Schattenfeuer
Gefühl, daß er keine Zeit mehr verlieren durfte.
Julio und Reese legten ihre Dienstwaffen nicht ab, bevor sie an Bord der Linienmaschine nach Las Vegas gingen, zeigten den Kontrollbeamten am Metalldetektor ihre Ausweise und konnten passieren. Im McCarran International Airport betraten sie das noch geöffnete Büro eines Autoverleihs und legten einer hübschen Brünetten namens Ruth ihre ID-Karten vor. Sie nahm den Telefonhörer ab, rief einen Mechaniker der Spätschicht an und beauftragte ihn, den beiden Polizisten einen Wagen zu bringen.
Verdad und Hagerstrom trugen keine für Regenwetter geeignete Kleidung, und deshalb warteten sie vor der Glastür des Ausgangs, bis sie den Dodge herankommen sahen. Dann traten sie nach draußen und stiegen ein. Der Mechaniker überprüfte kurz die Mietpapiere, nickte und überließ ihnen das Fahrzeug.
Als Julio den ersten Gang einlegte und den Dodge auf die Straße lenkte, starrte Reese in den Regen und verzog das Gesicht. »Was ist mit all den Prospekten über Las Vegas?«
»Was soll schon damit sein?«
»Wo ist der Sonnenschein geblieben? Und wo sind all die hübschen Mädchen in knappen Bikinis?«
»Warum interessierst du dich für hübsche Mädchen in knappen Bikinis, wenn du Samstag mit Teddy Bertlesman verabredet bist?«
Bloß nicht darüber reden, dachte Reese abergläubisch. Laut sagte er: »Zum Teufel auch, das hier sieht überhaupt nicht wie Las Vegas aus, eher wie Seattle.«
Rachael warf die Schlafzimmertür hinter sich zu und schloß sie ab. Mit einigen hastigen Schritten war sie am einzigen Fenster des Raums, zog die halb verrotteten Jalousien hoch und stellte fest, daß ein Metallgitter die Scheibe in einzelne Flächen unterteilte. Das erschwerte ihre Flucht.
Sie sah sich nach irgendeinem Gegenstand um, der sich als Waffe verwenden ließ, doch ihr Blick fiel nur auf das Bett, zwei Nachttischschränkchen, eine Lampe und einen Stuhl.
Sie rechnete jeden Moment damit, daß die Tür aus den Angeln flog. Aber nichts dergleichen geschah.
Das Ungeheuer im Wohnzimmer gab nicht das geringste Geräusch von sich, und Rachael empfand die Stille als ein böses Omen.
Was plante Eric?
Sie trat an den Schrank heran, öffnete ihn und betrachtete die einzelnen Fächer. In der einen Ecke sah sie leere Regale
in der anderen einige Kleiderbügel.
Etwas kratzte über den Türknauf.
»Rakkel«, zischte das Monstrum höhnisch.
Offenbar hatte sich Eric trotz der Mutation einen Rest von Eigenbewußtsein bewahrt, denn es war der Eric -Aspekt des Tiers, der Rachael Angst einjagen, ihr Zeit genug geben wollte, damit sie sich das ausmalen konnte, was er mit ihr anzustellen gedachte.
Ich werde hier sterben, dachte die junge Frau. Hier in diesem Zimmer. Einen langsamen und grauenhaften Tod.
Verzweifelt machte sie Anstalten, sich von dem leeren Schrank abzuwenden, verharrte jedoch, als sie eine Klappe im oberen Teil bemerkte, eine Luke, die zum Dachboden führen mochte.
Der Dämon klopfte mit einer Klauenpranke an die Tür. »Rakkel...«
Sie schob sich in den Schrank hinein und zog versuchsweise an den Regalen, um ihre Festigkeit zu prüfen. Zu ihrer Erleichterung stellte sie fest, daß sie mit den Wänden verschraubt waren und sie so daran hochklettern konnte, als stellten sie die Sprossen einer Leiter dar. Auf der vierten improvisierten Stufe blieb sie stehen, und nur noch dreißig Zentimeter trennten ihren Kopf von der Decke. Mit der einen Hand hielt sie sich an einer Stange fest, und mit der anderen drückte sie die Klappe auf.
»Rakkel, Rakkel...« heulte das Wesen, strich mit den Krallen über das Holz der Tür, warf sich dagegen -nur ganz leicht, als ginge es ihm zunächst nur darum, die junge Frau zu verspotten.
Im Innern des Schrankes kletterte Rachael eine weitere Re-gal-Stufe in die Höhe, stieß sich dann ab, hielt sich an der Stange fest, zog sich daran empor und schob sich durch die Luke. Im trüben Licht sah sie einige Balken, jeweils etwa vierzig Zentimeter voneinander entfernt, und zwischen ihnen erstreckten sich isolierende Fiberglasflächen. Die Decke war sehr niedrig, befand sich nur einen guten Meter über ihr.
Hier und dort ragten Nägel daraus hervor. Überrascht stellte sie fest, daß der Dachboden keine Unterteilung aufwies und sich nicht nur auf den Bereich über dem Büro und der Wohnung des Verwalters beschränkte, auch über die anderen Räume dieses Gebäudeflügels hinwegreichte.
Unten knallte etwas so laut, daß der Balken erzitterte, auf dem
Weitere Kostenlose Bücher