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Schattenfall

Schattenfall

Titel: Schattenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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Flankenschutz nutzte. Im nächsten Moment hetzten die Sklaven los, um das Feuer zu löschen, das sie erst kurz zuvor geschürt hatten. Andere eilten zwischen den Zelten herum, um jede offene Flamme, die sie finden konnten, zu ersticken.
    Der Mob und die Scharlachspitzen waren nun fast bei ihnen.
    Die Soldaten des Xinemus hatten sich untergehakt, und die ersten Aufrührer rotteten sich mit rot angelaufenen Gesichtern kampflustig vor ihnen zusammen. Zuerst liefen sie nur kreuz und quer durcheinander und brüllten in vielen Sprachen Beleidigungen. Doch je näher der Zug kam, desto mehr wurden sie. Und dreister wurden sie auch. Achamian sah einen Thunyeri mit wildem Haarschopf Schläge austeilen, ehe er von seinen Kameraden gebremst wurde. Andere hakten sich nach dem Vorbild der Soldaten scharenweise unter und wollten deren Linie durchbrechen. Xinemus setzte die wenigen Männer, die er zur freien Verfügung hatte, dort ein, wo das Geschiebe und Gedränge besonders stark war, und konnte jedenfalls vorläufig einen Durchbruch abwenden.
    Die Standarte der Scharlachspitzen kam näher, stockte, kam wieder ein Stück näher und blieb erneut stecken. Über den Köpfen der Menge sah Achamian kurz, wie sich polierte schwarze Fahnenmasten hoben und senkten, als wäre ein riesiger Tausendfüßler auf dem Rücken gelandet. Dann sah er, dass sich die Javreh – die Kriegersklaven der Scharlachspitzen – mit grimmiger Entschlossenheit einen Weg nach vorn bahnten. Mit ihnen rückte auch die rätselhafte Sänfte weiter vor.
    Wer mochte sich darin befinden? Wer wäre dumm genug…
    Plötzlich brach eine Schar Javreh keilförmig durch den Mob und stand den Männern des Xinemus nun Aug in Auge gegenüber. Die Soldaten waren einen Moment lang verwirrt, und Xinemus hetzte zu ihnen, um die Lage zu klären. Dahinter schwankte die Sänfte, weil die Träger schwer gegen von allen Seiten massiv andrängende Leiber zu kämpfen hatten. Die dreiköpfige Schlange wehte in der Brise, stand ansonsten aber unbewegt aufrecht. Dann strömten erschöpfte Javreh mit Prellungen und blutenden Wunden durch die von den Soldaten des Xinemus eben noch gehaltene Linie. Einige Männer mussten sogar regelrecht getragen werden. Die Sänfte folgte ihnen wie ein Boot, das durch einen gebrochenen Deich schießt. Der Marschall beobachtete die Szene wie vom Donner gerührt.
    Dann schien alles auf sie einzuhageln: geplünderte Teller, Weinkelche, Hühnerknochen, Steine und sogar der Kadaver einer Katze, vor dem Achamian sich ducken musste.
    Von dem ganzen Aufruhr offenbar unbeeindruckt, senkten die Sklaven ihre Last behutsam ab, indem sie sich hinknieten, bis sie mit der Stirn den Boden berührten und die Sänfte auf ihren braungebrannten Rücken ruhte.
    Der Hagel ließ nach, und immer seltener ertönte Geschrei. Achamian fiel auf, dass er den Atem anhielt. Ein Hauptmann der Javreh schob einen Sichtschutz aus Korbgeflecht beiseite und fiel dann auf die Knie. Ein Fuß in einem purpurroten Pantoffel tauchte auf, dem die bestickten Falten eines prächtigen Gewands folgten.
    Für einen Augenblick war es vollkommen still.
    Es war Eleäzaras persönlich, der da ausstieg – der Hochmeister der Scharlachspitzen und eigentliche Herrscher von Ainon.
    Achamian war wie vor den Kopf geschlagen. Der Hochmeister? Hier? Unglaublich!
    Einige in der aufgebrachten Menge wussten offenbar, wie er aussah. Ein Gemurmel lief durch den Mob, das erst anschwoll, dann leiser wurde, als den Leuten aufging, was für ein Ereignis sie miterlebten. Sie standen einem der mächtigsten Männer im Gebiet der Drei Meere gegenüber. Nur der Tempelvorsteher und der Padirajah konnten mehr Macht für sich beanspruchen als der Hochmeister der Scharlachspitzen. Ob Gotteslästerer oder nicht: Ein Mann von solcher Macht nötigte ihnen Respekt ab, und dieser Respekt gebot Stille.
    Eleäzaras überflog die Zuschauer mit amüsiertem Blick und wandte sich dann Achamian zu. Der Hochmeister war groß und wirkte für einen schmalen, grazilen Mann sehr stattlich. Er ging wie auf dem Schwebebalken, setzte einen Fuß vor den anderen, hielt die Unterarme in den Ärmeln verschränkt, wie es bei den Zauberern aus dem Osten bei formellen Anlässen üblich war, und blieb in der vom Jnan vorgeschriebenen Entfernung stehen, um Achamian mit leichter Verbeugung zu begrüßen. Dabei sah der Mandati seine braungebrannte Kopfhaut unter schütterem grauem Haar, das im Nacken sorgfältig zum Knoten geflochten war.
    »Ihr müsst die

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