Schattenelf - 6 - Der letzte Kampf
nicht aufgefangen und festgehalten, um ihn mit einer Serie brutaler und vernichtender Schläge zu traktieren, mit denen er ihm die Rippen brach und den Wangenknochen zertrümmerte.
Die Welt rings um den Bischof versank in einem wilden Strudel, bis ihn plötzlich tiefe Dunkelheit umfing.
Der gellende Schrei einer vertrauten Stimme riss De’Unnero aus seiner mörderischen Raserei. Er sah Sadye, aus zahlreichen Wunden blutend, die Stufen hinaufrennen, das Gesicht erstarrt zu einer Maske des Entsetzens.
Sie schrie um Hilfe.
Sie rief nach Aydrian, der sie retten sollte.
Aber sie rief nicht nach De’Unnero, und diese bittere Erkenntnis ließ den Mönch auf der Stelle erstarren. Benommen beobachtete er, wie eine schwarzhaarige Frau vom Rücken des Drachen absprang, dicht gefolgt von einem Mann, den De’Unnero sofort als Prinz Midalis erkannte. Keiner der beiden achtete groß auf Sadye, als sie die trümmerübersäten Stufen hinunterhasteten.
Eine dritte Person war auf dem Rücken des mächtigen Lindwurms zurückgeblieben, um die Bestie ruhig zu halten bis eine Explosion ertönte, die sogar noch das Getöse bei dem überraschenden Erscheinen des Drachen übertraf. Ein Blitz aus reinstem weißem Licht, der jeden im Saal blendete, schoss auf die Bestie zu. Bogenförmige Entladungen umfingen den Drachen, als die Wucht der Explosion den Lindwurm durch das zertrümmerte Fenster zurück nach draußen drückte.
De’Unnero kam wieder zur Besinnung und blickte hinter sich, um sich zu vergewissern, dass Braumin so bald nicht wieder auf die Beine kommen würde. Plötzlich wurde ihm klar, mit welch übermächtigen Gegnern es Aydrian zu tun hatte, und doch wäre er nicht ihm, sondern Sadye zu Hilfe geeilt.
Wenn sie doch nur seinen Namen gerufen hätte!
Mit einem wütenden Knurren stürzte er ans Geländer vor und erfasste das Geschehen unten im Saal mit einem Blick. Er wollte schon über das Geländer hinwegsetzen und sich die zehn Meter bis hinunter auf den Boden fallen lassen, um Aydrian zu helfen, als ihn abermals etwas innehalten ließ und wieder kam ihm die Stimme bekannt vor.
»Die Welt wäre zweifellos ein freundlicherer Ort, wärt Ihr damals an jenem Tag in Palmaris umgekommen«, sagte Pony.
De’Unnero drehte sich langsam um und blickte in das Gesicht seiner meistgehassten Feindin.
Mal zur einen, mal zur anderen Seite gerissen, je nachdem, in welchem seiner kraftlos ausgebreiteten Flügel sich der Aufwind vor der steilen Felswand verfing, trudelte Pherol an der Abteimauer hinab in die Tiefe.
»Pherol!«, schrie Pagonel dem Drachen ins Ohr. »Ich brauche dich!«
Das dunkle Gestein der Felsklippen rauschte vorbei, die dunklen Fluten der Allerheiligen-Bucht schossen ihnen entgegen.
»Komm wieder zu dir!«, befahl der Mystiker. »Ich brauche dich! Die Welt braucht dich!«
Dort unten, wusste Pagonel, lauerten viel zu viele Felsen, als dass sie hoffen konnten, den Sturz zu überleben. Vorausgesetzt, der Drache war nicht längst tot, denn noch nie war Pagonel Zeuge einer so beeindruckenden Zurschaustellung magischer Kräfte gewesen wie soeben bei dem explodierenden Lichtblitz des jungen Aydrian.
»Pherol!«, brüllte er ein letztes Mal, bevor sie zwischen den brandungsumtosten Felsen zerschmettert werden würden.
Doch plötzlich breitete der Drache seine ledrigen Flügel aus und drückte seinen Rücken durch. Sofort änderte sich der Fallwinkel. Pagonel hätte es fast aus dem Sattel gerissen, als der lotrechte Absturz des Drachen in einen kontrollierten Sturzflug überging und Pherol in rasantem Tempo über die Fluten hinwegglitt.
»Ich brauche dich!«, rief Pagonel in den Wind, doch Pherol schien ihn nicht zu hören.
»Mein Todfeind!«, brüllte der Drache. »Aus längst vergangener Zeit! Der Dämon ist wieder zum Leben erwacht!«
Seine Worte ließen den Mystiker verdutzt in seinen Sattel zurücksinken. »Wovon in aller Welt redest du?«, schrie er.
»So wie damals vor ewig langer Zeit, als Drache und Dämon noch gemeinsam die Welt bevölkerten!«, brüllte der Drache unbeirrt weiter, so als hörte er ihn noch immer nicht.
Pagonel schrie weiter auf ihn ein, bis der Drache ihn endlich zu bemerken schien. Er unterbrach sein Gebrüll für einen Moment und hörte zu.
»Wovon sprichst du?«, wollte der Mystiker wissen. »Dieser junge König Aydrian, ausgebildet von den Touel’alfar, der Menschensohn Elbryans und Jilseponies -«
»Er ist weit mehr als das!«, fiel der Drache ihm ins Wort. »Dieser
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