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Schattenelf - 5 - Die Unterwerfung

Schattenelf - 5 - Die Unterwerfung

Titel: Schattenelf - 5 - Die Unterwerfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.A. Salvatore
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erheben würde. An diesen Weg glaubte er, und zwar bedingungslos.
    Der Preis jedoch …
    Aydrian zuckte unwillkürlich zusammen, als er an die Toten dachte, die er auf seinem Weg bereits hinterlassen hatte. Viele hatten ihr Schicksal verdient – die Piraten zum Beispiel, die ihn auf dem Rückweg von Pimaninicuit zu hintergehen versucht hatten –, andere dagegen vielleicht nicht unbedingt. Schlimmer noch, Aydrian wusste nur zu gut, dass die bisherigen Opfer nur einen winzigen Bruchteil der Opfer darstellten, die der Krieg, der das Bärenreich unweigerlich erschüttern würde, und die Eroberung Behrens und Alpinadors noch fordern würden.
    Von Schuldgefühlen und plötzlich aufkommenden Zweifeln getrieben, wälzte sich Aydrian aus dem Bett, verließ eiligen Schrittes das Haus, das er in diesem kleinen Dorf nördlich von Ursal erstanden hatte, und lief hinüber zu der Gruppe von Wagen, unter denen sich auch seine persönliche Kutsche befand. Mit unwirschen Bewegungen verscheuchte er die verwirrten und besorgt dreinblickenden Wachposten, kletterte in die Kutsche und schloss hinter sich den Schlag.
    In dieser Nacht stand der Mond hoch am Himmel. Die Lichtverhältnisse hätten nicht besser sein können.
    Aydrian zog einen kleinen Vorhang gegenüber seinem Sitzplatz zur Seite und legte den Spiegel frei, den er als Orakel benutzte; dann lehnte er sich zurück, starrte hinein und ließ seinen innersten Gedanken freien Lauf. Deutlich spürte er die Gewissensbisse, versuchte jedoch, sie nicht zu verdrängen, sondern sich mit ihnen auseinander zu setzen.
    Jeder wahre Führer muss sich von seinem Gewissen leiten lassen.
    Der Gedanke erschien wie aus dem Nichts und ließ Aydrian aufschrecken. Er ließ die Vorstellung auf sich einwirken und spürte, wie Panik in ihm hochstieg, als er über ihre Bedeutung nachzudenken begann.
    Dann sah er in den Spiegel, auf die schattenhaften Umrisse, die undeutlich in der unteren linken Ecke Gestalt angenommen hatten.
    Wogen von Schuldgefühlen überkamen ihn; und plötzlich vernahm er eine leise Stimme in seinem Innern, die ihn aufforderte, diesen in den sicheren Krieg mündenden Weg zu verlassen.
    Im ersten Moment erschien ihm das alles vollkommen logisch. Gequält verzog er das Gesicht, als er sich vorstellte, wie der kalte Leichnam Torrence Pembleburys unter der ins Verlies führenden Treppe in Ursal vermoderte. In diesem Augenblick fühlte sich Aydrian dem Schicksal preisgegeben.
    Einen flüchtigen Moment lang.
    König Danube war ein Spieler in der Arena des Ruhms.
    Unmittelbar darauf erschien der zweite Schatten, der sich im Spiegel zu einer noch größeren Gestalt auswuchs.
    Wieder schoss dem jungen König dieser letzte Gedanke durch den Kopf. Auch Danube war König des Bärenreiches gewesen; auch Danube hatte Entscheidungen über Leben und Tod gefällt, war in den Krieg gezogen. Dieses Trachten nach Ruhm, nach Unsterblichkeit, war ein unter den Menschen verbreiteter Wesenszug – auch wenn, das wusste Aydrian, nur wenige begriffen, um was es dabei wirklich ging.
    Zumal sie alle miteinander sterben würden, ohne Ausnahme. Sollte er etwa die Verantwortung für all jene übernehmen, die bei seinem Aufstieg zum Thron und bei seinem Streben nach Unsterblichkeit auf der Strecke blieben? Sollte er sich in Schuldgefühlen ergehen, weil er besser als alle anderen die Wahrheit und Sinnlosigkeit menschlichen Trachtens verstand und einen Weg gefunden hatte, dieser vermeintlichen Unausweichlichkeit zu entgehen?
    Plötzlich beschleunigte sich der Atem des jungen Königs, und er schloss fest die Augen gegen die Flut der grauenhaften Bilder, die ihn bestürmten, während er das alles auf sich einwirken ließ, während er an all die Menschen dachte, die bereits umgekommen waren, und an die sehr viel größere Zahl derer, die er auf seinem Weg noch vernichten würde. Er bestahl diese Menschen.
    Um Tage? Wochen? Monate? Sogar Jahre? , fragte ihn der Schatten in seinem Kopf. Um wie viel betrog er all diese bedauernswerten Sterblichen tatsächlich? Und würden sie ihm nicht das gleiche Opfer abverlangen, sollten sie jemals, so wie er, das Rätsel der Ewigkeit und der Unsterblichkeit begreifen?
    Aydrian schlug die Augen auf, schaute in den Spiegel und merkte, dass dort nur noch ein Schatten zu sehen war, der in der unteren rechten Ecke.
    König Danube war ein Spieler in der Arena des Ruhms , hörte er abermals die Stimme in seinem Kopf. Er hatte die gleichen Ziele wie du, nur war er dir an Stärke unterlegen.

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