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Schattenfeuer

Schattenfeuer

Titel: Schattenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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konnte Gavis nur einen Teil der Beine sehen, aber er vermutete, daß sie ebenfalls mit zusätzlichen Gelenken ausgestattet waren.
    Whit bemerkte, daß er schrie. Nur ein einziges Mal in seinem Leben hatte er wirklich geschrien, in Vietnam, als die Mine unter ihm explodierte, als er durch die Luft geschleudert wurde und einige Meter entfernt auf den Dschungelboden zurückfiel, als er sein linkes Bein sah, das einige Schritte entfernt lag, blutig und zerfetzt. Jetzt schrie er erneut, wieder und immer wieder.
    Und gleichzeitig hörte er, wie das Monstrum ein schrilles Kreischen von sich gab, ein triumphierendes Heulen.
    Erics Kopf zitterte hin und her, und Gavis sah eine entsetzliche Masse aus spitzen Reißzähnen.
    Er versuchte, von dem teuflischen Etwas fortzukriechen, stieß sich sowohl mit dem rechten Arm als auch dem linken Stumpf ab. Doch der Regen hatte den Boden aufgeweicht, und der zähe Morast bot ihm wenig Halt. Es gelang ihm nur, einige Meter zurückzulegen, bis das Ungeheuer ihn erreichte, sich bückte und nach seinem linken Fuß griff, ihn in Richtung der offenen Garagentür zerrte. Gavis beugte das rechte Bein und trat verzweifelt und mit ganzer Kraft zu. Das Eric-Wesen fauchte und zischte zornig, zog so heftig an der Prothese, daß sich die Halteriemen lösten. Kurzer Schmerz verschleierte Whits Blick, als sich das künstliche Glied vom Oberschenkelansatz trennte, und er machte sich klar, daß er jetzt praktisch gar keine Chance mehr hatte. Mit nur einem Bein und einem Arm war er seinem Gegner hoffnungslos unterlegen.
    Rachael saß in der kleinen Küche des Apartments und öffnete gerade den Müllbeutel, der die zerknitterten Blätter der Wildcard-Akte enthielt, als sie den ersten Schrei hörte. Sie wußte sofort, daß er von Whitney stammte und es nur eine Erklärung gab: Eric.
    Sie ließ den Beutel einfach fallen, griff nach der 32er auf dem Tisch, trat an die Hintertür heran, zögerte kurz und entriegelte sie.
    In der Garage blieb sie erneut stehen. Überall um sie herum kam es zu Bewegungen. Böiger Wind wehte durch die offene Seitentür, und die Glühbirne am Querbalken schwang hin und her, ließ unstete Schatten über die Wände tanzen. Rachael starrte auf die Müllhaufen, auf die ausgemusterten Möbelstücke, die im wechselhaften Licht ein gespenstisches Eigenleben zu entwickeln schienen.
    Whitneys Schreie kamen von draußen, und deshalb nahm die junge Frau an, daß sich Eric nicht in der Garage aufhielt. Sofort lief sie wieder los, eilte an dem schwarzen Mercedes vorbei und sprang über einige Lackdosen und einen zusammengerollten Gartenschlauch hinweg.
    Ein schrilles, markerschütterndes Kreischen erklang und räumte die letzten Zweifel Rachaels aus. Jetzt war sie ganz sicher, es mit Eric zu tun zu haben.
    Sie stürzte durch die offene Tür in die Nacht und den Re gen, hielt die Pistole schußbereit in der rechten Hand. Das Eric-Monstrum stand nur wenige Meter entfernt und wandte ihr den Rücken zu. Entsetzen regte sich in Rachael, als sie sah, daß das Ungeheuer ein Bein Whitneys in den Pranken hielt.
    Nur ein Sekundenbruchteil später begriff sie, daß es sich um Gavis' Prothese handelte. Voller Grauen riß sie die Augen auf, als sich Eric langsam zu ihr umdrehte.
    Sein unvorstellbar gräßlicher Anblick schnürte ihr die Kehle zu. Die Finsternis der Nacht und der strömende Regen verbargen die meisten Einzelheiten der schauderhaften mutierten Gestalt, aber die junge Frau sah genug: einen massiven und deformen Schädel, Kiefer, die wie eine Mischung aus Wolf und Krokodil aussahen, lange und spitze Reißzähne. Eric trug weder Hemd noch Schuhe, nur eine zerfetzte Jeans, war inzwischen um zehn bis fünfzehn Zentimeter gewachsen. Ein sich deutlich wölbendes Rückgrat führte zu zwei muskulösen und nach unten geneigten Schultern empor. Auf dem breiten Brustbein schienen sich Hörner oder Stachel gebildet zu haben, und hier und dort fiel Rachaels Blick auf Knochenbuckel. Die langen und mehrgelenkigen Arme reichten bis fast zu den Knien. Und die Hände... die Pranken eines Dämons, der in den feurigen Gewölben der Hölle menschliche Seelen wie Nüsse knackte und verschlang.
    »Rachael... Rachael... ich bin gekommen, um dich zu töten ... Rachael«, brachte das Eric-Monstrum leise und kehlig hervor, sprach jedes Wort ganz langsam aus, so als müsse es sich an eine Sprache erinnern, die es schon fast vergessen hatte. Kehle, Mund, Zunge und Lippen des Wesens eigneten sich nicht mehr für die

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