Schattenfeuer
Begegnung mit dem Felsen war der stellvertretende Direktor der DSA so wutgeladen, daß er den Piloten des Hubschraubers am liebsten grün und blau geschlagen hätte -so als fliege der arme Kerl nicht nur die Maschine, sondern sei auch für Entwurf, Konstruktion und Wartung verantwortlich.
Hinter Sharps Rücken zwinkerte Peake dem Piloten zu.
Es stand kein anderer Helikopter zur Verfügung, und deshalb traf Sharp widerstrebend die Entscheidung, mit einem Wagen von Palm Springs zum Lake Arrowhead zu fahren. Die dunkelgrüne Regierungslimo usine traf mit blitzendem Blinklicht ein. Die Lampe befand sich normalerweise im Kofferraum, konnte aber innerhalb weniger Sekunden auf dem Dach befestigt werden. Außerdem gehörte auch eine Sirene zur Ausstattung. Sharp schaltete sie ein, um die anderen Wagen zu veranlassen, ihnen Platz zu machen. Peake raste über den Highway 111 nach Norden und setzte die Fahrt dann über die I-10 nach Redland fort. In einer Stunde legten sie rund hundertfünfzig Kilometer zurück, und aus dem gleichmäßigen Brummen des Motors wurde ein rauh klingendes Grollen.
Anson Sharp schien keine Gedanken an eine mögliche Panne zu verschwenden, beklagte statt dessen das Fehlen einer Klimaanlage und verfluchte den warmen Wind, der durch die geöffneten Seitenfenster wehte.
Als sie auf der State Route 330 die San Bernardino Mountains erreichten, mußten sie angesichts der vielen Kurven die Geschwindigkeit verringern. Sharp schwieg und grübelte. Schon seit einer ganzen Weile hatte er keinen Ton mehr von sich gegeben. Sein Zorn war verraucht, und er schmiedete nun neue Pläne.
Die unsteten Muster aus hellem Sonnenschein und Waldschatten tanzten über die Windschutzscheibe und erfüllten das Wageninnere mit gespenstischem Leben, als Sharp schließlich sagte: »Peake, vielleicht wundert es Sie, daß nur wir beide hierhergekommen sind. Vielleicht fragen Sie sich, warum ich nicht die Polizei verständigt oder Verstärkung angefordert habe.«
»Ja, Sir«, erwiderte Peake. »Darüber habe ich schon nachgedacht.« Sharp musterte ihn eine Zeitlang. »Sind Sie ehrgeizig, Jerry?«
Sei jetzt bloß auf der Hut, Jerry! fuhr es Peake durch den Sinn. Der Umstand, daß Sharp ihn mit seinem Vornamen ansprach, war bestimmt kein gutes Zeichen.
»Nun, Sir«, anwortete er, »ich möchte meine Arbeit ordentlich erledigen und ein guter Einsatzagent sein.« »Hoffen Sie auf Beförderungen, auf mehr Befugnisse, eine Chance, selbst Ermittlungen zu leiten?«
Peake argwöhnte, daß Sharp eine Bedrohung in jungen Beamten sehen mochte, die zu ehrgeizig waren, und deshalb ließ er seinen Traum unerwähnt, zu einer DSA-Legende zu werden. Statt dessen sagte er: »Nun, ich habe mir immer gewünscht, es irgendwann einmal zum stellvertretenden Chef des kalifornischen Büros zu bringen und einen gewissen Einfluß auf die Operationen zu bekommen. Zuerst aber muß ich noch eine Menge lernen.«
»Das ist alles?« fragte Sharp. »Ich halte Sie für einen klugen und fähigen Mann, und ich hätte eigentlich erwartet, daß Sie höhere Ziele anstreben.«
»Ich danke Ihnen, Sir, aber es gibt bei uns viele kluge und fähige Männer, die älter sind als ich. Und wenn ich es trotz dieser Konkurrenz zum stellvertretenden Sektionsleiter bringen könnte, wäre ich sehr froh.«
Sharp schwieg eine Zeitlang, aber Peake wußte, daß das Gespräch noch nicht beendet war. Er nahm den Fuß vom Gas, als er vorne eine scharfe Rechtskurve sah, trat kurze Zeit später erneut auf die Bremse: ein Waschbär trippelte über den Asphalt. Schließlich sagte Sharp: »Jerry, ich beobachte Sie schon seit einer ganzen Weile, und ich bin sehr mit Ihnen zufrieden. Sie haben das Zeug, es in der Defense Security Agency zu etwas zu bringen. Wenn Sie nach Washington möchten: Bestimmt ist im Hauptquartier der eine oder andere Posten frei.«
Plötzlich hatte Jerry Peake Angst. Sharps Schmeicheleien waren übertrieben, sein Wohlwollen bestimmt nur gespielt. Er wollte etwas von dem jungen Agenten, und Peake sollte seinerseits etwas von ihm kaufen, zu einem Preis, der vielleicht viel zu hoch für ihn war. Doch wenn er den Handel ablehnte, machte er sich den stellvertretenden Direktor für den Rest seines Lebens zu einem erbitterten Feind.
»Das, was ich Ihnen jetzt sage«, fuhr Sharp fort, »ist streng vertraulich, und ich bitte Sie ausdrücklich, es für sich zu behalten: Im Laufe der nächsten beiden Jahre wird der Direktor in den Ruhestand treten und mich als seinen
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