Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz
schon lange nicht mehr. Er wusste, dass ich ihn mit allen Mitteln suchen würde. Er wusste einfach zu viel, war zu mächtig. Und er meinte, er könne mich täuschen, wenn er den Lahmen spielte, denn nach einem, der lahmt, würde ich sicher als letztes suchen. Und es ist ihm zugegebenermaßen auch lange geglückt, sich so vor mir zu verbergen. Er hat dich sogar vor mir gefunden. Wie ich schon sagte, er war sehr begabt. Und hätte er nicht versucht, sich wieder in meine Angelegenheiten einzumischen, dann wäre es ihm vielleicht auch gelungen, sich weiter verborgen zu halten.“
„Er hat versucht, sich einzumischen?“, fragte Berthold mit Interesse.
„Ja. Der Vater dieser unbedeutenden Metze aus Langen“, Sarenno di San Pietro lachte verächtlich, „Kufner, ja, so heißt er wohl, dieser Mann stand seit jeher in enger Verbindung zu Graf Diether von Ysenburg. Er war sogar ein Spion in seinen Diensten. Du wunderst dich, woher ich das wissen kann? Nun, ich weiß vieles und Nassaus Spitzel sind verlässliche Leute. Francisco wusste auch davon. Er hatte die Gabe – und er wusste noch mehr. Er wusste, dass ich die Fehde, die sich gegen Ysenburg anbahnte, nutzen wollte, um einen gefügigen Fürsten mehr mithilfe meiner Position an die Macht zu bringen. Im Gegensatz zu Ysenburg hatte Adolph von Nassau mich als päpstlichen Legaten akzeptieren müssen, denn zu groß war seine Gier nach dem Titel und der Macht eines Kurfürsten. Aber er brauchte dafür die Rückendeckung aus Rom und somit mich als klerikalen Unterstützer. Doch Francisco hat sich zu weit vorgewagt, denn auch Nassau hat seine Spione und Verbündeten, die ihm jede Auffälligkeit mitteilen.“
„Etzelroth!“, platzte Berthold heraus. Fast hätte er diesen Lumpen doch vergessen, bei all dem, was sich seit seiner Flucht aus Langen zugetragen hatte.
„Ja, richtig. Der Dreieichenhayner Vogt. Ein durchschaubarer Mann mittleren Talents, aber verlässlich und machthungrig. Ein braver Diener. Jedenfalls war es so nur eine Frage der Zeit, bis die Gegebenheiten in Langen an mein Ohr drangen und mir klar wurde, wer dieser arme Tagelöhner wirklich war. Und damit war sein Schicksal besiegelt.“
„Ist das also die große Sache, von der Ihr spracht?“, wollte Berthold wissen.
„Die große Sache? Nein, dies ist nur ein Teil davon, ein Stück des Weges, wenn auch ein wichtiges. Die große Sache geht weiter – und auch du hast deinen Platz darin. Der Orden der Brüder des Schwans muss wieder wachsen und noch mehr an Einfluss gewinnen. Aber dies ist nur über die Politik möglich.“
Sarenno di San Pietro machte eine kurze Pause. Seine Stimme nahm einen beschwörenden Klang an, als er weitersprach: „Sei einer von uns, Berthold, und du wirst dich schon bald in einer Schlüsselposition wiederfinden. Du wirst beim kurfürstlichen oder gar dem kaiserlichen Hof großen Einfluss haben. Du wirst teilhaben an der Macht im Kaiserreich und dein Leben lang für die richtige Sache eintreten. Und wir werden mit deiner Hilfe weitere finden, die unsere Gabe in sich tragen. Wie ein Netz werden sich unsere unsichtbaren Verbindungen über alles legen. Das ist die große Sache!“
Sarenno di San Pietro hatte sich so in Feuer geredet, dass er nicht bemerkte, wie Berthold verächtlich lächelte.
„Ein verlockendes Angebot, aber ich muss noch mehr über die Ahnungen wissen. Was hat es mit den Kräutern auf sich, die Franz mir durch meine Mutter gegeben hat?“
„Ja, deine Mutter. Eine tapfere Frau. Als ich sie sah, da war mir klar, dass ihr Sohn der Richtige sein musste für unsere Sache.“
Bevor di San Pietro fortfahren konnte, betrat Nymandus die Scheune. Er räusperte sich und sagte: „Verzeiht, Monsignore. Habt Ihr noch Befehle? Ansonsten würde ich draußen Posten beziehen.“
„Nein. Geh und sei wachsam. Irgendetwas liegt in der Luft. Vielleicht bekommen wir bald Besuch.“
Nymandus’ Schwert glitt mit einem metallischen Geräusch aus der Scheide. „Ich werde wachen. Verlasst Euch auf mich, Monsignore!“ Dann verbeugte er sich und ging nach draußen, um sich an das kleine Feuer zu setzen, das er entfacht hatte. Sein Schwert legte er griffbereit neben sich.
Sarenno di San Pietro wandte sich wieder Berthold zu. „Die Kräuter sind ein Medium. Sie berauschen dich und stoßen ein Tor in eine andere Welt auf. Manche werfen dich nieder, andere verlangsamen den Herzschlag und wieder andere duften einfach nur gut. Doch das Ergebnis ist eine Reise in die
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