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Schattenfall

Schattenfall

Titel: Schattenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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ihm der entscheidende Hinweis nicht entgehen würde. Und einem guten Kundschafter entging der nie.
    Diesmal allerdings zeigte sich die Unzulänglichkeit seiner Methode von Anfang an. Noch nie hatte Achamian jemanden wie Anasûrimbor Kellhus getroffen.
    Da war zunächst seine Stimme, in der stets eine gewisse Verheißung zu liegen schien. Manchmal musste Achamian sich richtiggehend anstrengen, ihm zuzuhören, und zwar nicht, weil sein Gesprächspartner nuschelte oder sein Akzent das Verständnis fast unmöglich machte – dafür, dass Kellhus gerade erst angelangt war, sprach er im Gegenteil bemerkenswert flüssig –, sondern weil seine Stimme verlockende Obertöne besaß, die zu flüstern schienen: Hinter dem, was ich dir sage, steckt mehr… Hör nur aufmerksam zu – dann wirst du es herausfinden.
    Dann war da sein Gesicht mit den freimütigen Zügen. Um seine Miene spielte eine Unschuld, die ihn seine Gefühle mit der unvermittelten Direktheit junger Menschen zeigen ließ, wobei Achamian diese Unschuld keinesfalls für naiv hielt. Der Mann schien in harmlosem Wechsel mal vernünftig, mal ausgelassen und mal traurig, als ob er seine und anderer Leute Leidenschaften erstaunlich unmittelbar erleben würde.
    Dann waren da seine Augen, die im Schein des Feuers sanft strahlten und so herrlich wasserblau waren, dass man Durst bekam. Diese Augen schienen Achamian jedes Wort von den Lippen zu lesen, als wären seine Ausführungen so wichtig, dass man ihnen nie genug Aufmerksamkeit schenken konnte. Und doch war Kellhus’ Blick zugleich merkwürdig zurückhaltend, aber nicht wie bei einem Menschen, der – wie Proyas – zu Urteilen kommt, die er nicht auszusprechen wagt, sondern wie bei jemandem, der in der Gewissheit lebt, es sei nicht an ihm, andere zu beurteilen.
    Doch am meisten Respekt flößte Achamian ein, was der Mann sagte.
    »Warum habt Ihr Euch eigentlich dem Heiligen Krieg angeschlossen?«, fragte der Hexenmeister in dem halbherzigen Versuch, das, was Kellhus Proyas zu diesem Thema gesagt hatte, noch immer für gelogen zu halten.
    »Wollt Ihr auf meine Träume hinaus?«, fragte Kellhus.
    »Vermutlich.«
    Der Prinz von Atrithau sah ihn kurz väterlich und beinahe traurig an, als müsste Achamian die Regeln ihrer Begegnung erst noch begreifen.
    »Vor den Träumen war mein Leben eine einzige Träumerei«, erklärte er. »Der Traum, nach dem Ihr fragt – der Traum vom Heiligen Krieg –, ist einer gewesen, der erweckt hat und das frühere Leben zu einem Traum hat werden lassen. Was tut man nach so einem Traum? Wieder schlafen gehen?«, fragte er lächelnd.
    Auch Achamian lächelte. »Könntet Ihr das?«
    »Wieder schlafen gehen? Nein, niemals – auch wenn ich wollte. Schlaf lässt sich nicht herbeizwingen. Man kann ihn nicht wie einen Apfel nehmen, um seinen Hunger zu stillen. Schlaf ist wie Ignoranz oder Nachlässigkeit… Je mehr man danach strebt, desto weiter weicht er zurück.«
    »Wie die Liebe«, fügte Achamian hinzu.
    »Wie die Liebe«, bestätigte Kellhus leise und sah Serwë dabei kurz an. »Und warum habt Ihr – ein Hexenmeister – Euch dem Heiligen Krieg angeschlossen?«
    Diese Frage erwischte Achamian unvorbereitet, und er beantwortete sie offener als beabsichtigt.
    »Das weiß ich nicht… Wahrscheinlich, weil mein Orden mich geschickt hat.«
    Kellhus lächelte sanft, als würde er den Schmerz kennen, der in dieser Antwort mitschwang. »Aber zu welchem Zweck seid Ihr hier?«
    Achamian biss sich auf die Lippe, zuckte ansonsten aber nicht vor der beschämenden Wahrheit zurück. »Wir suchen nach einem alten und unerbittlichen Bösen«, antwortete er langsam und mit dem Groll eines Menschen, der schon oft verspottet wurde. »Einem Bösen, das wir seit mehr als dreihundert Jahren nicht finden können. Und doch suchen uns Nacht für Nacht in unseren Träumen die Schrecken heim, die jenes Böse einst herbeigeführt hat.«
    Kellhus nickte, als habe selbst dies krause Eingeständnis eine gewisse Entsprechung in eigenen Erfahrungen. »Es ist schwer, nach Dingen zu suchen, die man nicht sieht, stimmt’s?«
    Diese Worte erfüllten Achamian mit unerklärlicher Trauer.
    »Sehr schwer.«
    »Vielleicht, Achamian, sind wir zwei uns recht ähnlich.«
    »Wie meint Ihr das?«
    Doch Kellhus antwortete nicht. Er brauchte es nicht. Er hatte, wie Achamian begriff, die Skepsis seines Gesprächspartners gespürt und dadurch beantwortet, ihm die Ironie eines von Träumen gequälten Menschen aufzuzeigen, der einem

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