Schattenelf - 4 - Feuerzauber
hatten sie der behrenesischen Kampfmoral einen weiteren empfindlichen Schlag versetzt.
Zu guter Letzt erschien auch noch Pherol. So als wollte er Yatol Bardoh in noch tiefere Verlegenheit stürzen, ließ er eine aus Hunderten von Pfeilen bestehende Salve über sich ergehen, jagte über die behrenesischen Heerscharen hinweg und bestrich ihre Reihen mit einem Schwall todbringender Flammen, wobei es ihm sogar gelang, einen behrenesischen Krieger mit seinen wild um sich greifenden Krallen mitzureißen. Dann war auch der Drache verschwunden und entfernte sich mit schnellem, kräftigem Flügelschlag in Richtung Norden.
Von seiner Stellung im Osten von Avaru Eesa kommend, wo er den Ausbruch erwartet hatte, traf Chezhou-Lei Shauntil erst auf dem eigentlichen Schlachtfeld ein, als Brynn und ihre Mitstreiter, unter ihnen auch Pherol, längst abgezogen waren. Der Krieger fand seinen Kommandanten auf die Trümmer eines Katapults gestützt, den leeren Blick auf die im Norden aufsteigende Staubwolke gerichtet. Plötzlich sah man ihm jedes einzelne seiner sechzig Lebensjahre an.
»Yatol«, begrüßte ihn der Krieger und machte eine zackige Verbeugung.
Yatol Bardoh drehte den Kopf langsam in seine Richtung, um ihn anzusehen, wandte ihn dann aber gleich wieder nach Norden, das Gesicht erstarrt zu einer Maske blanken Entsetzens.
»Verfolgt sie und bringt sie zur Strecke«, sagte er kraftlos.
»Sie ist wie eine lästige Mücke, Yatol«, erwiderte Shauntil. »Sie umschwirrt uns, während wir vergeblich nach ihr schlagen, aber ihre Stiche sind nicht tödlich. Bis jetzt haben wir sie verfehlt, aber schon ein einziger Treffer …«
»Verfolgt sie und bringt sie zur Strecke.«
»Sehr wohl, Yatol. Sie ist eine raffinierte Gegnerin, und bislang ist ihr noch kein Fehler unterlaufen. Dank ihrer perfekt ausgeklügelten Taktik hat sie bislang zwar überleben können, aber echten Schaden konnte sie uns damit nicht zufügen. Ihr erster Fehler wird zugleich ihr letzter sein.«
»Verfolgt sie und bringt sie zur Strecke.«
»Wird erledigt, Yatol«, versicherte ihm Shauntil. »Wir lernen mit jedem ihrer Schachzüge ein wenig mehr über sie. Der Drache ermöglicht es ihr, sich frei in der Wüste zu bewegen, denn er versorgt sie mit Nachschub und dient ihr manchmal womöglich sogar als Transportmittel. Anders ist nicht zu erklären, wie sie unserer Umklammerung an der Abbruchkante des Hochplateaus entkommen konnte. Mittlerweile kennen wir aber auch die Grenzen dieser Bestie. Erst heute wäre sie um ein Haar vernichtet worden; zudem sind alle Städte zunehmend besser darauf vorbereitet, sich wirksam gegen den Drachen zu wehren, falls er sich dort blicken lassen sollte. Ist er erst ausgeschaltet, sind diese Frau und ihre Armeen am Ende.«
Yatol Bardoh drehte den Kopf abermals in seine Richtung und musterte den Chezhou-Lei mit einem derart kalten und entschlossenen Blick, wie ihn der Krieger bei diesem Mann noch nie beobachtet hatte – demselben Mann, der in den Jahren seiner Schreckensherrschaft über To-gai Hunderte von Menschen ermordet und die das gesamte Gebiet überblickende Felsenklippe mit den gekreuzigten Leichen von einhundert To-gai-Frauen gesäumt hatte.
Langsam und ohne innere Regung wiederholte Yatol Bardoh: »Verfolgt sie und bringt sie zur Strecke.«
16. Ein Frevel kommt ans Licht
»Ihnen ist heiß und sie haben Durst«, erstattete Chezhou-Lei Shauntil Yatol Bardoh Bericht, als die beiden zusammen mit einer großen Gruppe anderer Krieger auf die zerstörten Überreste einer Nachschubkarawane hinunterblickten. Einen vollen Monat seit der Rückeroberung von Avaru Eesa jagten sie Brynn nun schon in dem Bewusstsein durch die Wüste, sie nicht einholen zu können, also hatten sie weiterhin versucht, ihr wenigstens gedanklich einen Schritt voraus zu sein. Trotzdem war es ihr irgendwie gelungen, sich hinter sie zurückfallen zu lassen und die ihnen am dichtesten nachfolgende Nachschubkarawane abzufangen – und das in dieser Woche nun schon zum zweiten Mal.
»Offenbar verfügt sie über eine kleinere Unterabteilung, die in dieser Gegend operiert«, erklärte Yatol Bardoh. »Ihre Hauptstreitmacht dient lediglich dazu, uns weiter in eine bestimmte Richtung zu locken, während einige zwischen den Dünen verborgene Splittertruppen unsere Nachschubwege kappen sollen.«
»Die Karawanen sind schwer bewaffnet und werden hervorragend bewacht«, wagte Shauntil einzuwenden, was ihm einen finsteren Blick seines deprimiert wirkenden
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