Schattenelf - 6 - Der letzte Kampf
unrechtmäßiges Königreich in sich zusammenfallen, und man wird mich als rechtmäßigen König des Bärenreiches anerkennen selbst ein Herzog Kalas wird sich dieser Tatsache nicht verschließen können.«
»Mit einem solch gewaltigen Heer im Rücken könnte er versucht sein, selbst nach dem Thron zu greifen«, warf Bradwarden ein.
Midalis wandte sich dem Zentaur zu und schüttelte den Kopf. »Das widerspräche Herzog Kalas’ Wesen«, erklärte er. »Er ist in erster Linie ein Ritter der Allhearts. Wenn wir Aydrian hier und jetzt besiegen, wäre der Krieg damit beendet, und das Königreich würde wieder an das Haus Ursal fallen.«
Er hielt inne und forderte die anderen in der Runde mit einem Blick auf, ihre Meinung in dieser Sache kundzutun.
»Eine bessere Gelegenheit werden wir wohl nie bekommen«, sagte Andacanavar.
»Bringen wir es hinter uns«, fügte Pony hinzu, und nach ihrem Einverständnis wagte keiner der anderen Anwesenden mehr, irgendwelche Einwände vorzubringen.
Kaum eine Stunde darauf war Prinz Midalis’ Flotte abermals in See gestochen und umsegelte in westlicher Richtung die Spitze jener Halbinsel, auf deren Ostseite St. Mere-Abelle lag.
Exakt zur selben Zeit rückten Herzog Kalas und seine Armee von zwanzigtausend Mann in Eilmärschen in Richtung Palmaris vor. Mittlerweile hatte Aydrian den Herzog jedoch in sein kleines Geheimnis, die Spionagetätigkeit der Touel’alfar betreffend, eingeweiht.
Der Herzog würde drei Tage lang in westlicher Richtung marschieren und dann nach Nordwesten abschwenken.
Denn bis dahin würde Aydrian Prinz Midalis’ Absichten sowie die Stelle in Erfahrung gebracht haben, wo dieser an Land zu gehen gedachte.
Die nächsten Tage verbrachte Aydrian mit den Vorbereitungen seiner Truppen auf den Angriff gegen die Abtei. Des Nachts dagegen verließ der junge König als Geist das Lager, um die Truppenbewegungen zu überwachen.
Eine Erkundung nach Osten und Süden ersparte er sich, denn die Verlegung jener zehntausend Mann geschah in aller Offenheit, sodass jeder Spion, der sich im Lager zurückmeldete, lediglich das bestätigen würde, was To’el Dallia zweifellos bereits an Prinz Midalis weitergegeben hatte.
Das Interesse des jungen Königs galt in erster Linie der Küste rings um St. Mere-Abelle, und als sein Geist dort an mehreren Stellen auf durch einen Sonnenstein erzeugten Widerstand gegen seine Erkundungsversuche stieß, wurde ihm klar, welches Ziel der Prinz ansteuerte.
Der junge König gab die Information unverzüglich an Marcalo De’Unnero weiter, der, in seiner Gestalt als Wertiger, seinerseits wenig Mühe hatte, mit diesen Informationen zu Herzog Kalas’ Armee aufzuschließen.
Am zweiten Abend nach Kalas’ Trennung von Aydrians Heer betrat De’Unnero das Zelt des Herzogs, und noch bevor der nächste Morgen graute, teilte der Herzog seine Truppen auf und schickte eine Gruppe nach Norden, die in Eilmärschen bis zur Küste und in jenes Gebiet vorstoßen sollte, wo Midalis, wie Aydrian jetzt sicher zu wissen glaubte, an Land gehen würde.
Midalis würde noch vor Kalas’ Streitkräften dort eintreffen, aber eben das war der Plan. Der Prinz und seine Truppen sollten quer über die Halbinsel vorrücken, um gegen Aydrian in die Schlacht zu ziehen, während Herzog Kalas ihnen unbemerkt folgte.
Aydrian wusste es, De’Unnero wusste es und Herzog Kalas auch. War Prinz Midalis erst an Land gegangen und hatte sich von seinen Schiffen entfernt, waren ihm sämtliche Rückzugsmöglichkeiten abgeschnitten, und er würde ihnen hilflos ausgeliefert sein.
Nicht einmal der mächtige Fluss vermochte das untote Wesen in seinem Vorwärtsdrang zu bremsen. Unbeirrbar folgte der Zombie Aydrians Ruf und watete in den Masur Delaval hinein. Da er nicht zu atmen brauchte, enthielt sein Körper keine Luft und wurde vom Wasser nicht getragen. Wohl zerrten die Strömungen an ihm, doch nicht einmal die waren der ungeheuren Körperkraft des Zombies gewachsen.
Sein Weg war vorgezeichnet.
Er führte ihn direkt zu Aydrian, seinem Herrn, der das Bärenreich beherrschte – und die Welt des Jenseits.
26. Mahlstrom
Als Pony an jenem Sommertag an Land ging, beschlich sie das eigenartige Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmte. Sie war, kaum hatte die Saudi Jacintha die Spitze der Halbinsel umrundet, auf Geistwanderung gegangen, und alles, was sie dabei hatte in Erfahrung bringen können, schien die Schlussfolgerungen der Späher Juraviels zu bestätigen.
Und doch war da
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