Schattenelf - 6 - Der letzte Kampf
habe, werde ich Marcalo De’Unnero als ehrwürdigen Vater der gesamten abellikanischen Kirche einsetzen und meine Krieger nach meinem Gutdünken umgruppieren. Ich hoffe zwar, in Vanguard zu Euch zu stoßen, mein Freund, um an unserem ruhmreichsten Sieg teilhaben zu können, gleichwohl lautet Euer Befehl, nicht auf mich zu warten. Lasst uns diese Geschichte zum Abschluss bringen, und zwar ein für alle Mal.«
»Sehr wohl, mein König«, erwiderte Herzog Kalas.
Aydrian nickte und zeigte ihm ein Lächeln, doch dieses Lächeln galt in erster Linie To’el Dallia, die vermutlich bereits unterwegs war, um über die folgenschweren Ereignisse Bericht zu erstatten.
Und über die augenfällige Lücke in seiner Verteidigung.
»Alles scheint darauf hinzudeuten, dass Eurem Sohn ein schwerer Fehler unterlaufen ist«, sagte Prinz Midalis zu Pony und den anderen, als Juraviel ihnen gleich am nächsten Tag die überraschende Mitteilung von Aydrians Truppenverlegungen überbrachte.
»Ich habe mir in allen Einzelheiten schildern lassen, wie er Palmaris überrannt hat«, erklärte Kapitän Al’u’met. »Deshalb bezweifle ich, dass St. Mere-Abelle ihm lange Widerstand leisten kann, selbst gegen sein stark verkleinertes Heer.«
»Aber er hat sich eine Blöße gegeben, und der Widerstand gegen meine Herrschaft gründet sich allein auf seine Person«, erwiderte Prinz Midalis.
»Fünftausend Mann«, sagte Andacanavar nachdenklich. »Damit ist seine Streitmacht den Euch zur Verfügung stehenden Truppen noch immer mehr als ebenbürtig, zumal sie von dem mächtigen jungen König angeführt wird.«
»Vollkommen richtig«, erwiderte Midalis. »Aber wir haben zwei Hüter auf unserer Seite.« Sein Blick wanderte von Andacanavar zu Brynn. »Ganz zu schweigen von Jilseponie und dem Drachen.«
»Und nicht zu vergessen den Jhesta Tu, der ebenfalls fest zu Euch steht, Prinz Midalis«, fügte Brynn hinzu, nachdem der Mystiker ihr die Bemerkung des Prinzen übersetzt hatte.
Pagonel verbeugte sich in ihre Richtung, ehe er ihre Worte an Prinz Midalis weitergab.
»Wenn wir unverzüglich in See stechen und auf der Halbinsel unmittelbar gegenüber von St. Mere-Abelle an Land gehen, werden wir noch vor Aydrians Angriff auf dem Feld eintreffen«, überlegte Prinz Midalis. »Unser Erscheinen dürfte Bou-raiy und seinen Schützlingen neue Hoffnung geben und ihren Einsatzwillen bei der Zurückschlagung des kriegerischen Königs stärken.«
»Und wenn wir scheitern, ist alles verloren«, betonte Pony.
»Aber wenn wir diese Gelegenheit nicht beim Schopf packen, wird sich uns vermutlich nie wieder eine solche Chance bieten«, erwiderte Midalis. »Herzog Kalas reitet an der Spitze einer Armee, die uns weit überlegen ist. Ziehen wir uns jetzt zurück und beschränken unsere Angriffe weiterhin auf kleinere Ziele, werden St. Mere-Abelle und Vanguard unweigerlich fallen. Was bleibt uns dann noch? Sollen wir bis in alle Ewigkeit die Küste rauf- und runtersegeln und dem König letztlich wirkungslose Nadelstiche versetzen? Mit Sicherheit wird er beizeiten eine neue und vermutlich noch schlagkräftigere Flotte bauen lassen. Dann sind wir nicht mal mehr in den Gewässern des Mirianischen Ozeans vor ihm sicher.« Er hielt inne und atmete einmal tief durch, dann trat er vor Pony, legte ihr die Hände auf die Schultern und sah ihr fest in die Augen. »Ihm ist bestimmt ein Fehler unterlaufen«, erklärte der Prinz. »Er unterschätzt uns und unsere Möglichkeiten, Informationen zu beschaffen – damit hat er sich vor St. Mere-Abelle verwundbar gemacht. Greifen wir ihn also in dem Augenblick an, da er die abellikanische Kirche zu stürzen versucht. Wenn es uns gelingt, ihn zu besiegen und zu tö…« Er unterbrach sich und seufzte.
»Und ihn zu töten«, sagte Pony leise.
»Oder ihn gefangen zu nehmen«, fügte Prinz Midalis hinzu. »Wird Herzog Kalas ihn dann immer noch unterstützen? Oder überhaupt einer der Adligen? Und, viel wichtiger, wird das Volk des Bärenreiches wirklich so erpicht darauf sein, sich auf seine Seite zu schlagen? Wir haben bereits ausgiebig darüber gesprochen, dass Aydrians Nähe zu Ursal stets sein größter Vorteil war, während ich weit weg im entlegenen Vanguard saß. Die Menschen haben sich ihm nur deshalb nicht widersetzt, weil sie keine Alternative zu König Aydrian gesehen haben und weil ihnen die Vorstellung, gegen Herzog Kalas und seine Allhearts zu kämpfen, geradezu absurd erscheinen musste. Ohne Aydrian wird sein ganzes
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