wie nie zuvor.
Sie sind im Glauben, sich meiner Person und Herkunft zu bedienen, um sich dadurch eine sichere Stellung zu verschaffen. Wie ihre Edelsteine betrachten sie mich als nützlichen Gebrauchsgegenstand, und zumindest Olin und De’Unnero unterschätzen mich aufgrund meines Alters.
Aber ich bin nicht mehr derselbe unbedarfte Knabe, den Marcalo De’Unnero vor all den Jahren aufspürte. In diesem
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