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Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz

Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz

Titel: Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alf Leue
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erblickte ich einen Bettelmönch des Prämonstratenserordens. Warum er gerade mich ausgewählt hat, kann ich bis heute nicht erklären.“
    Petz nahm einen weiteren Schluck und wischte sich den Mund mit dem Ärmel ab. „Was hatte ich zu verlieren? Ich zog also mit ihm durch die Lande. Er predigte und ich bettelte für uns beide. Im Winter war es hart, im Frühling und im Sommer auch wunderschön. Es war eine entbehrungsreiche Zeit, aber auch eine Zeit, die ich niemals missen will. Und Bruder Franciscus war ein überaus geduldiger und gebildeter Mann. Er sprach, wenn auch mit einem eigentümlichen Akzent, fließend Latein, Griechisch, Arabisch, Deutsch, Italienisch und Französisch. Er war von vornehmer Abstammung, hatte aber allem entsagt, um die Reinheit der einzigen Wahrheit zu erlangen. So hat er es mir zumindest immer erzählt. Durch ihn habe ich die Bibel und die Wissenschaften kennengelernt, die Astronomie, die Philosophie und die Medizin. Und er hat es verstanden, meinen Blick für die Tugenden der Wahrheit und der Gerechtigkeit zu schärfen. Irgendwann, nach etwa drei Jahren Wanderschaft, meinte er, er habe nun genug gesucht und wolle in sein Kloster zurückkehren. Nach was er gesucht hatte, hat er mir nie verraten, aber er nahm mich mit nach Lorsch.
    Im Kloster Lorsch erhielt Franciscus vom Abt aufgrund seiner Bildung und seiner Sprachkenntnisse den Auftrag, wichtige Botschaften des Ordens als Gesandter in andere Prämonstratenserklöster zu überbringen – nach Spanien etwa, nach Frankreich und auch Italien. Franciscus wählte mich als seinen Diener aus und so begleitete ich ihn. Du kannst dir gar nicht vorstellen, was ich alles gesehen und erlebt habe. Fünf lange Jahre zogen wir durch ganz Europa und er wurde mir fast wie mein leiblicher Vater. Doch das Glück fand ein jähes Ende: Denn als wir schließlich nach Lorsch zurückgekehrt waren, durfte ich die ach so barmherzige Kirche in all ihrer Pracht und Gerechtigkeit kennenlernen.
    Es waren die Jahre nach den blutigen Kreuzzügen gegen die aufständischen Hussiten in Böhmen, in denen die Kirche mit unnachgiebiger Härte gegen alle reformatorischen Bewegungen vorging, die sie natürlich als abweichlerisch und ketzerisch bezeichnete. Ein Mönch, der zu frei dachte, predigte und disputierte, geriet da schnell in den Verdacht der Häresie, der falschen Auslegung der Lehre.
    1442 kam also eine Abordnung von Dominikanern aus Rom nach Lorsch, um einen theologischen Disput um die Spendung der heiligen Sakramente zu führen, an dem auch Franciscus aufgrund seines Wissens und seiner Erfahrung teilnehmen sollte. Er wusste allerdings nicht, dass dieser Disput ein abgekartetes Spiel und einer der päpstlichen Gesandten ein Inquisitor war. Ich erinnere mich nicht mehr an alle Themen, die dabei besprochen wurden. Unter anderem stritten die Teilnehmer des Disputs darüber, welches die einzig richtige, gottgewollte Form des Abendmahls sei. Besonders tat sich dabei ein hinterhältiger und eiskalter päpstlicher Legat hervor, der es aus für mich bis heute unerfindlichen Gründen offenbar auf Bruder Franciscus abgesehen hatte. Es war ein junger, vom Ehrgeiz zerfressener italienischer Dominikaner, ein Teufel, der nur auf eine Gelegenheit wartete, Franciscus auszuschalten. Und die bekam er leider auch.
    Im Laufe des Disputs nämlich konnte sich Franciscus nicht zurückhalten und wetterte gegen die Banalität der aufgeworfenen Fragen. Daraufhin wurde er von diesem Dominikaner, der sich nun als Inquisitor zu erkennen gab, der Häresie angeklagt und gefoltert. Nach einem grotesken Schauprozess verurteilte er Franciscus als Ketzer und wollte ihn verbrennen, Berthold! Und keiner, nicht ein einziger seiner frommen Mitbrüder hat sich schützend vor ihn gestellt! Weil sie alle nur die Rettung ihrer eigenen Haut und nicht etwa den wahren Glauben und die Wahrheit im Sinn hatten. Sie haben ihn verraten, die Kirche hat ihn verraten.“
    Mit zittriger Hand trank Petz sein Bier aus. Erregt fuhr er fort: „Mich hätten sie auch fast erwischt, doch ich hatte Glück, denn ich hatte keine Bedeutung für die Inquisition. Sie sprachen mich frei, nachdem ich verhört wurde, was auch kein Spaß war, das kannst du mir glauben. Jedoch warfen mich diese frommen Brüder aus dem Kloster. Das ist jetzt viele Jahre her, aber die Fratze und den Namen dieses verdammten Halunken habe ich nie vergessen! Sarenno di San Pietro! Ich bete seitdem, dass ich diesen Teufel von Inquisitor nochmals in die

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