Schattenelf - 2 - Das Turnier
angemessen ist«, verkündete Olin. Auf sein Nicken zog der hoch gewachsene Mann das Schwert hinter seinem Rücken hervor und präsentierte es respektvoll.
Aydrian stieg zwar nicht von dem Podest herab, auf dem Garech ihm die Rüstung angepasst hatte, aber er betrachtete das offenkundig vortreffliche Schwert aufmerksam, dessen Klinge glänzte und dessen Schneide, wie er sofort erkannte, als der Hüne sie herumdrehte, unglaublich scharf war.
Aydrian warf einen Seitenblick auf Sadye; beide wussten genau, dass das Schwert, das Aydrian zurzeit trug, wohl kaum jemals seinesgleichen finden würde.
»Geschmiedet von Ramous Sou-dabayda«, verkündete Abt Olin feierlich, so als sei der Name von besonderer Wichtigkeit.
Aydrians Gesicht verriet, dass er die Anspielung nicht verstand.
»Er war der erste Waffenschmied ganz Behrens«, fügte Abt Olin als Erklärung an, was nicht etwa Aydrian, sondern Garech Callowag zu einem verächtlichen Schnauben animierte.
Der kräftig gebaute Kerl verengte seine Augen zu bedrohlich schmalen Schlitzen und sah den Waffenschmied an.
»Behreneser waren uns, was Waffen und Rüstungen anbelangt, niemals überlegen«, erklärte Garech.
»Nicht in der Menge, das stimmt«, erwiderte Abt Olin. »Denn sie verfügen über sehr viel weniger Rohstoffe, die sie verarbeiten können. In Behren, wo es nur wenig Wald gibt, ist es schon schwierig genug, den Brennstoff für die Essen aufzutreiben. Aber in der Qualität durchaus«, fuhr der Abt mit glänzenden Augen fort. »Es kann wohl kaum ein Zweifel an der Vortrefflichkeit der alten behrenesischen Techniken bestehen, wie zum Beispiel dem tausendfachen Falzen des Metalls – wie bei diesem Schwert hier.«
Aydrian besah sich das Schwert genauer.
»Ja, ganz recht!«, erklärte Olin. »Es handelt sich um eine gefalzte Klinge, die mit jedem Hieb und durch jede Abnutzung nicht etwa schartiger, sondern schärfer wird!« Er bedeutete dem kräftigen Kerl, zu Aydrian hinüberzutreten. »So nimm es schon in die Hand!«, forderte er den jungen Hüter ungeduldig auf. »Nimm es und spüre, wie gut es in der Hand liegt.«
Aydrian ergriff die Klinge mit einer Hand, schwang sie mühelos, packte sie dann mit beiden Händen und ließ sie mit einer kraftvollen, schneidenden Bewegung nach unten sausen. Es war zweifellos eine prachtvolle und aufgrund ihrer leichten Krümmung überaus elegante Waffe. Aber gerade die Krümmung und die immer währende Schärfe der Schneide gaben Aydrian die Gewissheit, dass sie ihm nicht einmal als Ersatz für das prächtige Schwert Sturmwind dienen konnte. Dieses Schwert war eine Hiebwaffe, ganz ähnlich denen, die die Männer aus dem Bärenreich trugen. Aydrian dagegen bevorzugte einen Stil des schnellen Vorstoßens und Zustechens, eher ein Vor und Zurück als eine kreisförmige Bewegung, und für diesen Stil, den Bilnelle dasada, kamen nur die leichteren, galvanisierten Waffen in Frage, wie sie die Touel’alfar herstellten.
»Eine vorzügliche Waffe«, bestätigte er und warf sie dem groß gewachsenen Mann wieder zu, dessen Miene sofort einen niedergeschlagenen Ausdruck annahm. »Meine Empfehlung an Ramous Sou-dabayda.«
»Es gehört dir!«, beharrte Abt Olin.
»Es gehört weder mir, noch würde ich mich jemals dazu herablassen, es zu tragen«, verbesserte ihn Aydrian. »Es passt nicht zu mir.«
»Die Waffe ziemt sich für einen König!«, rief Olin empört. »Und zwar für jeden König, aus welchem Königreich auch immer! Lehnst du sie etwa ab, weil sie in Behren und nicht im Bärenreich hergestellt wurde?«
Aydrian grinste und betrachtete den alten Abt, der regelrecht zitterte, so aufgebracht war er über Aydrians Ablehnung. Jetzt zeigte Olin sein wahres Gesicht, wie der junge Hüter aus De’Unneros Erzählungen über den Abt wusste. Es war ein perfektes Beispiel dafür, warum Abt Olin niemals das Amt des ehrwürdigen Vaters würde erringen können, warum die anderen aus der abellikanischen Kirche Angst davor hatten, ihn mit einer Machtposition zu betrauen. Denn Olin fühlte sich von ganzem Herzen mit diesem Königreich im Süden verbunden. Alles Behrenesische fand bei ihm grundsätzlich Anklang und berührte ihn auf einer emotionalen Ebene, die er sich vermutlich nicht einmal selbst erklären konnte. Bestimmt wäre Olin vollends begeistert, wenn er den König des Bärenreiches bei Staatsakten mit einer in Behren geschmiedeten Waffe auftreten sähe.
»Ich lehne es ab, weil es nicht zu meinem Kampfstil passt«, erklärte Aydrian
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