Schattenelf - 6 - Der letzte Kampf
Stück nach unten wanderte, sah sie einen weiteren Mann zurücktorkeln, den Andacanavar mit einem Schwerthieb gestreift hatte, und gleich darauf noch einen, den der bärenstarke Hüter mit einem tödlichen Stoß durchbohrt hatte.
In diesem Augenblick dämmerte Pony, dass sie zu viert einfach hier stehen bleiben und jeden bezwingen könnten, der sie anzugreifen wagte. Doch darum ging es nicht – es machte ihr weder Spaß, Soldaten umzubringen, die in ihrer Unwissenheit Aydrian dienten, noch erschien es ihr sinnvoll.
Sie ließ den Blick durch den Innenhof schweifen und bemerkte eine gewandete Gestalt, die mit einem mächtigen Satz wie durch Magie an der Wand des hohen Turms hinaufsprang, und schlagartig war ihr jenseits allen Zweifels klar, dass nur ein einziger Mann zu so etwas fähig war.
»Gebt mir bis dort drüben Deckung!«, rief sie Bradwarden und Andacanavar zu und deutete, als sie herübersahen, auf den gegenüberliegenden Mauersockel.
»Elf!«, rief Bradwarden, doch als er zum offenen Tor hinüberschaute, war Juraviel dort nirgends zu entdecken. »Dann also auf die harte Tour«, dröhnte Bradwarden. Er und Andacanavar nahmen Pony in die Mitte und machten sich auf zur anderen Seite. Offensichtlich hatte kaum einer der Soldaten die Absicht, sich ihnen in den Weg zu stellen, doch bei dem chaotischen Durcheinander, das im Innenhof der Abtei herrschte, sah sich plötzlich doch der eine oder andere dem heranstürmenden Trio gegenüber.
Einen rannte Bradwarden einfach nieder, sodass der Mann unter seine Hufe geriet.
Andacanavar drängte an dem Zentauren vorbei und streckte zwei weitere mit einem wuchtigen Schwerthieb zu Boden. Pony hielt dem Zentauren den Rücken frei und fing den Schwertstoß eines Kriegers ab, der ihn an seiner ungedeckten Flanke attackieren wollte. Sie schob ihre Schwertspitze über die Klinge des Angreifers und drückte sie nach unten. Schon spürte sie einen zweiten Gegner hinter sich nahen – sie wirbelte herum und machte einen Schritt nach vorn, drehte ihr Schwert und traf den ersten Gegner mit dem Knauf mitten im Gesicht, sodass dieser nach hinten taumelte. Dann rief sie Bradwarden. Ein kurzer Blick nach hinten, dann verlagerte er sein Gewicht auf die Vorderhufe und erwischte den zweiten Angreifer in dem Moment mit beiden Hinterbeinen, als dieser an ihm vorüberhastete.
Als die Hinterläufe des Zentauren wieder auf dem Boden landeten, hatte Pony dem völlig verdutzten Mann bereits den Rest gegeben und eilte an ihm vorbei.
Als sie Augenblicke später vor der Wand ankamen, hatten sie eine Schneise der Verwüstung hinterlassen.
»Helft mir«, bat Pony ihre Begleiter und wies auf ein Fenster im zweiten Stock – dasselbe Fenster, durch das sie Marcalo De’Unnero im Innern des Turms hatte verschwinden sehen.
Andacanavar half ihr auf Bradwardens Rücken und fuhr sofort herum, um einige hartnäckige Verfolger abzuwehren.
»Bist du so weit?«, fragte der Zentaur.
»Los!«, kam ihr Kommando, während sie in ihrem Beutel nach den Edelsteinen suchte. Bradwarden drückte sie nach oben, und gleichzeitig aktivierte sie die Schwebekräfte des Malachits, sodass sie immer höher stieg, bis sie schließlich den Fenstersims erreichte.
Sie kletterte im selben Augenblick nach drinnen, als Juraviel erschien und ihren Platz auf dem Fenstersims einnahm. Der Elf wollte ihr schon nach drinnen folgen, hielt dann aber inne und richtete sein Augenmerk wieder auf die Szene unter ihm, wo soeben eine ganze Horde von Feinden über Bradwarden und Andacanavar herfiel.
»Schön, das du zurück bist, Elf!«, rief der Zentaur, als einer der angreifenden Krieger nach hinten taumelte, mitten in der Stirn den Schaft eines Pfeils.
»Irgendjemand muss ja schließlich ein Auge auf dich halten, verrückter Zentaur!«, rief Juraviel zurück.
»Wie könnt Ihr es wagen, diesen heiligen Ort zu entweihen!«, brüllte Fio Bou-raiy Aydrian an. Der ehrwürdige Vater erhob sich von seinem Thron und bot dem näher kommenden jungen König unerschrocken die Stirn – ganz anders als seine abellikanischen Ordensbrüder, die vor dem eindrucksvollen jungen Mann beinahe ehrfürchtig zurückwichen.
»Entweihen?«, wiederholte Aydrian erstaunt. »Ich bin im Begriff, St. Mere-Abelle wieder zu einstigem Ruhm zu verhelfen!« Er hatte darauf verzichtet, Sturmwind blankzuziehen, und stattdessen nur einen Ladestein in seine Hand gleiten lassen. Statt Bou-raiy mit vorgehaltener Waffe direkt zu bedrohen, konzentrierte sich Aydrian auf
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