Schattenengel (Contoli-Heinzgen-Krimi)
war so authentisch und eigentlich nett«, fügte sie traurig hinzu.
Nun starrte der Therapeut sie für einige Sekunden regelrecht an. Was war denn so komisch an ihrer Erzählung?
„ Gut«, sagte er plötzlich mit fester Stimme. „Ich werde versuchen, Ihnen zu helfen. Aber es wird nur klappen, wenn Sie mitmachen.«
Sie nickte fahrig. Seine Verhaltensänderung hatte sie irritiert.
„ Kommen Sie gleich Morgen um 09.00 Uhr.«
Er schrieb ihr den Termin auf einen Zettel. Laura stand mit ausgestreckter Hand bereit, ihn entgegen zu nehmen. Verdutzt bemerkte sie, wie er ihren Namen in sein Terminbuch schrieb. Hatte sie ihn erwähnt? Laura wusste es einfach nicht mehr.
„ Ich bin Laura Koll«, stotterte sie deshalb.
15
Ein Traum? Anke brannte! Flammen quollen ihr aus allen Poren. Sie hätte schreien müssen, stattdessen starrte sie stumm auf ihre Feuer speiende Haut, während Wolf mit einer Art Rute darauf drosch und ihr dabei den Verstand aus dem Kopf schlug. Mit donnerndem Herzschlag fuhr sie in ihren Kissen hoch und betastete panisch ihren Körper. Als sie endlich erkannte, wo sie sich befand, stöhnte sie auf und ließ sich zurückfallen. Puuh! Keine Flammen! Danke! Oh Gott.
Nur zögernd beruhigte sie sich. Der Traum, so glaubte sie, war deutlich. Wolf schlägt mir den Verstand aus dem Kopf. Und erstickt auch noch dabei mein Feuer. Was bin ich für eine Transuse geworden in meinem Kummer mit ihm. Während ihrer Gedanken glitt sie in einen Dämmerzustand. Gegen halb zehn nahm sie dumpf eine Melodie wahr. Die ihr bekannten Töne stiegen aufdringlich an, bevor sie ihre müden Lider hochzog und begriff. Auf dem Laminatboden vor ihrem Bett zitterte unter Vibration das Handy und flutschte ihr einmal durch die Hände, ehe sie es zu fassen bekam. Schlaftrunken meldete sie sich. In der nächsten Sekunde allerdings war sie hellwach. Am anderen Ende war einer ihrer Informanten.
Angespannt lauschte sie, was er zu sagen hatte und wiederholte nur: „Mädchenleiche«, ehe sie ihr Handy ausdrückte. Endlich mal eine gute Nachricht, so makaber es auch ist. Flink zog sie sich an. Spürte das Prickeln, unter dem ihre Journalistenseele erwachte. Mit diesem Gefühl könnte sie selbst als Single weiterleben. Mit altbekanntem Eifer durchjagte sie ihr morgendliches Arbeitsritual. Blick in den Generalanzeiger, der Süddeutschen ... Ein Ohr beim WDR, das andere beim SWR Regional. Schließlich rief sie noch geschwind die über Nacht eingegangen Emails ab. Neben den üblichen Meldungen prägte sie sich ein: Sechzehnjähriges Mädchen seit Mitternacht vermisst. Sonst entdeckte sie nichts von dem, was ihr der Informant gesteckt hatte. Auch bei ihrem obligatorischen Anruf bei der polizeilichen Pressestelle wurde mit keinem Wort vom Fund einer Mädchenleiche gesprochen. Entweder sie wissen es noch nicht oder sie halten sich noch zurück. Es war nicht ungewöhnlich, dass Informanten schneller waren als die Polizei. Ankes nächster Anruf galt Kriminaloberkommissar Dietrich Hauff. Sie selbst hatte längst kombiniert. So schoss Anke nach einem knappen Morgengruß gleich los.
„ W as ist mit dem sechzehnjährigen vermissten Mädchen?
„ Die Vermisstenmeldung kam erst gegen 06.30 Uhr heut morgen rein. Wir sind dabei.«
Klar, das Mädchen war womöglich lediglich für ein paar Stunden abgehauen, hatte beim Freund übernachtet oder Ähnliches. Trotzdem rumorte ein untrügliches Gefühl in ihrer Magengegend. „Was ist mit dem Leichenfund unter der Brücke von Remagen?«
Anke hörte ihn am anderen Ende schnaufen.
„ Woher und wieso weißt du denn das schon?«
„ Meine Informanten sind zuverlässig.«
„ Oh Anke, du bist ...«
Sie sah deutlich vor sich, wie er die Augen zur Bürodecke hinauf rollte.
„ Also, die Polizei, ich hab‘s erst vor zehn Minuten erfahren. Die Leiche wurde doch grade erst gefunden, und es ist noch kein Abgleich mit der Vermissten von den Koblenzer Kollegen gekommen. Das kann Mittag werden.«
„ Dann kümmere du dich doch mal drum, und vor allem, denke mit für deine Kollegen. Dem Mädchen könnte möglicherweise Liquid Ecstasy, auch bekannt unter der Bezeichnung GHB oder KO-Tropfen, verabreicht worden sein.«
Die Verkehrsregeln ignorierte sie, soweit es zu verantworten war. Erst spärlich setzte der morgendliche Berufsverkehr ein, so erreichte Anke knapp zwanzig Minuten später in Remagen das Rheinufer nahe der Fundstelle. Hier parkten bereits etliche Polizeiwagen. Trotzdem quetschte sie ihren Wagen
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