Schattenelf - 5 - Die Unterwerfung
warten, bis ich den richtigen Zeitpunkt für gekommen halte. Jacinthas Verzweiflung ist unser Verbündeter.« Er musterte die beiden Männer. »Yatol Wadon wird uns mit offenen Armen willkommen heißen. Ich werde als Retter Jacinthas auftreten, und genau das wird uns den Rückhalt verschaffen, den wir brauchen.«
»Um die Behreneser zur abellikanischen Religion zu bekehren?«, fragte ein sichtlich skeptischer Herzog Bretherford, der schon seit seiner Ankunft in Entel in düsterer Stimmung war, und das, obwohl Abt Olin ihm Rontlemores Traum als Flaggschiff überlassen hatte, ein Schiff, das in Ursals Flotte an Stattlichkeit und Größe seinesgleichen suchte, die Flusspalast eingeschlossen.
»Um die gemeinsame Basis unserer beiden Religionen zu festigen«, verbesserte ihn Abt Olin.
»Damit Ihr sie Eurer Gemeinde einverleiben könnt?«, erwiderte der Herzog.
»Die Auslegung überlasse ich ganz Euch«, erklärte Abt Olin. »Euren König Aydrian gelüstet es nach Behren, also werden wir ihm Behren liefern. So einfach ist das.«
Herzog Bretherford nickte und erhob seinen Krug pflichtschuldig zu einem Toast. Ihm war durchaus bewusst, dass es hierbei mehr um Olin als um Aydrian ging. Gewiss, der junge König war ehrgeizig, gleichwohl hatte der Übergriff auf Behren – noch dazu, bevor die ungeheuren Probleme innerhalb des Bärenreiches aus der Welt geschafft waren – eher etwas mit den krankhaften Begehrlichkeiten Abt Olins zu tun.
Herzog Bretherford waren die Verhältnisse am Hof von Ursal lang genug vertraut gewesen, um zu begreifen, dass Aydrian beschlossen hatte, Abt Olin ebenso kaltzustellen wie zuvor bereits seine Wenigkeit. Und was wäre besser geeignet als Köder für Olin als die Stadt Jacintha sowie die umliegenden Ländereien? Bretherford konnte nicht bestreiten, dass diesem Schachzug eine gewisse Wirksamkeit eigen war, denn er bezweifelte nicht, dass die zur Verteidigung Jacinthas aufgestellten Truppen des Bärenreiches sich als mehr denn ausreichend erweisen und es Abt Olin erlauben würden, nach der Macht zu greifen. Trotz alledem hatte sich ein bohrender Zweifel in den Gedanken des Herzogs des Mirianischen Ozeans festgesetzt, ein Zweifel, der ihn seit dem Machtwechsel im Bärenreich nicht mehr losgelassen hatte.
Und der eng mit dem Namen Prinz Midalis verknüpft war.
13. Im Schutz der Dunkelheit
»Das ist doch völliger Wahnsinn«, raunte Roger. »Du wirst uns in den sicheren Tod schicken.«
Bradwarden verzichtete auf eine Antwort; der Zentaur war viel zu sehr damit beschäftigt, das bemerkenswerte und unerwartete Schauspiel zu beobachten, das sich vor ihnen entfaltete.
Soeben war die übermächtige Allheart-Brigade, im Verband mit den Legionen der Kingsmen aus Ursal, im Begriff, die Ortschaften Caer Tinella und Landsdown zu überrennen. Widerstand hatte es praktisch nicht gegeben, denn die Soldaten, die sich auf dem Marsch aus der eroberten Stadt Palmaris nach Norden befanden, waren bei ihrem Vordringen in beiden Orten auf eine bereits stark geschrumpfte Bevölkerung gestoßen.
»Du hast sie doch vorgewarnt, oder?«, fragte Bradwarden.
»In den Ortschaften selbst waren wir nicht«, antwortete Roger. »Pony wollte so schnell wie möglich nach Dundalis, deswegen haben wir auf unserem Ritt nach Norden alle Städte gemieden.«
»Nun, irgendjemand muss aber dort gewesen sein«, hakte der Zentaur nach.
»Vielleicht die Garnison aus Palmaris«, überlegte Roger. »Viele von ihnen hatten die Stadt gleich nach uns verlassen. Bestimmt haben sie hier Halt gemacht und der Bevölkerung geraten, die Ortschaften zu verlassen.«
»Oder den neuen König freundlich zu empfangen«, sagte Bradwarden. »Wie’s scheint, hat eine ganze Menge von ihnen genau das getan. Ich frag mich nur, wohin die Geflohenen verschwunden sind. Nach Dundalis jedenfalls nicht, sonst wären wir ihnen auf der Straße begegnet.«
»Nach Vanguard«, sagte Roger. »Sie sind mit der Garnison aus Palmaris nach Osten gezogen, um sich Prinz Midalis anzuschließen.«
»Dann dürften sie einen langen und kalten Marsch vor sich haben. Es wird dieses Jahr früh Winter werden, erst recht in den Waldgebieten nördlich des Golfes.« Der Zentaur sah sich nach allen Seiten um, bis sein Blick wieder auf Roger fiel. »Heute Abend wirst du dort hinuntergehen und so tun, als seist du ein einfacher Bürger dieses Ortes.«
»Da hinunter?«, fragte Roger ungläubig. »Ist dir eigentlich klar, wem ich dort unten über den Weg laufen könnte?
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