Schattenelf - 5 - Die Unterwerfung
auf dem Thron das Königreich seines Bruders – und den Abellikaner-Orden obendrein – in Grund und Boden regiert!«
»Prinz Midalis wird sich möglicherweise gegen ihn stellen, nur hat er kaum Chancen zu gewinnen«, erwiderte Jilseponie mit leiser Stimme.
»Viele werden sich ihm anschließen!«, verkündete Viscenti, die geballte Faust drohend erhoben. »Man kann den Thron des Bärenreiches nicht einfach an sich reißen, und die abellikanische Kirche wird nicht bereit sein, sich zu einem willigen Opfer eines derartigen Verrats machen zu lassen! Man wird Abt Olin in Schimpf und Schande davonjagen! Und was diesen Marcalo De’Unnero anbelangt – wir hätten diesen Narren schon vor Jahren auf dem Scheiterhaufen verbrennen sollen. Ich kann nicht einmal glauben, dass er überhaupt noch lebt! In dieser Hinsicht gleicht er dem geflügelten Dämon – er ist ein Unheil, das einfach kein Ende nehmen will!«
»Aydrians Anspruch auf den Thron scheint mehr als anfechtbar zu sein«, überlegte Bischof Braumin, während er den aufbrausenden Viscenti mit einer Handbewegung zu besänftigen versuchte, dem es in letzter Zeit nicht gut gegangen war und dem die Heiler dringend geraten hatten, jede Aufregung zu vermeiden, was seinem Wesen allerdings völlig widersprach.
»Sein Anspruch ist ausreichend legitimiert, um vom einfachen Volk akzeptiert zu werden«, erklärte Jilseponie. »Jedenfalls ist er begründet genug, um jenen Teilen des Adels, die am Ende nicht in Danubes Gunsten standen, den nötigen Vorwand zu liefern, ihn mit offenen Armen aufzunehmen. Aydrian ist mit einer kampfbereiten Armee in Ursal einmarschiert, die er nach seiner Thronübernahme sogar noch durch Danubes eigene Truppen verstärkt hat.« Als sie Bischof Braumin ansah, war ihr Blick durchdrungen von aufrichtigem Mitgefühl, und sie schüttelte langsam den Kopf. »Ursal ist bereits in seiner Hand, und über Palmaris wird er ebenfalls hinwegfegen, lange bevor Prinz Midalis Hilfe organisieren und sie Euch anbieten kann, falls Ihr Euch entscheiden solltet, Euch gegen ihn zu stellen. Zumal es ohnehin nicht einfach sein wird, Verbündete zu finden, erst recht nicht hier, in dem von Ursal und den korrupten Herzögen beherrschten Südwesten des Bärenreiches. Das gemeine Volk wird Aydrian bereitwillig akzeptieren, denn alles andere würde Krieg gegen ihn bedeuten.«
»Die Kirche wird sich den Drohungen eines Thronräubers und seiner intriganten Komplizen niemals fügen!«, erklärte Bischof Braumin. »Palmaris wird sich diesem König widersetzen, und St. Precious wird niemals seine Pforten für ihn öffnen, und auch nicht für Marcalo De’Unnero und diesen Verräter, Abt Olin!«
»Ihr wollt Eure Stadt gegen die Heerscharen Ursals verteidigen?«, fragte Jilseponie, eine Bemerkung, die Bischof Braumin und seiner großspurigen Ankündigung weitgehend den Wind aus den Segeln nahm. Palmaris war gewiss keine unbedeutende Stadt, und die dort stationierten Truppen waren zahlreich, stark und kampferprobt. Trotzdem wären sie den Allhearts und den Soldaten Ursals unter keinen Umständen gewachsen.
»Nun, was die Stadt selbst betrifft … bin ich nicht sicher«, musste Braumin einräumen, doch das hilflose Kopfschütteln war nicht von Dauer, und rasch kehrte das Feuer in seine dunklen Augen zurück. »Aber bei meinem Leben, ich schwöre, weder Aydrian noch dieser vermaledeite De’Unnero werden je einen Fuß in diese Abtei setzen, es sei denn, man schleift sie in Ketten durch das Eingangstor!«
»Ihr scheint nicht mal zu ahnen, welch ungeheure Kräfte gegen Euch aufgeboten werden!«, entgegnete Jilseponie.
»Wollt Ihr etwa, dass ich diese Verbrecher mit offenen Armen willkommen heiße?«
»Ich möchte Euch bitten zu fliehen!«, antwortete Jilseponie. »Erst einmal nach St. Mere-Abelle und von dort aus, falls nötig, weiter nach Vanguard. Wenn Ihr hier bleibt …« In diesem Augenblick versagte ihre Stimme, sie fing an zu keuchen und rang verzweifelt nach Luft. Um ein Haar wäre sie zusammengebrochen, wenn Braumin nicht herbeigestürzt wäre, sie aufgefangen und wieder fest in die Arme geschlossen hätte.
Aydrian bedeutete allen Anwesenden mit einem Wink, sich zu entfernen, blieb selbst jedoch am Kartentisch stehen, während die Adligen tuschelnd den Raum verließen. De’Unnero ergriff die offene Tür und trat einen Schritt zur Seite, so als hätte er die Absicht, sie hinter den anderen zu schließen, während er selbst im Zimmer zurückblieb.
»Begleitet Abt
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