Schattenelf - 4 - Feuerzauber
sie die To-gai-ru-Posten.
Sie schienen sie fast augenblicklich wiederzuerkennen, doch erst als sie ihr Schwert zog und sein magisches Feuer entfachte, breitete sich ein wahrhaft strahlendes Lächeln auf ihren Gesichtern aus, und sie geleiteten sie mit großem Trara ins Lager.
Bereits auf ihrem Weg durch das riesige Lager bekam Brynns anfängliche Freude über die Entdeckung ihrer Landsleute einen ersten Dämpfer, denn dies war längst nicht mehr die Truppe kampfbereiter Soldaten, die sie noch bei ihrem letzten Besuch vorgefunden hatte. Oder zumindest war die Truppe mittlerweile um ein Vielfaches angewachsen. Während die vorherige Kriegerschar sich auf etwa zweitausend Mann belaufen hatte, wies dieser bunt zusammengewürfelte Haufen bestimmt das Zehnfache auf. Meist waren es jedoch gar keine Krieger, sondern sehr alte oder sehr junge Männer sowie Mütter mit kleinen Kindern. Brynn sprang sofort ins Auge, dass es ihnen nicht gut ging. Erst jetzt wurde ihr in aller Deutlichkeit bewusst, wie sehr ihre Landsleute in der Heimat unter dem Krieg litten. Sie hatten im Zuge der Großen Herbstwanderung ihre Siedlungen verlassen, aber in diesem erzwungenen bunten Gemisch aus sämtlichen alten Stämmen war es ihnen bislang unmöglich gewesen, sich wieder auf die alte Lebensweise zu besinnen.
In einem Zelt für die Anführer, unter ihnen auch der alte Barachuk, erhielt Brynn rasch Antwort auf ihre Fragen.
»Die Behreneser horten sämtliche Lebensmittel, sie schlachten alle Elche und alles Rotwild ab, und was sie nicht mitnehmen können, lassen sie einfach zum Verfaulen in der Steppe liegen«, berichtete ein Mann, den Brynn sofort wiedererkannte: Tanalk Grenk von ihrem alten Stamm, den Kayleen Kek. »Sie legen riesige Vorratslager in den Vorposten-Siedlungen an, die sie aufs Strengste bewachen.«
»Außerdem suchen sie uns noch immer«, fügte eine andere Anführerin hinzu, eine grimmig dreinblickende Frau, die nicht viel älter sein konnte als Brynn. »Wenn wir uns bei einem Überfall auf eine ihrer Siedlungen zu erkennen geben, legen sie einen weiten, sich allmählich zusammenziehenden Ring um uns.«
»Wir haben bereits mehrere kleine Gefechte sowie eine große Zahl von Kriegern verloren«, erklärte Tanalk. »Wir verfügen über fünftausend kampfbereite Krieger, aber wir können trotzdem nicht darauf hoffen, diese Abertausenden von Behrenesern zu besiegen. Zumal unsere Verantwortung mit der wachsenden Zahl von Kriegern beträchtlich zugenommen hat.«
»Zurzeit sind wir nicht in der Lage, überhaupt gegen sie zu kämpfen!«, warf ein Dritter sichtlich verärgert ein. »Wir können weder unsere Waffen reparieren noch unsere Köcher auffüllen! Unsere Pferde stehen kurz vor dem Verhungern, und bei uns sieht es nicht anders aus!«
Brynn ließ sich durch die schlechten Nachrichten nicht aus der Ruhe bringen. Bis zu diesem Augenblick hatte sie das Verwirrspiel um die riesige Armee des Chezru-Häuptlings als Segen betrachtet, der es ihr erlaubte, sich nach Belieben im Westen Behrens auszutoben, doch jetzt dämmerte ihr die brutale Wahrheit. Sie musste sich ernstlich fragen, ob es nicht ein gewaltiger Fehler gewesen war, die Große Herbstwanderung auszurufen. Wäre dem in To-gai zurückgebliebenen Teil ihres Volkes mit einem Fortbestehen der Besetzung durch die Behreneser nicht besser gedient gewesen, selbst wenn Brynns Armee es dadurch in Behren sehr viel schwerer gehabt hätte?
»Auch der Winter wird sich uns nicht von seiner freundlichen Seite zeigen«, schaltete sich eine weitere Stimme ein, worauf zustimmendes Gemurmel einsetzte.
»Wir haben in Behren große Siege errungen«, sagte sie, wenn auch nur, um die Reaktion zu testen. Und die fiel positiver aus als erhofft, was vor allem Barachuk zu verdanken war, der einen Hochruf auf Brynn Dharielle, den Drachen von To-gai, ausbrachte. Tanalk, der sich bei den Leuten offenbar großen Respekt verdient hatte, stimmte begeistert ein. Dass diese geplagten Menschen noch immer hinter ihr standen trotz der grauenhaften Zustände, die ihre Rebellion ihnen zumutete –, berührte sie zutiefst und ließ Brynn auf der Stelle im Stillen geloben, die Menschen in dieser schwierigen Jahreszeit nicht im Stich zu lassen.
»Morgen Abend komme ich wieder zu euch«, versprach sie. »Wir werden einen Weg finden, die Vorräte aufzustocken und eure Kampfbereitschaft zu stärken. Und wir werden eine Möglichkeit finden, den Behrenesern einen entscheidenden Schlag zu versetzen und die Überreste
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