Schattenelf - 6 - Der letzte Kampf
»Sobald Juraviel wieder bei uns ist, werde ich sie bitten, mich zu Roger zu bringen.«
»Das dürfte Roger kaum gefallen«, wandte Bradwarden vorsichtig ein. »Wenn du dich und den Elfen in Gefahr bringst, könnte deine Unbesonnenheit uns teurer zu stehen kommen, als du denkst. Er wurde doch gefasst, als er Braumin befreien wollte, oder? Ich will damit bloß sagen, dass du und Juraviel für unsere Sache wichtiger seid als unser gemeinsamer Freund.«
Außer einem wütenden Blick auf den Zentaur wusste Pony nichts darauf zu erwidern.
»To-gai und Behren haben mit dem Bärenreich Frieden geschlossen?«, erkundigte sich Prinz Midalis bei Pagonel.
»Alle beteiligten Parteien haben ein entsprechendes Abkommen unterzeichnet«, antwortete der Mystiker. »Es steht allerdings zu befürchten, dass Aydrian uns im Falle eines Sieges noch einmal ins Visier nehmen wird.«
»Zweifellos.«
Dann fuhr der Mystiker zum Erstaunen aller fort: »Brynn hat den Thron To-gais abgegeben. Sie sieht ihre Aufgabe darin, Lady Dasslerond und Andur’Blough Inninness zu rächen, und in eine derart verzweifelte Auseinandersetzung kann sie ihr Volk unmöglich mit hineinziehen. Zwar herrscht derzeit Friede zwischen To-gai und dem Bärenreich, aber das gilt gewiss nicht für die ehemalige Führerin To-gais und König Aydrian.«
»Also seid Ihr gekommen, um uns bei unserem Kampf zu unterstützen?«, fragte Midalis. Der hoffnungsvolle Unterton in seiner Stimme war nicht zu überhören.
»Vorausgesetzt, Ihr wollt uns überhaupt«, antwortete der Mystiker.
Prinz Midalis blickte in die Runde und sah überall zustimmendes Nicken und strahlende Gesichter. »Brynn will gegen Aydrian kämpfen, um ihn für seine Untaten zu bestrafen«, sagte er nachdenklich, »aber warum Ihr, Pagonel?«
»Ich kämpfe an der Seite meiner Freundin, Brynn Dharielle.«
»Und wieso er?«, fragte der Prinz und wies mit dem Kinn auf Pherol, der sich vom Schiff hatte heruntergleiten lassen, jetzt auf dem Wasser dümpelte und dabei an eine echsenköpfige Seemöwe erinnerte.
Als er ihn so betrachtete, konnte Pagonel sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. »Pherol kämpft einfach gern«, gestand er.
Prinz Midalis brauchte nicht lange zu überlegen, um zu erkennen, dass es in diesem Fall günstiger war, wenn dieser prächtige Drache auf seiner Seite kämpfte.
Die kürzeste Strecke führte mitten durch Dundalis, und so bahnte sich das untote Wesen in dieser dunklen Nacht einen Weg durch die kleine Ortschaft. Einige Männer, die bei ein paar Gläschen im Freien den Sommerabend genießen wollten, sahen es auf der Nordstraße näher kommen und riefen ihm einen Gruß zu, da sie es für einen Reisenden hielten.
Natürlich antwortete es ihnen nicht – das hätte es gar nicht gekonnt –, sondern setzte seinen Weg nach Südosten unbeirrt fort.
Wieder riefen die Männer ihm etwas zu und machten Anstalten, ihm den Weg abzuschneiden.
»He, du da! Was fällt dir ein! Du kannst doch nicht einfach unangemeldet in unseren Ort spaziert kommen!«
Das untote Wesen ging nicht gerade schnell, sodass die Männer keine Mühe hatten, sich ihm in den Weg zu stellen.
Es dachte gar nicht daran, sein Tempo zu verlangsamen, ja, es schien sie nicht einmal zu bemerken.
Schließlich streckte einer den Arm vor und forderte den seltsamen Eindringling erneut auf, stehen zu bleiben.
Ein einziger wuchtiger Schlag des ungeheuer kräftigen Wesens schleuderte ihn so brutal zur Seite, dass er volle drei Meter durch die Luft flog.
Sofort machten die anderen Anstalten, sich auf den Eindringling zu stürzen, doch dann geriet das Wesen in den Lichtschein eines Kamins, der vor einem Haus auf die Straße fiel, und zum ersten Mal sahen sie genauer, was sie da vor sich hatten.
Einen entgeisterten und bestürzten Aufschrei auf den Lippen, wichen sie wie ein Mann entsetzt zurück. Niemand in der Gruppe war sonderlich religiös, und doch schlug mehr als die Hälfte von ihnen in diesem grauenhaften Moment der Erkenntnis das Zeichen des abellikanischen Immergrüns, und ein jeder rief seinen Gott um Hilfe an.
Der Zombie jedoch schien sich überhaupt nicht für sie zu interessieren. Unbeirrt setzte er seinen Weg fort, auf einer schnurgeraden Linie von Nordwesten nach Südosten, dem kürzesten Weg zu seinem Herrn.
»Das ist ungeheuerlich!«, brüllte Herzog Kalas und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Unser mächtigster Gegner steht vor uns, und Ihr wollt mich und meine Flotte fortschicken? Was ist das für
Weitere Kostenlose Bücher