Schattenelf - 4 - Feuerzauber
waagrecht über den Kopf und blockte den senkrechten Hieb des Mannes ab, den sie zu Fall gebracht hatte. Mit einer schnellen Körperdrehung schlitzte sie ihm den Unterleib auf, ehe sie seine kraftlose Gegenwehr mit einem gezielten Stoß nach vorn überwand und ihm ihr Schwert in die Brust bohrte. Sie zog es sofort zurück und stieß erneut zu, diesmal in den Hals. Er lag noch nicht auf dem Boden, da war Brynn bereits wieder im Schatten der Gasse untergetaucht.
Unmittelbar darauf stieß Pherol zu seinem zweiten verheerenden Überflug herab, und eine Häuserreihe auf der anderen Seite der Siedlung ging in Flammen auf.
Als Brynn am anderen Ende der schmalen Gasse wieder ins Freie trat, war in der dem Untergang geweihten Ortschaft längst jeder Anschein von Ordnung zusammengebrochen. Überall liefen Siedler schreiend und weinend durcheinander; viele stürzten sich Hals über Kopf von der Ummauerung oder rannten durch das zertrümmerte Tor, um in ihrer Verzweiflung in die bitterkalte, dunkle Nacht hinauszufliehen.
Brynn bemerkte zwei weitere Gestalten, die in ihre Richtung gelaufen kamen; deren Blick war jedoch nach hinten auf den Drachen gerichtet, der nahe der rückwärtigen Befestigungsmauer gelandet war und sich zurzeit damit beschäftigte, die Siedler dutzendweise hinzumetzeln. Als der zweite von ihnen wieder nach vorne schaute, lag sein Begleiter bereits tödlich getroffen neben ihm am Boden, und er sah nur noch Brynns Schwert auf seine Brust zurasen.
Er brach neben seinem Gefährten zusammen.
Das Ganze war im Nu vorbei. Auf einmal schien der größtenteils in Flammen stehende Ort menschenleer zu sein, Brynn und der Drache verzichteten auf eine Verfolgung der Bewohner, denn die Flüchtenden sollten den ebenso plötzlichen wie verheerenden Angriff bezeugen können. Der Drache, nach seiner Attacke noch immer im Zustand äußerster Erregung, musste erst wieder an diese Taktik erinnert werden, fügte sich zu Brynns Überraschung aber und verließ sogleich die Siedlung – nicht etwa, um die flüchtenden Behreneser zu verfolgen, sondern um die Netzstricke und Felle zu holen. Kurz darauf gesellte er sich bei den Lagerhäusern wieder zu Brynn.
Als die beiden schließlich wieder in den Nachthimmel aufstiegen, sahen sie bereits die Fackeln der nächst gelegenen Abteilung der gewaltigen behrenesischen Armee, die in gestrecktem Galopp auf die brennende Vorposten-Siedlung zupreschte.
Es kostete Brynn eine Menge Zeit und Geduld, Pherol zu überreden, seinen Kurs Richtung Südwesten beizubehalten.
Unmittelbar vor Tagesanbruch kehrte Brynn zu Fuß in das Feldlager der To-gai-ru zurück. Sie bat die Posten am Rand des Lagers, sie hinaus in die Dunkelheit zu begleiten, wo sie ein kolossaler Berg von Lebensmitteln und anderen Vorräten erwartete.
»Davon wird es noch mehr geben«, versprach sie mit grimmiger Entschlossenheit. »Und zwar jede Nacht. Aber Ihr müsst aufmerksam Ausschau halten, denn die behrenesische Armee wird bei ihrem Versuch, Euch und mich zu finden, sehr schnell marschieren. Ihr müsst ihnen stets ein Stück voraus bleiben; ich werde Euch finden und laufend mit Lebensmitteln versorgen.«
Damit war sie verschwunden. Und wieder einmal war die Legende des Drachen von To-gai um eine kleine Episode bereichert worden.
Während der nächsten Wochen überfielen Brynn und Pherol in rascher Folge eine Siedlung nach der anderen, wobei sie ihre Angriffe kreuz und quer über das ganze Land verteilten, um jeden organisierten Versuch der behrenesischen Armee, ihnen eine Falle zu stellen, von vornherein zu vereiteln. Wie versprochen, kehrte Brynn häufig in das Winterlager der To-gai-ru zurück, um ihnen die erbeuteten Vorräte zu bringen. So kam es, dass die To-gai-ru zusehends kräftiger wurden, während die Behreneser einem Phantom nachjagten und dabei scharenweise ihr Leben ließen. Gleichzeitig machte in ganz To-gai und Behren das Wort die Runde, der Drache von To-gai sei mitsamt seiner Armee in die Steppen seines Heimatlandes zurückgekehrt.
Im Westen Behrens nahm man die Neuigkeit mit gemischten Gefühlen, im Großen und Ganzen aber eher erleichtert als mit Sorge auf. Zwar marschierte Brynn inzwischen wieder ungehindert durch die Steppe und die Behreneser wurden in großer Zahl hingemetzelt, aber wenigstens, so dachte man allgemein, weilte sie nicht mehr in Behren, wo die Armee sie weder hatte finden noch vernichten können, während die eigenen Städte allesamt verwundbar schienen.
In Avaru Eesa nahm Yatol
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