Schattenelf - 4 - Feuerzauber
Zeit gegeben, da hatte er Yakim Douan für seinen Freund gehalten.
»Ihr habt drei Pferde in den Staub geritten, nur um mir mitzuteilen, dass Yatol Bardoh Euch nicht, wie von mir angeordnet, nach Jacintha zurückbegleiten wird?«, fuhr Yakim Douan den bemitleidenswerten, am ganzen Körper zitternden Boten an.
»Yatol Bardoh hat mich beauftragt, Euch seine Erwiderung so schnell wie möglich zu übermitteln, Stimme Gottes«, stammelte der Mann.
»Seine Erwiderung?«, stieß Douan fassungslos hervor. »Wie kommt Ihr – oder er – darauf, er hätte das Recht, mir irgendetwas zu erwidern? Er hat zu tun, was ich befehle, verstanden?«
»Ja, Stimme Gottes!«
Yakim Douan funkelte den Mann einen Moment lang bedrohlich an und beobachtete genüsslich, wie er sich unter seinem vernichtenden Blick wand, ehe er eine angewiderte Miene aufsetzte und dem Mann bedeutete, sich zu entfernen. »Reitet von mir aus noch fünf weitere Pferde in den Staub, wenn es nicht anders geht, aber findet Euren Yatol und richtet ihm aus, die Stimme Gottes sei alles andere als amüsiert und werde von nun an jeden seiner Schritte genauestens überwachen.«
»Ja, Stimme Gottes«, wiederholte der bebende Mann mehrfach, sich auf seinem Rückzug bei jedem einzelnen Schritt verbeugend.
Anschließend winkte Yakim Douan auch alle anderen aus dem Raum und ließ sich zutiefst verzweifelt in seinen Sessel fallen. Da der Drache von To-gai nirgends zu finden war, hatte er Yatol Bardoh mitsamt seinen fünfzehntausend Mann in die unmittelbare Umgebung Jacinthas zurückbeordert, um Verteidigungsstellungen gegen diesen überaus unangenehmen Gegner einzurichten. Doch dann war Bardohs Bote erschienen, um ihn davon zu unterrichten, dass der gute Mann nach Avaru Eesa, seiner Heimatstadt, abgeschwenkt sei und seine Soldaten mitgenommen habe, angeblich, um bei der Sicherung der entlegeneren Landstriche Behrens mitzuhelfen, die offenkundig besonders gern vom Drachen von To-gai heimgesucht wurden.
Aber Yakim Douan lebte bereits seit vielen Jahrhunderten und wusste, dass es sich bei dem Schwenk nach Süden in Wahrheit um ein taktisches Militärmanöver handelte. Offenbar wollte Yatol Bardoh diese krisengeschüttelten Zeiten dazu benutzen, seine eigene Stellung zu verbessern. Jetzt, da Grysh nicht mehr unter den Lebenden weilte, war Bardoh vermutlich der zweitmächtigste Mann in ganz Behren, erst recht, solange er fünfzehntausend Soldaten des Chezru-Häuptlings Yakim Douan unter seinem Befehl hatte.
Beide Männer wussten, dass die in den Randgebieten gelegenen Städte nicht sonderlich glücklich über den engen Befestigungsring um Jacintha und die Nachbarstädte waren, denn sie fühlten sich mit ihrer Angst allein gelassen. Daher konnte Bardoh nun die Rolle ihres Retters übernehmen, und wenn sich Douan, womöglich unter dem Vorwand eines Befehls von Yatol selbst, offen gegen ihn stellte, würde er riskieren, dass die Menschen in den Randgebieten des Landes ihm die Gefolgschaft aufkündigten. Ihrer Religion nach waren sie Chezru, aber die nüchternen Erfordernisse des Überlebenskampfes waren oft stärker als religiöse Dogmen.
Offenbar sah Yatol Bardoh jetzt also seine Chance, sich bei den Städten im Süden und Westen einen besseren Stand zu verschaffen. Wer vermochte angesichts der Tatsache, dass Yakim Douan verhältnismäßig offen davon gesprochen hatte, seine Phase der Transzendenz könne sich noch mehrere Jahre hinziehen, schon zu sagen, wie mächtig dieser Mann tatsächlich zu werden hoffte?
Yakim Douan holte tief Luft und versuchte seine Fassung wiederzugewinnen. Er musste über die unmittelbare Gegenwart hinausblicken, musste sehen, was nach dem Drachen von To-gai kommen würde. Die Frau würde ohnehin in Kürze niedergeworfen werden, aber die Unverschämtheit Yatol Bardohs zwang ihn, über die Phase seiner Transzendenz hinauszudenken. Er musste unbedingt einen Weg finden, den Mann versöhnlich zu stimmen, sein Ego, seine Gier nach Macht und Ruhm zufrieden zu stellen, und anschließend dafür sorgen, dass er sich an die Gebote der Transzendenz hielt.
Sonst war vielleicht alles verloren.
»Verflucht sollst du sein, Drache von To-gai!«, stieß Yakim Douan plötzlich hervor und ließ seine Faust auf die Lehne seines Sessels niedersausen.
Im selben Moment hörte er neben sich ein Geräusch und fuhr so schnell herum, dass er den Geistlichen Took dabei ertappte, wie er ihn mit großen Augen anstarrte.
»Was gibt es?«, herrschte er ihn an.
»Ich wollte
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