Schattenelf - 5 - Die Unterwerfung
König ihnen gegenüber freundlich und gerecht verhält.« Er sah zu Aydrian. »Mein Vorschlag lautet also, Herzog Kalas’ Vormarsch eher als einen feierlichen Einzug zu gestalten denn als Einmarsch einer feindlichen Armee. Schließlich wollt Ihr das Bärenreich nicht erobern, sondern vielmehr die Nachricht unters Volk bringen, dass Ihr der rechtmäßige Thronfolger seid.«
»Das könnten viele womöglich anders sehen«, gab Herzog Kalas zu bedenken. »Ganz gewiss werden Prinz Midalis und seine Getreuen –«
»Die sich zurzeit größtenteils im fernen Vanguard aufhalten«, fuhr Abt Olin unbeeindruckt fort. »Auf dem Weg nach Palmaris werdet Ihr nur wenigen begegnen, die Prinz Midalis wohlgesonnen sind, vorausgesetzt, der Mann ist ihnen überhaupt bekannt. Wir müssen den Leuten ganz einfach unmissverständlich klarmachen, was der Stand der Dinge ist: Aydrian ist König und wird als solcher vom Adel in Ursal akzeptiert. Das gemeine Volk wird sich dieser Sichtweise mehr oder weniger widerspruchslos anschließen.«
»Wie sollte es auch widersprechen?«, fügte Marcalo De’Unnero mit einem amüsierten Kichern hinzu, in das die Übrigen am Tisch einfielen.
Nicht jedoch Aydrian. »Wir sollten dabei nicht vergessen, dass das derzeitige Oberhaupt der Stadt Palmaris ein guter Freund Jilseponies ist und ganz gewiss kein Freund von Marcalo De’Unnero«, gab der junge König in aller Schärfe zu bedenken. »Bischof Braumin Herde wird sich gegen uns stellen, dessen könnt Ihr sicher sein.«
»Haltet Ihr ihn tatsächlich für so dumm, Eure Machtbefugnis öffentlich anzuzweifeln?«, fragte Herzog Kalas.
»Das vermag ich nicht mit Sicherheit zu sagen, aber eins steht fest: St. Precious wird weder Marcalo De’Unnero noch Abt Olin mit weit geöffneten Pforten empfangen«, erwiderte Aydrian.
De’Unnero sah erst Olin, dann Kalas an, und zumindest für einen Augenblick schien es, als seien der hitzige Mönch und der kriegerische Herzog voll und ganz einer Meinung. Kalas nickte sogar beifällig, als De’Unnero erklärte: »Dann werden wir ihnen das Öffnen der Tore eben abnehmen.«
»Es wird mir ein Vergnügen sein, St. Precious zu erobern«, sagte Abt Olin. »Ich kann es kaum erwarten, seine mächtigen Säulengänge zu sehen.«
»Ich fürchte, das wird Euch nicht vergönnt sein«, erklärte Aydrian, eine Bemerkung, mit der er rund um den Tisch erstaunte Blicke erntete, vor allem von Abt Olin selbst, in dessen Miene sich rasch Argwohn breitmachte.
»Abt Olin wird sich wichtigeren und erfreulicheren Pflichten widmen müssen«, erklärte Aydrian den gespannt wartenden Männern. »Wir alle kennen die Berichte von den Unruhen in Behren, vom Aufstand der To-gai-ru und dem Sturz des Chezru-Häuptlings. Behren ist ein Land, das derzeit ohne geistiges oder weltliches Oberhaupt richtungslos dahintreibt. Möglicherweise ist es an der Zeit, dass das Bärenreich seinen Freunden im Süden zu Hilfe eilt.«
»Was wollt Ihr damit andeuten?«, fragte De’Unnero ungläubig.
»Ihr seid der Meinung, ich sollte nach Jacintha gehen?«, fragte Abt Olin kaum minder überrascht. »Um dort meine Unterstützung und Freundschaft anzubieten?«
»Um dort Verantwortung und Führungsaufgaben zu übernehmen«, erklärte Aydrian, worauf die Skepsis auf den Gesichtern sich sogar noch vertiefte und manch einer ein ungläubiges Gemurmel von sich gab. »Wir dürfen nicht zulassen, dass sich diese einmal geöffnete Tür für uns wieder schließt«, fügte der König erklärend hinzu, ehe er um den Tisch herumzugehen begann und jeden Einzelnen von ihnen mit seinem Blick fixierte. »Nicht jetzt. Behren befindet sich in einer verzweifelten Lage. Das Volk dort hat soeben erfahren, dass die Chezru-Religion auf einer ungeheuerlichen Lüge beruhte und tatsächlich auf genau denselben Edelsteinen fußte, die die Yatols stets als Beweis für das dämonische Wesen der Abellikaner angeführt haben. Ich behaupte, die Menschen dort sehnen sich verzweifelt sowohl nach einem Freund als auch nach einem Führer. Und dieser Mann wird Abt Olin sein.«
»Mit welchem Ziel?«, verlangte De’Unnero zu erfahren. Sein Tonfall trug ihm einen drohenden Seitenblick von Aydrian ein.
»Behren wird mir gehören, vielleicht sogar noch vor dem Fall Vanguards«, erklärte der junge König den versammelten Anwesenden in einem Ton, der keinerlei Raum für Diskussionen ließ.
»Wie sehr werden wir die Reihen unserer Armeen dafür lichten müssen?«, wollte De’Unnero wissen.
»Es werden
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