Schattenelf - 4 - Feuerzauber
werden sie dich zur Strecke bringen, denn verglichen mit dem wahren Schrecken eines wilden Drachen wird ihnen der Krieg zwischen Behren und To-gai geradezu belanglos erscheinen. Wie willst du jemals wieder einen Ort finden, wo du in Ruhe schlafen kannst, Pherol? Vergiss nicht, ich kenne den Weg zu deinem Versteck und habe zahlreiche Gewährsleute ausschwärmen lassen, die diese Information an mächtige Feinde weitergeben, falls ich von dir verraten und getötet werde.«
Die Augen des Drachen wurden zu bedrohlich schmalen Schlitzen.
»Eigentlich möchte ich heute Nacht auf deinem Rücken reiten, damit wir beide, als Verbündete, die Festung von Garou schleifen. Aber das werde ich nicht tun, Pherol, solange du mir nicht dein Wort gegeben hast, dass du in deine Höhle zurückkehren und die Menschen nicht länger behelligen wirst, wenn ich dich nicht mehr brauche.«
»Und was bekomme ich von dir als Gegenleistung, Brynn Dharielle, Drache von To-gai?«, fauchte der Lindwurm.
»Reichtümer«, antwortete Brynn mit einem anerkennenden Nicken zu Juraviel. »Kunstvoll gearbeitete Geschmeide, angeliefert von Barden aus To-gai, die für dich singen und dir grandiose Geschichten erzählen werden – ein angemessener Lohn für deinen Dienst an unserer Sache. Aber eben unserer Sache, Pherol, und nicht deiner!«, fügte die junge Hüterin mit grimmiger Entschlossenheit hinzu »Das ist gewissermaßen die Sicherungsleine, die ich verlange.«
»Die du verlangst?«
»Ganz recht, die ich verlange!«, konterte Brynn mit verblüffender Heftigkeit und weit aufgerissenen Augen, in denen eine Entschlossenheit aufblitzte, die der des Drachen zumindest ebenbürtig schien.
Pherol wich einen Schritt zurück, und einen entsetzlichen Augenblick lang befürchteten Brynn und die beiden Elfen, die Bestie werde über sie herfallen und sie verschlingen. Doch dann erklang das Gelächter des Drachen, ein schallendes, heiseres Gebell.
Das ebenso unvermittelt wieder verstummte, als Pherol Brynns durchdringenden Blick erwiderte. Er bewegte sich mit beängstigender Geschwindigkeit auf sie zu, aber nicht, um sie zu erwürgen oder zu verschlingen; vielmehr ließ er sich vor ihr im Sand auf ein Knie fallen.
»Klettere auf meine Schultern, Drache von To-gai!«, sagte er. »Beweisen wir den Feinden, wie wenig ihre Festungsmauern gegen die Kräfte Phe … gegen die vereinten Kräfte To-gais auszurichten vermögen!«
»Habe ich dein Wort darauf?«
»Sag mir, wenn ich gehen und mich ausruhen darf. Ich werde dieses Abenteuer allmählich leid.«
Brynn sah hinüber zu Juraviel, der ein ziemlich verblüfftes, letztlich aber zufriedenes Gesicht machte.
Die Luft in jener Nacht war vollkommen windstill und von einer klaren, frischen Kälte; tausend Sterne funkelten über dem Wüstensand am Himmel, aber es schien kein Mond, daher war es so dunkel, dass niemand bemerkte, wie einige dieser Sterne für einen Augenblick zu erlöschen schienen, als ein schnell über den Himmel ziehender dunkler Schatten sie für kurze Zeit verdeckte.
Lautlos glitt die junge Hüterin auf dem Rücken dieser gewaltigen, zerstörerischen Bestie der mächtigen Festung entgegen, immer wieder die Lederriemen überprüfend, die sie als behelfsmäßigen Sattel an dem Drachen befestigt hatte.
Pherol klappte seine Flügel ein und schoss wie ein gewaltiger Speer auf den dunkel daliegenden Festungshügel zu. Unmittelbar vor dem Aufprall riss Pherol seinen Körper nach oben, spreizte seine breiten, ledrigen Flügel und landete hart an der Seitenmauer der Festung, wo seine riesigen, krallenbewehrten Füße tiefe Mulden in den weichen Sandstein gruben, was die Burg in so heftige Erschütterungen versetzte, dass sich selbst die Oberfläche des fünfzig Schritte weit entfernten Oasenteichs noch kräuselte.
Sofort wurden im Innern des Gemäuers entsetzte Rufe laut, und als Brynn ihr Schwert in die Höhe reckte und auflodern ließ, griffen ihre die Festung umzingelnden Soldaten diese Rufe auf und stimmten ein gewaltiges Jubel- und Kriegsgeschrei an.
Brynn klammerte sich an den Hals des Drachen, als dieser in Raserei verfiel, seinen riesigen Schwanz gegen die Mauern peitschte und schließlich dazu überging, das Mauerwerk mit seinen Vorderläufen und der Schnauze zu bearbeiten. Ein aus einer nahen Schießscharte abgefeuerter Pfeil prallte wirkungslos von seiner schuppigen Haut ab. Der Drache reagierte, indem er seine Schnauze vor die Maueröffnung schob und eine gewaltige Flammenwolke ins
Weitere Kostenlose Bücher