Schattenfeuer
fest die Bande zwischen ihnen im Verlauf der letzten vierundzwanzig Stunden geworden waren.
Sie liebte ihn. Himmel, wie sehr sie ihn liebte!
Shadway musterte sie aus seinen so sanft blickenden braunen Augen. »Du bringst die Wildcard-Akte fort von hier«, sagte er, zwar nicht direkt scharf, aber fest genug, um zu verdeutlichen, daß er keinen Widerspruch duldete. »Du fertigst Kopien an, schickst einige davon Freunden in verschiedenen Städten und versteckst die anderen an sicheren Orten. Wenn das geschehen ist, brauchen wir uns über einen möglichen Verlust des Originals keine Sorgen mehr zu machen. Während du damit beschäftigt bist, durchsuche ich die Hütte. Wenn ich irgendeinen Anhaltspunkt finde, treffen wir uns und setzen die Suche nach Eric gemeinsam fort. Wenn ich keinen Hinweis entdecke, tauchen wir irgendwo unter und entwickeln eine neue Strategie.«
Rachael wollte sich nicht von ihm trennen. Vielleicht war
Eric noch irgendwo in der Nähe. Und wenn die Polizei ent
schied, die Berghütte zu kontrollieren... In jedem Fall
mochte Ben in Gefahr geraten. Andererseits aber: Seine Ar
gumente ließen sich nicht einfach vom Tisch wischen. Ver
dammt, er hatte recht.
Trotzdem erwiderte Rachael: »Wenn ich mich allein auf den Weg mache und den Wagen nehme... Wie willst du dann von hier verschwinden?«
Ben warf einen kurzen Blick auf seine Armbanduhr -um Rachael darauf aufmerksam zu machen, daß die Zeit drängte. »Den gemieteten Ford überläßt du mir«, sagte er. »Wir können ihn ohnehin nicht mehr lange benutzen; vielleicht suchen die Cops bereits nach dem Wagen. Nein, du nimmst den Mercedes. Ich fahre mit dem Ford und suche mir unterwegs einen anderen Wagen.«
»Bestimmt steht auch der Mercedes auf der Fahndungsliste.«
»Oh, sicher. Aber die Angaben betreffen einen schwarzen 560 SEL mit diesem Nummernschild, einen Mercedes, der von einem Mann gefahren wird, auf den Erics Beschreibung paßt. Statt dessen sitzt du am Steuer, und das Kennzeichen tauschen wir einfach aus. Weiter am Hang ste
hen genug geparkte Fahrzeuge.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob...«
»Ich schon.«
Rachael fröstelte. »Und wo treffen wir uns später?«
»In Las Vegas«, sagte Shadway.
Diese Antwort überraschte sie. »Warum ausgerechnet
dort?«
»In Südkalifornien wird uns der Boden zu heiß. Ich bezweifle, ob wir uns hier für längere Zeit verstecken könnten. Aber in Las Vegas kenne ich einen guten Unterschlupf.«
»Was für einen?«
»Mir gehört ein Motel am Tropicana Boulevard.«
»Das ist ja 'n Ding!« entfuhr es Rachael. »Der altmodische und konservative Ben Shadway -ein Geschäftemacher in Ve gas?«
»Meine Immobilienagentur hat schon mehrfach Grundstücke in Las Vegas angeboten und verkauft. Aber deshalb kann man mich noch nicht als Geschäftemacher bezeichnen. Nach den Maßstäben von Las Vegas ist das Motel eher klein. Es besteht nur aus zwanzig Zimmern, und zu dem Anwesen gehört auch ein Pool. Außerdem befindet es sich nicht im besten Zustand. Derzeit ist es geschlossen. Ich habe es vor zwei Wochen gekauft, und in einem Monat wollen wir es abreißen und ein neues Gebäude errichten, mit sechzig Zimmern und einem Restaurant. Wie dem auch sei: Es gibt noch immer elektrischen Strom im Haus. Das Apartment des Direktors ist zwar ziemlich schäbig, aber voll eingerichtet, ausgestattet mit Telefon und einem funktionierenden Bad. Wenn es notwendig sein sollte, können wir uns dort verstecken und Pläne schmieden. Oder wir warten einfach darauf, daß Eric irgendwo erscheint und so von sich reden macht, daß selbst die Bundesbehörden nichts mehr vertuschen können.«
»Ich soll also nach Vegas fahren?« fragte Rachael.
»Ja, das wäre am besten. Es kommt ganz darauf an, wie entschlossen das Pentagon ist, uns unschädlich zu machen. Nun, wenn ich daran denke, was auf dem Spiel steht, müssen wir mit dem Schlimmsten rechnen. Vermutlich werden bereits alle wichtigen Flughäfen überwacht. Nimm die Staatsstraße, die am Silverwood Lake vorbeiführt, dann die Interstate Fünfzehn. Wenn du nicht aufgehalten wirst, müßtest du heute abend in Las Vegas eintreffen. Ich folge dir in einigen Stunden.«
»Und wenn hier die Cops auftauchen?«
»Wenn ich mir keine Sorgen mehr um dich zu machen brauche, fällt es mir bestimmt nicht schwer, ihnen zu entwischen.«
»Hältst du sie etwa für unfähig?« fragte Rachael spitz.
»Nein. Ich glaube nur, fähiger zu sein als sie.«
»Weil du für so etwas ausgebildet
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