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Schattenfeuer

Schattenfeuer

Titel: Schattenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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angab.
    »Du bliebst also noch ein weiteres Jahr in Vietnam?« fragte Rachael. Ben seufzte. »Sogar zwei...«
    Eric Leben lag in seiner Hütte hoch über dem Lake Arrowhead, und für eine Zeitspanne, die er nicht abschätzen konnte, driftete sein Bewußtsein durch ein sonderbares Zwielichtstadium. Er schlief nicht, aber er war auch nicht wach. Er lebte nicht, doch eine Rückkehr in den Tod blieb aus. Die genetisch veränderten Zellen erhöhten die Produktion von Enzymen, Proteinen und anderen Substanzen, die den Heilungsprozeß förderten. Im dunklen Geist Erics flakkerten die Lichter kurzer Träume und vager Entsetzensbilder
    -abscheuliche Gestalten, die sich im blutroten Schein von Talgkerzen bewegten.
    Als er endlich aus seinem tranceartigen Zustand erwachte, jetzt wieder voller Energie, wurde ihm plötzlich klar, daß er sich bewaffnen und vorbereiten mußte. In seinem Verstand verblieb ein Rest von Benommenheitsgräue. Die Erinnerung
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    wies große Lücken auf, und deshalb wußte er nicht genau, wer ihn verfolgte. Doch der Instinkt warnte ihn davor, daß es jemand auf ihn abgesehen hatte.
    Meine Verfolger brauchen nur mit Sarah Kiel zu sprechen, um einen Hinweis auf diese Hütte zu bekommen, fuhr es ihm durch den Sinn.
    Dieser Gedanke bestürzte ihn, da er sich nicht an eine Sarah Kiel entsinnen konnte. Eric stand in der Küche, hielt sich mit der einen Hand an der Arbeitsplatte fest, schwankte hin und her und versuchte, sich das ins Gedächtnis zurückzurufen, was sich hinter dem Namen verbarg.
    Sarah Kiel...
    Plötzlich fiel es ihm ein, und er verfluchte sich dafür, das verdammte Mädchen hierhergebracht zu haben. Die Hütte war als geheime Zuflucht geplant gewesen. Er hätte niemandem davon erzählen dürfen. Eins seiner Probleme bestand darin, daß er junge Mädchen brauchte, um sich ebenfalls jung zu fühlen, und er versuchte immer, sie zu beeindrukken. Bei Sarah war ihm das auch gelungen. Sie hatte die Hütte bewundert, die fünf Zimmer, ausgestattet mit allen nur denkbaren Annehmlichkeiten, den mehrere Morgen großen privaten Wald, die herrliche Aussicht auf den weiter unten gelegenen See. Vor seinem inneren Auge sah Eric eine bestimmte Szene, beobachtete, wie sie sich draußen liebten, auf einer Decke, unter den weit ausladenden Zweigen und Ästen einer großen Kiefer, erinnerte sich jetzt auch an das herrlich intensive Gefühl der Jugend. Jetzt aber wußte Sarah von seinem Refugium, und durch sie konnten die anderen davon erfahren, die Verfolger, deren Identität er nicht zu bestimmen vermochte.
    Mit einem Ruck stieß sich Eric von der Arbeitsplatte ab und näherte sich der Tür, die von der Küche in die Garage führte. Er bewegte sich weniger steifbeinig als zuvor, kraftvoller und sicherer, und er empfand das helle Licht auch nicht mehr als so grell. Diesmal züngelten keine Flammen aus schattigen Ecken, und er wurde auch nicht von anderen Trugbildern abgelenkt. Offenbar hatte das letzte Koma seine geistige Stabilität verbessert. Aber als Eric die Hand nach dem Türknauf ausstreckte, verharrte er abrupt.
    Sarah kann niemanden von dieser Hütte erzählen, dachte er. Sie ist tot. Ich habe sie selbst umgebracht, vor einigen Stunden...
    Neues Grauen durchzog den inneren Kosmos Erics, und er hielt sich so an dem Knauf fest, als müsse er sich irgendwo verankern, um zu verhindern, daß ihn die Flutwelle des Entsetzens fortspülte, ihn in einen Ozean aus immerwährender Finsternis zerrte, in ein Meer des Wahnsinns. Plötzlich entsann er sich an seinen Abstecher zum Haus in Palm Springs, daran, das Mädchen, das nackte Mädchen geschlagen zu haben, hart und erbarmungslos. Er beobachtete, wie er mit den Fäusten immer wieder auf Sarah einhieb, sah ihr fleckiges und blutiges Gesicht, in Entsetzen verzerrt. Ein Kaleidoskop des Grauens schimmerte in seinem zerrissenen Bewußtsein. Aber er fragte sich, ob er Sarah wirklich umgebracht hatte. Nein. Nein, er war ziemlich sicher, daß sie noch lebte. Es gefiel ihm, Frauen grob zu behandeln, ja, das gestand er sich selbst gegenüber ein. Er liebte es, ihnen Ohrfeigen zu versetzen und zu erleben, wie sie vor ihm krochen -mehr nicht. Er war jemand, der die Gesetze achtete, ein sozialer und ökonomischer Gewinner, kein irrer Psychopath. Und bei diesem Ge danken formten sich andere Erinnerungskonturen in ihm: ein Eric, der Sarah im Schlafzimmer von Rachaels Haus in Placentia an die Wand nagelte, der die nackte Sarah über dem Bett kreuzigte, als Warnung für Rachael.

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