Schattenelf - 5 - Die Unterwerfung
Kerl war schon immer eine hinterhältige Schlange. Wie viel besser wären wir alle dran, hättest du den Kerl vor all den Jahren in Palmaris getötet.«
»Aber das habe ich nicht«, erwiderte Pony und schaffte es sogar zu lächeln, als sie hinzufügte: »Dabei habe ich es versucht, ehrlich!« Das Lächeln war jedoch nicht von Dauer, denn plötzlich wurde ihr bewusst, welche düstere Zeiten ihnen allen bevorstanden. »Und jetzt steht De’Unnero an der Seite Aydrians; das ist die Realität.«
»Und du bist geflohen«, stellte Belster fest. »Aber warum ausgerechnet hierher? Solltest du nicht in Vanguard sein, an der Seite von Prinz Midalis?«
»Du willst, dass ich gegen Aydrian kämpfe?«, erwiderte Pony mit einer so bedrückten und niedergeschlagenen Stimme, dass sie jeden möglichen Widerspruch bereits im Keim erstickte. »Nein, ich empfinde keinen Zorn gegen ihn – wie könnte ich?«
»Du bist durchdrungen von Zorn! Das sehe ich doch deinen Augen an!«
»Ja, das ist wohl wahr«, gab Pony ihm Recht.
»Du bist wütend auf die Elfen«, sagte Belster plötzlich. »Sie sind dir zutiefst verhasst, hab ich Recht?«
Pony starrte ihn lange Zeit unverwandt an. Ihr Gesichtsausdruck verriet Belster alles, was er wissen musste. »Lass mich jetzt dein Bein versorgen«, sagte sie schließlich. »Und dann solltest du sehen, dass du aus dem Bett rauskommst, dich ein wenig zurechtmachst und deinen alten Geist wiederfindest. Belster O’Comely, du bist noch lange nicht reif fürs Grab!«
Kurze Zeit später verließ sie ihn, zufrieden, dass sie ihren Teil dazu beigetragen hatte, seine durch die Verletzung hervorgerufene Lethargie zu überwinden. Dainsey war bei ihm geblieben, fest entschlossen, ihn aus dem Bett und für die dringend erforderliche Säuberung zum Brunnen zu scheuchen.
Aber auf dem Rückweg zum Schankraum der Geselligen Runde legte Pony den Seelenstein nicht in ihren Beutel zurück. Sie hatte in den letzten Jahren nur selten von den Edelsteinen Gebrauch gemacht, trotzdem hatte es ihr keine große Mühe bereitet, die Verbindung wieder herzustellen. Jetzt betrachtete sie den Stein, ließ sich in den Bann seiner grauen Färbung ziehen und überlegte, wie er ihr sonst noch nützlich sein könnte.
Ursprünglich hatte sie eine Weile im Gasthaus verweilen wollen, einfach nur um den normalen Tagesablauf an diesem Ort, ihrem früheren Zuhause, zu beobachten, aber dann trat sie doch fast sofort wieder ins Freie und begab sich quer durch das kleine Dorf zu dem Haus, das die gutherzigen und großzügigen Dörfler ihr und Dainsey gleich nach ihrer Ankunft zur Verfügung gestellt hatten.
Drinnen schloss sie die Vorhänge vor dem einzigen Fenster, ehe sie sich, den Stein unentwegt zwischen ihren Fingern rollend, in eine stille Ecke zurückzog.
Dann versenkte sie sich abermals in ihn und löste mit seiner Hilfe ihren Geist; befreit von den Fesseln ihrer sterblichen Hülle verließ sie Dundalis in westlicher Richtung und ließ sich zu den fernen Bergen hinübertragen, die, das wusste sie, Andur’Blough Inninness und Lady Dasslerond beherbergten.
Auf der Suche nach dem Elfental streifte Ponys Geist lange durch diese Berge, aber zu ihrer Bestürzung gelang es ihr an jenem Nachmittag nicht, es zu finden. Immerhin, sie kam ein gutes Stück voran und bemerkte mehrere markante Landschaftspunkte, darunter einen oder zwei, die ihr bekannt vorkamen; schließlich war sie bereits mehrfach im Elfental gewesen und hatte es zuvor stets mit Hilfe des Seelensteins gefunden. Sie wusste allerdings, dass es sehr gut versteckt lag, und vermutete, dass Lady Dasslerond derzeit alles in ihrer Macht Stehende tat, um seine Abgeschiedenheit mit Hilfe ihrer Magie noch zu verstärken.
Als sie in ihren Körper zurückkehrte, war Pony durchaus zufrieden mit den Fortschritten, die sie gemacht hatte. Schon bald würde sie sich mit Hilfe des Seelensteins ein so klares Bild von den Bergen rings um Andur’Blough Inninness gemacht haben, dass sie auch physisch dorthin reisen und die Elfenlady zur Rede stellen konnte, die ihr so viel genommen hatte.
»Nun, was habt Ihr herausgefunden?«, fragte Belli’mar Juraviel Lady Dasslerond, als er sie am Waldrand stehen sah, den verblüfften Blick starr auf die fernen Berge gerichtet.
»Sie war hier.«
»Sie?«
»Jilseponie«, erklärte Lady Dasslerond. »Ihr Geist war uns schon ziemlich nahe. Sie sucht uns.«
Juraviel musterte sie skeptisch. »Woher wollt Ihr das wissen?«
Lady Dasslerond hielt ihren
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