Schattenfeuer
bis sie den Waldrand dahinter erreichten. Und die ganze Zeit über wurde Rachael das Gefühl nicht los, daß sie irgend je mand - irgend etwas - verfolgte. Unterwegs blieben sie sechsmal stehen, um nach verdächtigen Lauten zu horchen.
Gut zehn Meter hinter der Hütte, unmittelbar am Rand der Baumlinie, deren purpurne Schatten sie verbargen, duckten sie sich hinter einige Granitblöcke, die den gesplitterten Zähnen eines Titanen gleich aus dem Boden ragten. »Offenbar gibt es hier viele Tiere«, hauchte Ben. »Die Geräusche, die wir hörten, stammen bestimmt von ihnen.«
»Was für Tiere?« fragte Rachael leise.
»Eichhörnchen, Füchse. Und in dieser Höhe... Vielleicht sogar Wölfe. Es kann unmöglich Eric gewesen sein. Nein, das ist ausgeschlossen.« Ben schüttelte den Kopf. »Er hat nicht das Überlebenstraining, um sich so gut und so lange zu verstecken. Wenn es Eric gewesen wäre, hätte ich ihn früher oder später entdeckt.«
»Tiere«, sagte Rachael skeptisch.
»Genau. Tiere.«
Die junge Frau drehte sich um, preßte den Rücken an den harten Stein hinter ihr, sah an den borkigen Baumstämmen vorbei und beobachtete alle Schatten im Wald. Hier und dort schienen sich die Schemen zu seltsamen Gestalten zu verdichten.
Tiere. Kein zielstrebiger Verfolger. Nur die Geräusche einiger harmloser Bewohner des Waldes. Weiter nichts.
Aber warum hatte sie nach wie vor den Eindruck, als beobachte sie jemand, der sich in der Finsternis des Dickichts verbarg?
»Tiere«, wiederholte Ben. Er gab sich mit dieser Erklärung zufrieden, stemmte sich behutsam in die Höhe, sah über die zerklüfteten Steine hinweg und betrachtete die Rückwand der Hütte.
Rachael war nicht davon überzeugt, das geheime Refugium Erics sei die einzige mögliche Gefahrenquelle. Deshalb lehnte sie Hüfte und Schulter an den Granitblock und beobachtete abwechselnd die Berghütte und den Wald hinter ihnen.
Das Gebäude erhob sich auf einem ebenen Fundament, das eine Art Sims am Hang bildete, und ein knapp fünfzehn Meter breiter Bereich diente als Hinterhof. Strahlender Sonnenschein erhellte den größten Teil davon. Raigras war ausgesät worden, aber angesichts des steinigen Untergrunds gedieh es nur an wenigen Stellen. Außerdem hatte es Eric ganz offensichtlich versäumt, einen Rasensprenger zu installie ren, und das bedeutete, das Wachstum des Grases beschränkte sich auf die kurze Zeitspanne zwischen der Schneeschmelze im Frühling und dem heißen, trockenen Sommer. Inzwischen erinnerten nur noch einige lohfarbene Stellen daran, doch am Rand der breiten und aus Holz bestehenden Veranda gab es mehrere Beete mit blühenden Blu men, die allem Anschein nach regelmäßig bewässert wurden, vielleicht von einem sensorgesteuerten System, das sich automatisch einschaltete, wenn die Bodenfeuchtigkeit unter einen gewissen Wert sank.
Der Architekturstil entsprach dem einer Blockhütte, aber das Gebäude wirkte keineswegs schlicht. Tatsächlich deutete alles darauf hin, daß es Eric einen Haufen Geld gekostet hatte. Das Fundament erweckte den Eindruck, als bestünde es aus normalem Bruchstein, doch bestimmt hätte es ein wesentlich größeres Gewicht tragen können. Zwei breite Fenster waren aus Belüftungsgründen einen Spaltbreit geöffnet. Das dunkle Schieferdach entmutigte sowohl Motten, die an trockenem Holz besonderen Gefallen fanden, als auch Eichhörnchen, die dazu neigten, ihre Nußvorräte zwischen den Spalten einzelner Schindeln anzulegen. Eine kleine Parabolantenne sorgte für guten Fernsehempfang.
Die Hintertür stand weiter offen als die beiden Fenster. Rachael sah in ihr die Klappe einer vorbereiteten Falle, die dann zuschnappen mochte, wenn sie versuchten, ins Innere des Gebäudes zu gelangen.
Was sie natürlich nicht davon abhalten würde, die Hütte zu betreten. Schließlich waren sie nur deshalb gekommen, um Eric zu finden. Dennoch nahm das Unbehagen der jungen Frau zu.
Ben beobachtete das Haus eine Weile. »Wir können uns nicht weiter heranschleichen«, flüsterte er dann. »Auf dem Hinterhof gibt es keine Deckung. Ich schlage vor, wir bringen die Lichtung mit einem Sprint hinter uns und ducken uns hinter die Verandabrüstung.«
»In Ordnung.«
Shadway zögerte. »Was hältst du davon, hier zu warten? Überlaß es mir festzustellen, ob Eric bereits auf der Lauer liegt und nur darauf wartet, uns aufs Korn zu nehmen. Wenn du keine Schüsse hörst, kannst du mir folgen.«
»Du willst mich allein lassen?«
»Selbst im
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