Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz
eine bewaldete Biegung geführt hatte, mussten sie plötzlich innehalten. Am rechten Wegrand stand ein kleiner, armseliger Waldhof. Genau davor hatte sich ein mit Holz beladener Wagen, vor dem sich ein Pferd vergeblich mühte, im matschigen Boden festgefahren. Ein Bauer und sein Knecht schoben und zerrten an ihm und schimpften wie die Kesselflicker. Doch immer wenn sie das Rad des Wagens ein Stück aus der schlammigen Kuhle herausgewuchtet hatten, rutschte es wieder hinein.
Etwas abseits stand ein etwa achtjähriger Junge, offensichtlich der Sohn des Bauern. Sein hagerer Körper steckte in zerschlissenen Kleidern und seine Füße waren nur mit Lappen umwickelt. Interessiert und mit großen Kinderaugen schaute er auf die ächzenden und fluchenden Männer.
Sarenno di San Pietro begriff, dass sie hier nicht einfach vorbeireiten konnten. Nun war es um ein unbemerktes Fortkommen geschehen und der Abend brach bereits an. Noch eine weitere Nacht wollte er nicht durchreiten. Ihr Vorsprung schien ihm zudem ausreichend zu sein, um das Risiko einiger Stunden Rast eingehen zu können. Er nickte daher Nymandus wortlos zu, der sofort aus dem Sattel glitt, sein Schwert ablegte, zu den schwitzenden Männern ging und mit ihnen begann, am Wagen zu schieben. Dieser bewegte sich deutlich und das Rad kam schon nach wenigen Versuchen erfolgreich aus der Kuhle. Als der von der Anstrengung schwer atmende Bauer und sein Knecht wieder etwas zu Luft gekommen waren, bedankten sie sich überschwänglich bei ihren Helfern.
Sarenno di San Pietro lenkte sein Pferd auf die Männer zu und fragte sie nach einer abgelegenen Unterkunft für die Nacht. Da sah Berthold seine Gelegenheit: Er zischte leise zwischen den Zähnen zu dem Jungen am Wegrand. Der Junge wandte sich zu ihm um und lächelte.
„Komm ein wenig näher“, flüsterte Berthold mit unbewegten Lippen, „aber sieh mich nicht an, dann soll es dein Schaden nicht sein!“
Der Junge sah verwundert auf Berthold, tat aber, wie dieser ihm geheißen hatte und ging, ohne den Blick von dem Wagen und den Männern abzuwenden, seitwärts drei Schritte auf ihn zu.
„Nicke, wenn du mich verstehst.“
Der Junge nickte.
„Hör mir zu. Es ist ganz wichtig und ich will dich reich entlohnen, wenn du mir einen Gefallen tust. Willst du das tun?“
Der Junge nickte wieder.
„Ich verspreche dir zehn Silbermünzen, wenn du tust, um was ich dich bitte.“
Aufgeregt und mit weit aufgerissenen, ungläubigen Augen starrte der Junge Berthold an, als er dies hörte. So viel Geld konnte er sich kaum vorstellen. Berthold erschrak und blickte rasch zu Nymandus und Sarenno di San Pietro hinüber. Doch Nymandus hatte ihm den Rücken zugewandt und der Legat bemühte sich, freundlich mit dem Bauer und seinem Knecht zu sprechen. Erleichtert zischte Berthold grob: „Dreh dich weg, sonst bekommst du gar nichts!“
Sofort wandte der Junge eingeschüchtert den Blick von Berthold ab.
„Diese beiden Männer haben mich entführt und wollen mich töten, obwohl ich nichts Unrechtes getan habe. Darum möchte ich, dass du mir hilfst und auf meinen Freund wartest, der bald hier vorbeikommen wird. Er heißt Petz. Du wirst ihn sofort erkennen. Er ist riesengroß, hat nur ein Auge und sieht furchtbar aus. Aber du brauchst keine Angst vor ihm zu haben, denn er ist ein guter Mensch. Beobachte den Weg von eurem Hof aus genau. Lausche auch nachts. Ich weiß nicht genau, wann mein Freund kommt, aber er wird sicher kommen. Sage ihm, dass sein Freund Berthold hier war und er auf dem richtigen Weg ist. Sage ihm auch alles, was du jetzt hier gehört und gesehen hast. Hast du das verstanden?“
Wieder nickte der Junge.
„Wenn du das machst, dann sage meinem Freund auch, dass ich dir die zehn Silbermünzen versprochen habe. Wenn du das tust, wird er sie dir geben. Ich verspreche es dir bei Gott dem Allmächtigen. Glaubst du mir und wirst das für mich tun?“
Der Junge zögerte ein wenig, nickte aber dann, da er nicht vermutete, dass jemand einen solchen Schwur zu brechen wagen würde.
„Gut. Ich danke dir. Und nun geh wieder ein wenig näher an den Wagen und versuche aufzuschnappen, was du kannst, damit du es meinem Freund weitersagen kannst. Geh schon, rasch!“
Der Junge begab sich sofort näher an den Wagen und lauschte dem Gespräch. Kurz darauf saß Nymandus wieder auf und Sarenno di San Pietro bedeutete Berthold mit einem herrischen Nicken, dass es nun weiterginge. Berthold gab seinem Pferd einen leichten Schenkeldruck
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