Schattenelf - 4 - Feuerzauber
er im Notfall für sie da war. Sie sah zu ihrem menschlichen Begleiter hinüber, mit der stummen Bitte, sich einzumischen und die beiden von ihrem Entschluss abzubringen. Doch schon dieser flüchtige Blick genügte, um ihr klarzumachen, dass mittlerweile er und nicht Juraviel ihr eigentlicher Berater war.
Zumal sie auch Verständnis hatte für ihren Wunsch fortzugehen, denn in dem Land nördlich des Gebirges erwartete sie bestimmt ein großes Abenteuer. Brynn zweifelte nicht daran, dass diese beiden geistig einander so verbundenen Elfen, die sich in Denkweise und Wesen so ähnlich waren, einen Weg finden würden, ihre beiden Völker wieder zu vereinen. Wie viel stärker würde Lady Dassleronds Position sein, wenn sie die Macht und Freundschaft Tymwyvennes hinter sich wüsste, sollte der Makel des geflügelten Dämons die Touel’alfar tatsächlich zwingen, Andur’Blough Inninness zu verlassen.
In diesem Augenblick wurde Brynn zum allerersten Mal bewusst, dass ihre Reise nach To-gai durch die Entdeckung der Doc’alfar – aus Sicht der Touel’alfar – einiges an Bedeutung verloren hatte. Als ihr aufging, dass er sich gleich nach Verlassen des Drachenverstecks nach Norden statt nach Süden hätte wenden können, sah sie Juraviel erst etwas erstaunt, dann aber voller Anerkennung an.
»Was wirst du Lady Dasslerond über meine Anstrengungen hier erzählen?«, fragte sie ihn.
»Ich werde ihr berichten, dass du deine Sache erstaunlich gut gemacht hast«, antwortete der Elf ohne zu zögern. »Ich werde ihr berichten, wenn es Brynn Dharielle nicht gelingt, To-gai zu befreien, dann ist Behren ein zu mächtiger Gegner, den To-gai nicht abschütteln kann. Niemand hätte die Rebellion erfolgreicher auf den Weg bringen können. Wie du dich auch entschieden hast, deine Entscheidung war stets richtig, angefangen bei der Irreführung der behrenesischen Streitkräfte, über die Überlistung der Gouverneure jeder einzelnen ummauerten Stadt, bis hin zur Verpflichtung der Söldner und Piraten im Süden und Osten. Selbst was du getan hast, um Pherol zu kontrollieren und für deine Ziele einzuspannen, übertrifft alle meine Erwartungen.«
Brynn nahm all diese Komplimente unter dem ernsten Vorbehalt entgegen, dass sie Juraviel, ihrem vielleicht besten Freund, lediglich dazu dienten, ihm den Abschied zu erleichtern.
»Die Geschichte ist noch nicht zu Ende«, erwiderte sie. »Was aber, so oder so, im Laufe des nächsten Jahres geschehen dürfte. Findest du nicht auch, es wäre deine Pflicht, bis zum Ende auszuhalten?«
Juraviel zögerte kurz und starrte einen Moment blicklos geradeaus; das musste er erst einmal verdauen. »Würdest du denn wollen, dass ich bleibe?«, fragte er mit so schlichtem Ernst, dass Brynn augenblicklich sicher war, wenn sie bejahte, würde er tatsächlich bleiben.
Gleichzeitig weckte die Aufrichtigkeit der Frage in ihr ein echtes Verantwortungsgefühl. Sie wusste nur zu gut, welche Empfindungen Juraviel bewegten, denn eine Rückkehr nach Tymwyvenne und, im Anschluss daran, gemeinsam mit der Doc’alfar nach Andur’Blough Inninness konnte für die Elfen die gleiche Bedeutung haben wie die Kämpfe in Behren für die To-gai-ru. Benahm sie sich unter diesen Umständen wie eine verantwortungsbewusste Freundin, wenn sie Juraviel zum Bleiben drängte?
»Wenn der Krieg zu Ende ist und wir gesiegt haben, werde ich Boten in das Gebiet bei Tymwyvenne schicken, die dich genauestens darüber unterrichten werden, was in der Zwischenzeit hier passiert ist«, bot sie an und lächelte. »Aber nur, wenn mir Cazzira verspricht, dass meine Boten nicht für die Armee der Tylwyn Doc angeworben werden.«
Sowohl die beiden Elfen als auch Brynn mussten herzhaft darüber lachen, nur Pagonel schaute einen nach dem anderen fragend an.
»Ich erkläre es dir ein andermal«, versprach Brynn dem Jhesta Tu.
»Aber erst, wenn ich sehr weit fort bin«, sagte Cazzira, worauf die drei sofort wieder zu lachen anfingen.
Danach unterhielten sie sich noch eine Weile über die Abenteuer, die sie nach To-gai geführt hatten, wobei sie sich ein ums andere Mal versicherten, dass sie einander eines Tages wiedersehen würden. Schließlich ging Juraviel auf Brynn zu und ergriff ihre Hände.
»Es gibt einige in meinem Volk, die bezweifeln, ob es klug ist, Hüter auszubilden«, erklärte er. »Tun sie es, erzählen wir ihnen von Mather, von Andacanavar, der noch immer durch die Wildnis Alpinadors streift, und von Elbryan, dem Nachtvogel, der die
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