Schattenengel (Contoli-Heinzgen-Krimi)
sprechen.«
Anke konnte bis 15 zählen, ehe Emira zu einem Entschluss kam.
„ Okay, ich könnte ihr höchstens Ihre Visitenkarte bzw. Ihre Nummer geben, dann kann sie selbst entscheiden.«
Anke war nicht zufrieden mit dem Resultat des Gespräches, aber ihr blieb nichts anderes übrig, als zu warten, ob Marianne Elser sich melden würde. „Nicht verzagen«, sagte sie und kämpfte matt gegen ihre aufkommende Niedergeschlagenheit an. Ihre Ehe stand vor dem Aus, das Glück im Job lahmte, vor allem aber wusste sie nicht, was sie überhaupt in nächster Zeit auch nur annähernd Weise zufriedenstellen konnte. Mit finsteren Gedanken lenkte sie den Wagen durch den Bonner Nachmittagsverkehr und würde am liebsten wie Vogel Strauß den Kopf in den Sand stecken. Verletzter Stolz? Sie wollte sich nicht das Herz brechen lassen, gleichwohl wusste sie, dass der aktuelle Stand mit Wolf ihr den Schlaf rauben würde. Wie heißt es: Es gibt Jahre, die Fragen stellen und Jahre die antworten. Nur wusste sie nicht, ob es das Erste oder das Zweite war, was ihr widerfuhr. Wut ist das beste Mittel. Wut. Wolf ist dabei, mich zu betrügen, soll er doch, was er kann, kann ich schon lange, basta!
In der Redaktion lief Trenck wie ein hektischer Gockel durch die Schreibtischreihen und wollte von jedem wissen, wann seine Arbeit fertig sei. Auf alles musste er vor Redaktionsschluss einen letzten Blick werfen. Anke versuchte, still und unbemerkt zu ihrem Arbeitsplatz zu gelangen, versteckte sich hinter ihrem PC und rüstete sich gedanklich für die unweigerlich kommende Frage ihres Chefs. Da sie Emira ihr Wort gegeben hatte, gab es im Augenblick für sie aktuell nichts Aufregendes zu schreiben, außer den zu bearbeitenden Neuigkeiten, die so per Fax, Email und Post in die Redaktion flatterten. Und dazu hatte sie absolut keine Lust. Es war langweilig und eine unbeliebte Arbeit. Zum anderen lebte sie in letzter Zeit gleichmäßig ohne Drive, war verdrießlich und für nichts entflammbar. Sie hätte längst mehr aus der KO-Tropfengeschichte machen können. Hier musste sie sich an ihre eigene Stirn klopfen. Leise stöhnte sie auf. Wäre das doch bloß alles, aber mehr noch besaß sie nach dem knappen Gespräch mit Wolf keinen Funken Hoffnung, dass die Zukunft auf ihr Gemüt positive Impulse aussenden würde. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, wie Trenck sich ihrem Schreibtisch näherte.
„ Na, Anke, auch wieder mal im Stall?«
Oh Gott.
„Was gibt es denn bei dir Interessantes?«
Einen Moment war sie wankelmütig, dann jedoch hob sie ihren Kopf, sah ihren Chef an und lächelte. „Interessantes?« Sie sprang fast aus dem Bürostuhl. „Ich muss los, bin an einer ziemlich heißen Sache dran, das könnte was werden!« Sie war beinahe aus der Tür, als Trenck sie eingeholt hatte.
„ Was heißt das denn? Im Moment ist ja nicht viel mit dir los, sollte sich das etwa ändern?«
„ Es ist schon in der Metamorphose. Bis später!«
Jetzt bin ich völlig übergeschnappt. Was ist bloß in mich gefahren? Nun muss ich auf Biegen und Brechen was liefern. Tränen über ihren Weltschmerz rollten ihr die Wangen herunter. Mit nassen Augen kämpfte sie ihr Fahrzeug durch den Bonner Stadtverkehr. Sie wollte nur noch nach Hause und sich endlich gehen lassen, heulen, was das Zeug hielt und danach wie ein Phönix aus der Asche stiegen und an frische Taten. Mit dem Ausheulen wurde es nichts. Kaum war sie oben in ihrem Appartement angekommen, schlug ihr Handy an.
„ Sind Sie die Journalistin«, fragte eine Mädchenstimme.
„ Richtig.« Anke wusste sofort, wer am Apparat war. Das ging aber schnell.
Mariannes nächste Frage folgte postwendend.
„ Sie haben diese KO-Artikel verfasst, aber ich kann Ihnen nicht mehr sagen als der Polizei. Und darüber haben Sie ja bereits geschrieben.«
„ A ber oftmals fällt einem später noch etwas ein, das können winzige, leicht zu übersehende Details sein.«
Am anderen Ende blieb es länger still.
„ Hallo, bist du noch da?«
„ Ja, ... »
„ Dann denk doch noch einmal nach.«
„ Das Problem ist nur, ich weiß nicht, ob es Realität war oder mir mein Gehirn etwas vorgegaukelt hat. Aber ich meine, lautes Männerlachen gehört zu haben. Es klang verzerrt, teilweise wie in Zeitlupe, dröhnend und weit weg.«
„ Dann waren es mehrere Männer?«
„ Ja, aber ich kann nichts beschwören.«
„ Hast du das der Polizei gesagt.«
„ Nein, da hatte ich das noch nicht auf dem Schirm. Und da gehe ich auch
Weitere Kostenlose Bücher