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Schattenfall

Schattenfall

Titel: Schattenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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Rüstung grell aufstrahlen. Serwë schrak in ihre Deckung zurück.
    »Sie scheinen nicht recht zu wissen, wohin«, sagte sie.
    »Sie haben unsere Spur auf dem steinigen Boden verloren«, antwortete Cnaiür grimmig. »Jetzt werden sie weiter unten im Tal nach dem Weg suchen, den wir eingeschlagen haben.«
    Der Scylvendi beschleunigte das Tempo. Mit den Packpferden im Schlepp donnerten sie durch den Wald. Der Häuptling führte sie wellige Hänge hinab, bis sie an einen flachen Bach mit Kiesbett kamen.
    Dort änderten sie ihre Richtung und ritten mit der Strömung am Ufer entlang und ab und an auch durch den Bach, bis er in einen viel größeren Fluss mündete. Es wurde kühl, und das Abendgrau hatte selbst die Lichtungen schon beinahe ins Dunkel getaucht.
    Mehrmals hatte Serwë geglaubt, hinter sich die Kidruhil im Wald rufen zu hören, doch das ständige Rauschen erst des Bachs, dann des Flusses ließen sie da nie sicher sein. Und doch verspürte sie seltsamerweise keine Angst. Zwar war die Hochstimmung, die sie den Großteil des Tages verspürt hatte, verschwunden – das Gefühl der Unausweichlichkeit aber war geblieben. Kellhus ritt neben ihr, und sein beruhigender Blick traf sie stets dann, wenn ihr der Mut zu sinken begann.
    Du hast nichts zu befürchten, dachte sie dann. Denn dein Vater reitet mit uns.
    »Diese Wälder«, sagte der Scylvendi und hob die Stimme, um über das Rauschen des Flusses hinweg verstanden zu werden, »gehen demnächst in Weideland über. Wir reiten so weit wie möglich in die Nacht und sitzen erst ab, wenn es für die Pferde oder für uns zu gefährlich wird. Diese Verfolger sind nicht wie die anderen, sondern zu allem entschlossen, weil sie davon leben, meine Leute in diesen Wäldern aufzuspüren und zu bekämpfen. Sie werden nicht aufgeben, ehe sie uns zur Strecke gebracht haben. Aber wenn wir erst aus dem Wald sind, haben wir den Vorteil zusätzlicher Pferde. Die werden wir reiten, bis sie tot unter uns zusammenbrechen. Wir haben nur eine Chance: Wir müssen so schnell am Phayus entlang flussabwärts reiten, dass wir den Boten“, die unser Kommen melden, stets voraus sind. Nur dann besteht Hoffnung, dass wir das Heer des Heiligen Kriegs unbehelligt erreichen.«
    Unter Cnaiürs Führung ritten sie am Fluss entlang, den das Mondlicht bald in ein quecksilbernes Band verwandelt hatte, das sich zwischen bläulichen Felsen durch den düster dräuenden Wald zog. Nach einiger Zeit sank der Mond immer tiefer, und immer öfter stolperten und scheuten die Pferde. Fluchend ließ der Scylvendi halten, nahm den Tieren schweigend ihre Last ab und warf sie in den Fluss.
    Zu schwach, um auch nur ein Wort herauszubringen, stieg Serwë ab, streckte sich in der Abendkälte und sah kurz zum Nagel des Himmels auf, der aus Wolken schwächerer Sterne glitzernd hervorstach. Dann blickte sie den Weg zurück, den sie gekommen waren, und sah ein ganz anderes Glitzern: eine Reihe im Wasser gespiegelter Lichter, die langsam den Fluss entlang krochen.
    »Kellhus?«, sagte sie, und ihre Stimme krächzte nach dem langen Schweigen.
    »Ich hab sie schon gesehen«, gab Cnaiür zurück und schleuderte einen Sattel weit in den rauschenden Fluss. »Verfolger haben eben den Vorteil, dass sie bei Nacht Fackeln anzünden können.« Serwë merkte, dass in seiner Stimme plötzlich eine nie gehörte Unbefangenheit lag: das Behagen des Handwerkers, der in seinem Element war.
    »Sie haben aufgeholt«, stellte Kellhus fest. »So schnell, wie sie sind, können sie unsere Spur unmöglich auf Schritt und Tritt im Auge behalten. Sie folgen einfach nur dem Fluss. Vielleicht können wir daraus einen Vorteil ziehen.«
    »Du hast keine Erfahrung in solchen Dingen, Dunyain.«
    »Du solltest auf ihn hören«, kommentierte Serwë aufgebrachter als beabsichtigt.
    Cnaiür drehte sich zu ihr um. Zwar lag seine Miene im Dunkeln, doch sie spürte seine Wut. Die Männer der Scylvendi duldeten keine zänkischen Frauen.
    »Der einzige Weg, daraus einen Vorteil zu ziehen«, antwortete er mit kaum verhohlenem Zorn, »wäre, sich quer durch den Wald zu schlagen. Sie würden weiter dem Fluss folgen und unsere Spur vielleicht völlig verlieren, bei Sonnenaufgang aber ihren Fehler bemerken. Dann müssten sie den Weg, den sie gekommen sind, wieder zurückgehen – aber nicht alle. Sie wissen, dass wir auf jeden Fall Richtung Osten reisen. Also wäre ihnen klar, dass sie uns überholt haben. Darum würden sie Boten flussabwärts schicken, um unser Kommen

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