Schattenelf - 6 - Der letzte Kampf
bejubelten sie ihren jungen König eben jenen Mann mit Namen Aydrian, der einst in diesem Ort gelebt und dieser Region unter dem Namen Tai’Maqwilloq, der Hüter von Festertool, gedient hatte.
Sadye, eingerahmt von den berittenen Gardisten der wenigen Allheart-Ritter, die sie aus Palmaris begleitet hatten, ritt an Aydrians Seite und schenkte den herumspringenden und jubelnden Dorfbewohnern kaum Beachtung. Ein Trupp Kingsmen war vor diesem triumphalen Aufzug ins Dorf vorausgeritten und hatte Vorkehrungen für Aydrians Sicherheit getroffen. Die übrigen Truppen, mehr als dreihundert an der Zahl, marschierten hinter der kleinen Gruppe um Aydrian zu Trommelklängen, die die schneeige, jedes Geräusch dämpfende Winterluft zerschnitten.
Aydrian selbst sonnte sich in dem Geschehen – mit einer so strahlenden und stolzen Miene, wie Sadye sie bei ihm noch nie gesehen hatte. Natürlich waren sie auch schon zuvor durch Orte wie diesen gekommen, doch hier war alles anders, das spürte Sadye. Hier hatte Aydrian nach seiner Flucht vor den Touel’alfar zum ersten Mal die Erfahrung menschlicher Gesellschaft gemacht. In dieser Ortschaft hatte er die Sprache des Bärenreiches gelernt, hier hatte er auch die anderen mehr oder weniger feinen Sitten und Gebräuche zwischenmenschlichen Umgangs erlernt. In diesem Ort war Aydrian in kürzester Zeit von einem etwas aus der Art geschlagenen jungen Burschen zum Helden geworden, und nun kehrte er als Eroberer zurück.
Mit seinem vor Kälte und Stolz geröteten Gesicht, den rosigen Wangen und den leuchtend roten Lippen, die das prächtige Blau seiner Augen noch betonten, erschien er Sadye in diesem Moment geradezu wie eine Lichtgestalt. Er trug keinen Helm und hatte die Kapuze seines schweren Umhangs zurückgeschlagen, sodass sein goldblondes Haar, ganz zerzaust und ungekämmt, seinen Kopf mit einem fast übernatürlichen Glanz umgab. Alles an ihm erschien Sadye in diesem Augenblick überlebensgroß. Hier war er in jedem Sinn des Wortes ein wahrer König, und allein schon neben ihm zu reiten jagte ihr einen wohligen Schauer über den Rücken.
Ihre Augen ruhten nach wie vor auf ihm, als sie das Ende der Straße erreichten und Aydrian abstieg, um die Dorfältesten zu begrüßen. Er ließ den Blick schweifen und musterte die kleine Gruppe forschend. Seine Bewegungen und der Glanz in seinen Augen verrieten Sadye sofort, dass er die meisten von ihnen wiedererkannte.
»He, Junge, bist du noch immer scharf auf das Schwert vom alten Rumpar?«, wagte einer der Alten einen Scherz, und die Männer neben ihm fingen an zu lachen und zu kichern.
Bis Aydrian sie mit einem warnenden Blick fixierte.
Langsam, sehr langsam, zog Aydrian Sturmwind aus der Scheide an seiner Hüfte, ließ die Klinge vor seinem Körper durch die Luft gleiten und hob sie hoch über den Kopf. Bereits damit erntete er ehrfürchtiges Raunen, das einen Augenblick darauf noch anschwoll, als die blinkende Klinge in züngelnde Flammen ausbrach.
Man musste es Aydrian hoch anrechnen, dass er seine Reaktion auf diese Demonstration beschränkte. Fast augenblicklich ließ er das magische Feuer wieder erlöschen und schob das Schwert in die Scheide zurück.
»Liebe Bürger von Festertool«, begann er und drehte beim Sprechen seinen Oberkörper, um sie alle mit seinem Blick zu erfassen, »Ihr kennt mich noch als Euren Hüter, der Eure Grenzen gegen Straßenräuber und Ungeheuer verteidigte. Jetzt bin ich zurückgekehrt – als Euer König.«
Irgendwo seitlich brach lauter Jubel aus, der dann durch die Reihen der Dorfbewohner brandete und von Sekunde zu Sekunde stürmischer wurde. Zweifellos stachelten die mitten unter den Dörflern stehenden Kingsmen sie dazu an, wie Sadye wusste, aber im Grunde hatte sie den Eindruck, als bedurften die meisten keiner Aufforderung. Ihre Begeisterung wirkte echt, in ihr drückte sich die Hoffnung einer normalerweise nicht beachteten kleinen Ortschaft aus, die miterleben durfte, dass einer aus ihren Reihen den großen Schritt gewagt hatte und zu höchstem Ruhm gelangt war. Sadye fragte sich, ob Jilseponie von den Bewohnern von Dundalis ebenso empfangen worden war, nachdem Danube sie zur Königin gemacht hatte.
Dann zog Aydrian ihre Aufmerksamkeit auf sich, indem er zu ihr herüberschaute. In seinen Augen funkelte Stolz, aber auch noch etwas anderes, eine innere Glut, die Sadye in diesem Moment völlig unerwartet traf.
Instinktiv verschränkte sie die Arme vor dem Körper. Fast war es ein – wenn auch
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