Schattenengel (Contoli-Heinzgen-Krimi)
die Polizei will sich dann an euch hängen?«
Es kam so etwas wie ein zustimmendes Gemurmel zurück.
„ Wolf ...«, hatte sie aufbegehrt und nach Luft geschnappt, „... du musst das für Hauff und vor allem für die Gerechtigkeit tun. Die Chance ist einmalig. Immerhin geht es um mehrfachen Mord.«
„ Ich riskiere weder für dich mein armseliges Leben, damit du einen tollen Artikel bekommst, noch für Hauff, damit er seine Morde aufklären kann«, hatte er erzürnt gekontert. So war es eine längere Zeit weiter hin und her gegangen, bis sie wissen wollte, für wann denn die Einladung sei. „Morgen Abend. Ich soll an eine bestimmte Handynummer ein Wort senden, worauf hin sie mich zum Treffpunkt leiten würden.«
Und nun schien er den Abend, wahrscheinlich nach einem Schäferstündchen, mit seiner Supervisorin verbringen zu wollen, anstatt die Einladung wahrzunehmen. Danach ist man ja immer hungrig. Ich jedenfalls. Ob sie zum Essen gehen?
Anke biss sich auf die Lippen. Er hatte sich gegen die Einladung entschieden. Und das, obwohl sie ihm gestern Abend im Telefonat inbrünstig nahegelegt hatte, wie feige kneifen sei. Die Leute bestimmt wieder auf ihn zukämen, wenn er sich nicht mehr meldete, nachforschen würden, ob er sie verraten habe.
„ Ja«, hatte er gemeint, „da habe ich auch Angst vor. Aber ich habe ihnen falsche Daten genannt.«
„ Wie naiv bist du eigentlich?«, war ihr daraufhin nur noch eingefallen.
Sie beäugte die beiden so intensiv, dass Anke glaubte, Wolf müsse ihre brennenden Augen in seinem Rücken spüren und sich jeden Moment umdrehen. Statt dessen öffnete er BvP die Wagentür, ging um den Porsche bis zur Fahrertür, drehte den Kopf und warf einen kurzen Blick die Straße hoch. Unsinnigerweise duckte sich Anke, obwohl vor ihr freie Sicht lag. Aber er schien sie nicht zu sehen, stieg ein und fuhr davon. Ihre Augen hafteten an der Stoßstange. Im ersten Augenblick wollte sie zu ihrem Fahrzeug rennen und ihnen folgen. Besann sich aber. Das wäre dumm. Sie spähte in alle Richtungen. Wenn ich nicht sofort ein Taxi bekomme, sind sie weg.
Die Poppelsdorfer Allee war eine viel frequentierte Verkehrsader, da musste doch ein Taxi auftauchen. Während sie die Straße rauf und runter blickte, entdeckte sie im Verkehr das gelb leuchtende Schild auf einem Autodach. Kurz danach rutschte sie mit den Worten „Sie schickte der Himmel« auf den Beifahrersitz und bat den Fahrer gewichtig, den schwarzen Porsche in etlicher Entfernung vor ihnen einzuholen und zu folgen.
Anke war innerlich darauf eingestellt, den Wagen ihres Mannes vor einem schicken Bonner Restaurant anhalten zu sehen, doch es ging aus Bonn raus nach Plittersdorf.
Wolfs Auto parkte vor einem Haus, das direkt vor dem Linksbogen der Straße lag. Wäre das Taxi weitergefahren, sie hatte noch rechtzeitig »Halt« rufen können, hätte Wolf sie leicht darin entdecken können. Durch die Windschutzscheibe sah sie den beiden zu, wie sich Wolf und seine Supervisorin vor der Haustür umarmten. Anke konnte ein Lächeln nicht zurückhalten, derart erleichtert war sie darüber, dass die beiden sich nicht auch noch küssten.
„ Sollen wir dem Wagen weiter folgen, die Frau ist doch jetzt raus?«, fragte der Taxifahrer in ihre Überlegungen. Rasch linste Anke zur Taxiuhr im Rückspiegel der Frontscheibe. Rot blinkten ihr 26,30 Euro entgegen.
„ Weiter«, antwortete sie verbissen.
Wolf fuhr zurück in die Bonner City. An einer Tankstelle in der Römerstraße endete seine Fahrt.
Fast um die Ecke wohnen Hauffs. Seitlich der Tankstelleneinfahrt hielt ihr Taxi. Anke verfolgte, wie Wolf sich aus dem Wagen drehte, auf die Uhr sah und anschließend in alle Richtungen spähte. Rasch drehte Anke den Kopf nach hinten, als suche sie etwas. Als ihr Blick abermals nach vorn zeigte, war Wolf dabei, den Zapfhahn in die Tanköffnung zu versenken. Er kreuzte danach die Arme über der Brust, als ginge ihn der Vorgang nichts mehr an. Viel Sprit schien der Wagen nicht zu benötigen, denn nach kurzer Zeit landete der Zapfhahn wieder in der Halterung. Auf einmal schien Wolf es eilig zu haben. Hastig schloss er den Tankdeckel und war bereits mit dem ersten Schritt auf den Weg zum Tankshop. Anke zögerte. Das ist die Gelegenheit.
„ Bin gleich wieder da«, warf sie dem Taxifahrer zu und kroch aus dem Wagen. Holte tief Luft und schritt energisch auf den Eingang zu. Sei selbstbewusst! Du bist Anke, die unerschrockene, großartige Anke, die wundervolle ...
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