Schattenengel (Contoli-Heinzgen-Krimi)
starrte. Also dort gehört der Schritt nun wirklich nicht hin. Außerdem sieht es total bescheuert aus, regelrecht unattraktiv. Aber ich bin ja kein Maßstab. Erst, als sie die Tanzfläche erreicht hatten, wandte er ihr seine Vorderseite zu und begann, sich zuckend zu bewegen.
„ Was gibt's?«, fragte er, während er nach dem Rhythmus der Musik Schultern und Beine verrenkte. Anke versuchte, es ihm gleich zu tun, gab aber rasch auf, da sie sich bei ihren Verbiegungen absolut lächerlich vorkam.
„ Du kennst doch Petra Busch?«
Der Typ nickte vor sich hin, wobei Anke nicht wusste, ob er mit dem Rhythmus der Musik sein Kinn schwang oder ihre Frage bejahte.
„ Was ist?«, hakte sie deshalb nochmals nach.
„ Ja, die kenn ich, bist du ihre Mutter? Ich hab nichts mit der Petra«, beteuerte er sofort.
Er scheint es noch nicht zu wissen.
„Siehst du nicht fern oder hörst du kein Radio?«
„ Ich hab nach der Arbeit bis eben gepennt. Wieso? War sie im Fernsehen?«
Das auch.
„Sie ist tot.«
Der Wellenkopf erstarrte unvermittelt. Anke griff seinen Arm.
„ Komm mit! Dahinten in der Ecke haben wir etwas Ruhe.«
Auf seine Fragerei, wie was wo passiert war, ging Anke nicht ein.
„ Wie ich weiß, hast du gestern mit ihr am Tresen gesprochen. Ist dir was aufgefallen, ich meine, hast du etwas beobachtet?«
Der junge Mann schüttelte den Kopf.
„ Was sollte ich denn beobachtet haben? Wie ihr jemand heimlich etwas ins Glas schüttet?«, fragte er in einem Ton, als gäbe es so etwas nicht. Aber Anke war elektrisiert.
„ Zum Beispiel«, erwiderte sie besonders betont.
Der Typ sah sie ungläubig an.
„ Mit wem hat sie sonst noch gesprochen?«, drängte Anke, „du musst doch was gesehen haben.« Der Junge machte ein Gesicht, als würde er nichts begreifen. Anke ließ nicht locker.
„ Wer hat neben ihr gestanden?«
„ Ich bin entsetzt«, murmelte der Typ, „sie ist tot? Noch gestern Abend hab ich mit ihr ...«
„ Wie heißt du«, fragte Anke.
„ Rolf Mosbach.«
„ Also Rolf, denke bitte nach, es könnte wichtig sein.«
Doch stattdessen wollte er wissen, ob sie von der Polizei sei.
„ Presse«, gab Anke knapp zurück. „Ich schreibe darüber. Gestern Abend, nachdem sie hier mit dir an der Theke gesprochen hat, ist sie umgekommen. Jetzt frag mich nicht, ob es Mord war. Die Kripo weiß es noch nicht.«
Anke schüttelte ihn leicht.
„ Hey ... jetzt komm zu dir.«
Petras Bekannter schüttelte pausenlos den Kopf. Anke ließ ihm nicht die Zeit, die Nachricht zu verdauen. Sie wollte endlich etwas erfahren, und sei es auch noch so gering.
„ Also ...«, begann Rolf, „erst hat Timmy neben ihr gestanden. Der ist dann mit so ner Tussi ab. Dann haben wir, Petra und ich, eine Runde getanzt und sind zurück an unseren Platz gegangen, ich hab auch nicht so genau ...« Er schlug die Hände vor das Gesicht. „Petra«, murmelte er durch die Finger, „sie war so hübsch. Ich wollte sie immerzu anschauen.«
„ Habt ihr eure Gläser ohne Aufsicht stehen lassen?«
„ Der ein oder andere steht meistens da und wirft nen Blick drauf. Wieso ...?«
„ Wissen Sie, was sich hinter GHB verbirgt?« Rolf nickte. „So was wie Ecstasy, genauer gesagt, liquid Ecstasy.« Nach kurzer Überlegung meinte er weiter. „GHB, also irgendwas mit Gamma-Hydroxybutter... ich glaub ... Buttersäure.«
„ Richtig«, bestätigte Anke, und das wurde bei Petra Busch nachgewiesen«, ließ Anke ihn wissen, „also rede weiter.«
Aber Rolf Mosbach schwieg. Er schaute sie an, als hätte sie mit ihm spanisch gesprochen. Anke gab ihm nun etwas mehr Zeit. Schließlich schüttelte Rolf erneut den Kopf.
„ Glauben Sie denn etwa ...?«
„ Ob ihr das Zeug hier verabreicht wurde oder wo anders, wissen wir leider nicht, aber die Polizei ermittelt. Was weißt du noch?«
„ Ich bin später, so nach ner Weile, aufs Klo, und als ich wiederkam, war Petra weg. Timmy meinte noch, fällt mir jetzt ein, ihr wäre nicht gut gewesen. Ich bin sofort raus und hab geschaut, aber sie war wie vom Erdboden verschwunden. Nicht mal an der Bushaltestelle stand sie, einfach weg. Wohin? Keine Ahnung. Ans Handy ist sie auch nicht gegangen.«
Marianne stand noch immer an der Theke. Anke schob sich auf den Hocker neben ihr.
„ Ist dir etwas Schwarzhaariges aufgefallen?«
Das Mädchen schüttelte den Kopf. „Und Ihnen?«
„ Leider nicht, aber Rolf Mosbach hat mir immerhin etwas erzählt. Ich muss jetzt los, Marianne. Willst du noch bleiben, oder
Weitere Kostenlose Bücher