Schattenengel (Contoli-Heinzgen-Krimi)
bestätigte Laura, „vor allem Macht über uns, mehr noch über mich.«
„ Jetzt reg dich nicht auf. Es wird nicht so bleiben. Alles ändert sich einmal«. Nach einigen Atemzügen schickte er nachdenklich „irgendwie, irgendwann«, hinterher.
Wenn Fabio so sprach, steckte in seinem Kopf bereits ein Plan, dem natürlichen Verlauf der Veränderung etwas Beine zu machen. Er würde sie selbst lostreten.
„ Er könnte uns immer noch verraten«, gab sie trotzdem zu bedenken.
„ Er weiß, dass er damit ebenfalls dran ist. Unser Freund hat doch kein Spatzenhirn. Sein schönes Leben wird er nicht aufs Spiel setzen wollen«, hielt Fabio dagegen.
Laura seufzte.
„ Und das, Laura, ist unsere Sicherheit.«
„ Lass Paola und mich nach Italien gehen.«
Fabio trat auf die Bremse. Zum Glück zeigte die Ampel rot .„ Bist du jetzt komplett verrückt? Bleibt bei Mama.«
Gleich, nachdem sie das Haus betreten hatte, zog sich Lauras Herz zusammen, denn Paola begrüßte sie übermäßig kühl. Trotzdem umarmte Laura sie und begann, ohne es zu wollen, erneut zu weinen.
„ Laura, es ist doch alles gut. Du bist wieder zu Hause«, äußerte Paola noch recht unterkühlt. Doch beim nächsten Satz legte ihre Stimme etwas an Wärme zu. „Und niemals mehr werde ich zulassen, dass du noch mal nachts allein mit derartigen Gedanken aus dem Haus rennst.«
Haus? Eher Gefängnis, dachte Laura unwillkürlich, sodass ihre Beklommenheit zunahm wie gleichermaßen ihr Zorn.
„ Paola, rede doch nicht so daher.«
Laura sah den ungläubigen Blick in den Augen des Mädchens, entsetzt und unerfahren, jugendlich und unschuldig.
„ Laura!«, empörte sich Paola.
„ Entschuldige, mein Schatz, ich wollte nicht so grob sprechen.«
Einige Sekunden später hielt sie die Arme um ihre kleine Schwester geschlungen und für weitere Sekunden genoss sie ein merkwürdig angenehmes Gefühl dabei. Doch dann trat langsam eine Gestalt in ihr Blickfeld und ihr Darm begann zu krampfen.
„ Hallo Laura, sei gegrüßt.«
Die Stimme durchfuhr sie wie ein Dolch. Klaus Nett kam mit ausgebreiteten Armen aus der Bibliothek auf sie zu, im Schlepptau ihre verwirrte Mutter. Hilfe suchend schaute Laura zu Fabio, der an der Hausbar schäumenden Prosecco auf fünf Gläser verteilte. Die ausgebreiteten Arme umschlangen ihren Brustkorb und zogen sie an den Körper des Mannes, den sie hasste wie keinen anderen auf dieser Welt. Angewidert gelang es ihr, sich nach seinem dritten „Willkommen daheim«, aus der Umarmung des Hausfreundes zu befreien, rechtzeitig, um Fabios Willkommenstrunk in Empfang zu nehmen. Hausfreund, dachte Laura, so hat er sich der Journalistin vorgestellt. Die hatte sich nicht mehr gemeldet, weder persönlich mit einer Aufwartung noch anderweitig. Laura wusste, dass sie die Frau durch ihr abweisendes Verhalten vertrieben hatte, obwohl sie sich ihren Besuch hinterher herbeigesehnt hatte. Warum, war ihr selbst nicht klar, aber diese Journalistin strahlte für Laura etwas Wahres, Lebensnahes und ein unkompliziertes Voranschreiten aus. Plötzlich sah sie etwas, dass ihr gar nicht gefiel.
„ Kannst du das nicht lassen«, herrschte sie Klaus an, der seine Arme besitzergreifend um Paola gelegt hatte.
„W a s hast du denn nur immer?«, gluckste Paola, wobei sie sich unter seinen plumpen körperlichen Übergriffen hin und her wand und dabei lachte. „Er macht doch bloß Spaß.«
Laura wurde es schlecht. Einmal mehr empfand sie seine Nähe als Gift für Paola. Widerlich, dachte Laura, während sie Klaus Netts Blick standhielt. Als er ihr zwinkert zunickte, verlor sie beinahe die Fassung. Diese anstößige Kopfbewegung wusste sie zu deuten. Aber er gab Paola frei und trat neben Laura. Sie hielt ihren Kopf stur nach vorne gerichtet, vermied, ihn auch nur annähernd anzusehen. Seine Worte, die er ihr mahnend ins Ohr flüsterte, ließen sie fast erschaudern: „Ich bin wieder soweit, also mach voran, Lauraschatz.«
Sie bemerkte, dass Klaus Nett während seiner Forderung zu Fabio schaute. Er wusste, worum es ging. Doch wie seit Anfang an mischte sich ihr Bruder nicht ein. Laura bedachte ihn mit einem verachtenden Blick. Erneut hätte sie am liebsten herausgeschrien, dass alles seine Schuld sei, weil er seinen Zorn nicht unter Kontrolle gehabt habe. Indes Laura weiter darüber nachsann, wandte sie sich Paola zu und zog sie unwillkürlich ein Stück von Klaus Nett fort in den Raum hinein. Dieses Mädchen, dachte Laura, ahnt nicht, vor welcher Gefahr
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