Schattenelf - 6 - Der letzte Kampf
sie nieder, ehe diese sich überhaupt von ihren Pritschen erheben konnten. Pagonel empfand es als quälend, an einem derartigen Gemetzel teilzunehmen, zumal sie keine Gefangenen machen durften. Obwohl er versuchte, sich mit seinen Hieben zurückzuhalten – um seine Gegner nicht zu töten, sondern nur kampfunfähig zu machen –, lagen vier Mönche tot am Boden, als die kleine Gruppe wieder ins Freie hastete, und das Leben des fünften hing bestenfalls noch an einem seidenen Faden.
Pherol legte im Nachbarzelt erheblich weniger Skrupel an den Tag. Der Drache schleuderte den einsamen Posten am Zelteingang einfach zur Seite, sodass er dreißig Fuß weit durch die Luft segelte, riss anschließend die Zeltwand in Stücke und warf sich auf die verdutzten und noch halb schlafenden Abellikaner. Pherol erschien nicht in seiner riesigen Drachengestalt, aber selbst als Echsenmann erwies sich seine ungeheure Körperkraft als übermächtig. Ein einziger Armhieb genügte, um einem der Mönche den Brustkorb zu zertrümmern, und ein Tritt seines schuppenbewehrten Beines drückte einem zweiten die Eingeweide aus dem Unterleib.
Der Drache kam im selben Moment aus dem Zelt hervor, als auch Pagonel, Juraviel und die anderen zum Klang hektischen Horngeschmetters wieder ins Freie traten, während das gesamte Feldlager ringsum unsanft zum Leben erwachte.
Als Pagonel sich einen Überblick über das Geschehen verschaffte, fiel ihm auf, mit wie viel Geschick die Berufssoldaten zu Werke gingen, allen voran die Truppen des Bärenreiches. Unglücklicherweise setzte sich die Streitmacht zu gleichen Teilen aus leicht einzuschüchternden Bauern und gut ausgebildeten Soldaten zusammen, sodass Erstere in ihrer panischen Angst immer wieder die Vorbereitungen behinderten.
Unterdessen preschten die beiden wild entschlossenen Reitergruppen der To-gai-ru in gestrecktem Galopp heran.
»Ich steige jetzt auf!«, verkündete Pherol, und schon hörte man das Knacken von Knochen und das Reißen der Schuppenhaut, als der Drache seine natürliche Gestalt annahm.
Erst jetzt, als sie das Schauspiel des sich hinter ihnen in die Lüfte erhebenden Drachen gewahrten, schienen die Behreneser wirklich zu begreifen, dass sich der Feind mitten in ihrem Lager befand. Schreie und Kommandos gellten durch die Reihen, nicht wenige verbunden mit der Aufforderung, die Wurfmaschinen herumzuschwenken. Der noch immer dunstige Morgen hallte wider von verzweifelten Rufen, doch endlich den Drachen außer Gefecht zu setzen.
Doch die Besatzungen der Wurfmaschinen reagierten nicht, denn inzwischen hatten die Doc’alfar sich unter sie gemischt und verrichteten ihr grausames Werk mit tödlicher Präzision. Holzknüppel und Speere zerteilten die Luft mit leisem Sirren, ehe sie wuchtig auf die wehrlosen Männer niedergingen und sie zu Boden streckten.
Die Reiter der To-gai-ru durchbrachen die ersten Abwehrreihen, ohne auf nennenswerten Widerstand zu stoßen, und konnten die Behreneser mit Leichtigkeit niederstrecken. Die meisten von ihnen waren ohnehin vollauf damit beschäftigt, sich in Sicherheit zu bringen, und dachten gar nicht daran, sich zu wehren. Doch dann geriet Brynns Einheit ins Stocken, denn plötzlich stellten sich ihnen die Truppen aus dem Bärenreich entgegen, die Schilde fest geschlossen, die Speere waagrecht vor dem Körper.
Wie aus heiterem Himmel stieß Pherol herab, bestrich die verwirrten Krieger aus dem Bärenreich mit seinem Feueratem, verwandelte den Pulk in der Mitte in ein Flammenmeer, sodass jeder Zusammenhalt in der Formation verloren ging.
Trotz des unablässigen Gebrülls und aller verzweifelten Bemühungen, ihre Besatzungen zu verstärken, feuerten die Wurfmaschinen noch immer nicht auf den mächtigen Lindwurm – denn die Doc’alfar lauerten nach wie vor im Verborgenen, um blitzschnell vorzuspringen und jeden zu töten, der sich den Kriegsmaschinen zu nähern wagte.
Pherol musste also lediglich einige Pfeile zur Seite wischen, die sich bis zu ihm hinauf verirrten – und die er bei seinem nächsten Angriff unweigerlich mit einem Feuerstoß oder einem Hieb seiner Krallen beantwortete.
Brynn erreichte den hoch gelegenen Aussichtspunkt auf dem Rücken von Nesty, als die Sonne gerade über dem Horizont im Osten aufging. Sie sah sofort, dass Pechter Dan Turk ausgezeichnete Arbeit geleistet hatte, denn offenkundig waren die Behreneser vollkommen überrumpelt worden. Dem Drachen ebenso hilflos ausgeliefert wie der kleinen Gruppe von Attentätern, die
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