Schattenelf - 6 - Der letzte Kampf
Tigre fahrenden Schiffes, prallte jedoch vom stark angeschrägten Bug ab, um mit einem Klatschen wirkungslos ins Wasser einzutauchen.
Dann folgte eine zweite Salve der leichten Schiffskatapulte. Diesmal zerplatzten alle zehn brennenden Pechkugeln im Bereich unmittelbar jenseits der Hafenanlagen und der niedrigen Steinwälle. Die Verteidigungsanlagen dort waren massiv, sodass der Beschuss nur wenige Opfer forderte. Die überall umherspritzenden Feuertropfen erwiesen sich für die Invasoren dennoch als überaus nützlich, denn die Verteidiger damit beschäftigt, glimmende Brocken umherspritzenden Pechs auszuschlagen oder sich hektisch neue Stellungen fern des ihnen jede Sicht nehmenden Rauchs zu suchen – waren notgedrungen abgelenkt.
Einige Matrosen an Bord des angeschlagenen Kriegsschiffes nutzen die Gelegenheit, ihren Beschuss fortzusetzen, andere dagegen kappten die Takelage und machten sich daran, das Schiff im beschädigten Bereich der Landungsbrücke fest zu vertäuen.
Mittlerweile hatten auch die anderen sechs vorausfahrenden Kriegsschiffe das Hafenbecken erreicht. Die Inselkatapulte feuerten erneut – eines erzielte einen Treffer hoch oben am Großsegel des Schiffes unmittelbar backbords der Assant Tigre. Die Brände vermochten das Boot jedoch kaum aufzuhalten, und die Mannschaft, eifrig darauf bedacht, an Land zu gehen, schenkte den Flammen hoch über ihren Köpfen ohnehin kaum Beachtung. Rings um die Schiffe wurden zahlreiche Beiboote zu Wasser gelassen. Soldaten kletterten mit geübtem Geschick hinein und verfielen augenblicklich in gleichmäßiges Pullen, um zum Land überzusetzen.
Nur die Assant Tigre behielt ihren Kurs bei, fuhr geradewegs auf die Hafenanlagen zu und begab sich in eine Position genau gegenüber ihres angeschlagenen Schwesterschiffs.
»Meister Stimson!«, rief Graf DePaunch.
»Konzentriert Eure Kräfte, Brüder«, wies Stimson seine sechs abellikanischen Glaubensbrüder an. »Auf das Katapult links neben dem Turm.«
Wachmann Presso rieb sich nervös das Gesicht, während er das Nahen der Schiffe und das sich unterhalb seiner Stellung abspielende Kampfgeschehen beobachtete. Ihm war von Anfang an klar gewesen, dass es unmöglich sein würde, die Insel gegen eine Flotte mit einer solchen Übermacht an Kriegern zu halten. Insgeheim hoffte er jedoch, die gegnerischen Reihen gleich zu Beginn so weit zu lichten, dass ihr Vormarsch ins Stocken geriet, bis man Verhandlungen aufnehmen konnte. Er vertraute voll und ganz darauf, dass seine bestens ausgebildeten Männer dazu in der Lage wären.
Vielleicht gelang es ja einem der Katapulte, noch ein, zwei weitere Schiffe außer Gefecht zu setzen, vielleicht konnten die Bogenschützen die Hafenanlagen für den Rest des Tages halten – tatsächlich gab es nur einen wirklich sicheren Zugang auf die Insel, und der lang gestreckte Pier bot jeweils nur zwei Schiffen gleichzeitig Platz. Wenn es ihm gelänge, diese ersten Augenblicke der Schlacht für sich zu entscheiden, würde sein Gegner gezwungen sein, sein Landungsmanöver ausschließlich per Beiboot durchzuführen – ein sehr viel schwierigeres und zeitraubenderes Unterfangen.
Allen Truppenbewegungen und der überaus bescheidenen Wirkung der zweiten Katapultsalve zum Trotz war Wachmann Presso fest davon überzeugt, dass er und seine Männer im Begriff waren, eben dies zu tun. Wegen seiner Schräglage am zertrümmerten Dock würde sich das Anlandgehen von dem angeschlagenen Segler als schwierig erweisen, und dem zweiten Schiff blieb nur ein schmaler Durchlass, durch den es zu dem zertrümmerten Pier gelangen konnte. Ein wohl gezielter Schuss des Katapults würde den Pier, so glaubte er, endgültig unbetretbar machen.
Wachmann Presso hielt den Atem an. Er wusste, genau dies würden seine Artillerieschützen jetzt versuchen, indem sie das zweite im Anlegen begriffene Schiff als Kugelfang für ihre Geschosse benutzten.
Aber dann entwich Pressos Atem in einem einzigen Stoß, und er riss entsetzt die Augen auf. Sieben scharf umrissene Lichtblitze zuckten von eben jenem Schiff herüber und schlugen allesamt im Bereich rings um das Katapult unterhalb des Turmes zu seiner Rechten ein. Der Wachmann lehnte sich über die Mauerbrüstung und sah zwei Artillerieschützen mit wild rudernden Armen davonstürzen, mehrere andere dagegen – einige bewegten sich noch, andere nicht mehr – lagen ringsumher verstreut am Boden. Über der Wurfmaschine selbst stiegen an mehreren Stellen feine Rauchfahnen auf,
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