Schattenelf - 5 - Die Unterwerfung
in der Dunkelheit sitzen. Einen kurzen Augenblick dachte er noch über De’Unnero und Sadye nach, was ihn eher amüsierte als besorgte, ehe seine Gedanken zu dem Dorf schweiften, das sie am nächsten Morgen erreichen würden, und er stellte fest, dass ihn Sadyes Bemerkung, es werde sich nach Meinung der Kundschafter widerstandslos der Herrschaft des neuen Königs unterwerfen, tatsächlich erleichterte.
Sicher, Herzog Kalas und seine Häscher waren imstande, jedes dieser stillen Dörfer mitsamt den armseligen Truppen, die sie aufzubieten vermochten, zu überrennen, trotzdem wäre es für alle Beteiligten besser, wenn sich die Leute auch weiterhin den Adel zum Vorbild nehmen würden; für Aydrians Herrschaft über das Königreich konnte das nur von Vorteil sein.
Und auch Aydrian täte gut daran, dies – seinem inneren Frieden und einem ungestörten Schlaf zuliebe – zu begreifen, auch wenn er es nicht offen zugab, nicht einmal sich selbst gegenüber.
Herzog Kalas und seine Allheart-Ritter, prächtig anzusehen in ihren kunstvoll gearbeiteten, silbern glänzenden Rüstungen, führten den Einmarsch nach Pomfreth an, so wie sie es seit Beginn des Triumphmarsches in jedem Dorf getan hatten. Etwas östlich davon, auf dem Masur Delaval, kreuzte die Flotte Ursals, darunter auch die Flusspalast. Und hinter den Reihen der Allheart-Brigade waren zehntausend Soldaten aufmarschiert, angetreten in einer eng geschlossenen Formation, der man die Disziplin einer gut ausgebildeten Armee ansah. Genau in ihrer Mitte, auf einem prachtvollen schwarzen Hengst, saß König Aydrian, dessen Rüstung sogar die der Allhearts überstrahlte. Eigens angefertigt, von einem legendären Schmied angepasst und von Aydrian mit Hilfe mehrerer magischer Edelsteine verstärkt, vermochte keine Rüstung der ganzen Welt ihrem Träger besseren Schutz zu gewähren. Während die Rüstung der Allhearts aus einander überlappenden Silberplättchen bestand, war Aydrians sogar mit Gold besetzt. Rings um einen genau über Aydrians Herz eingesetzten Hämatit waren dunkle Jadesteine zu einem kreisförmigen Muster angeordnet. Sein schalenförmiger Helm war vielleicht nicht so übertrieben prunkvoll verziert wie Herzog Kalas’ Federhelm, dafür war er so konstruiert, dass er dem Krieger völlige Rundumsicht gewährte. Mit Goldfutter ausgekleidet, verjüngte er sich zu Aydrians Hinterkopf und Nacken hin, vorne dagegen bedeckte er das Gesicht nur halb, bis zum Nasenrücken, während die Augen im Stile einer weit ausgeschnittenen Banditenmaske von schmalen, goldenen Bügeln eingefasst waren.
Zu Aydrians Rechter saß Marcalo De’Unnero im schlichten, braunen Gewand eines abellikanischen Ordensbruders, das Gesicht erstarrt zu einer Maske scheinbar immerwährender Verdrossenheit. Er hatte auf diesem Marsch eine ziemlich große Zahl jüngerer Ordensbrüder aus St. Honce mitgebracht, die größtenteils in den Kapellen jener Dörfer als Ersatz einspringen sollten, deren Dorfpriester die Veränderungen, die er der Kirche zu bescheren gedachte, entweder nicht zu würdigen wussten oder von vornherein ablehnten.
Links von Aydrian saß Sadye, ihre dreisaitige Laute über den Rücken geschlungen, während ihr der frische Wind das braune, inzwischen wieder recht lang gewordene Haar ins Gesicht wehte.
In der Ferne, von Norden her, hörten sie bereits den Jubel.
Sadye hob den Blick und sah Aydrian an, in dessen Gesicht sich unverkennbar Erleichterung abzeichnete. Offenbar entsprachen die Berichte der Wahrheit, und man würde ihn als allseits anerkannten König empfangen und nicht als feindlichen Eroberer.
Einen Moment verharrten sie noch auf ihren Pferden und warteten ab, bis Herzog Kalas mit seinem Gefolge wieder aus der Gruppe dicht gedrängt stehender Häuser hervorgaloppiert kam.
»Nehmt Aufstellung für den Marsch durchs Dorf«, wies Aydrian die Kommandanten an, die hinter ihm in einer Reihe auf ihren Pferden warteten. »Ihr werdet heute Nacht nördlich von Pomfreth kampieren. Beim ersten Tageslicht marschieren wir weiter.«
Die Kommandanten lösten sich augenblicklich aus ihrer Formation. Wie stets, wenn sie auf eine Ortschaft trafen, kamen zwei mögliche Vorgehensweisen in Betracht: durchmarschieren oder überrennen. Bislang war Letzteres noch nicht nötig gewesen. Trotzdem waren Aydrian und alle anderen sich darüber im Klaren, dass die Wahrscheinlichkeit, auf Widerstand zu treffen, wuchs, je weiter sie ihr Marsch nach Norden führte. Und am Ende dieser Straße in
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