Schattenfeuer
Enforcement Agency gesetzt, und Alma Dunn fürchtete noch immer um ihren guten Ruf.
Diesen schwachen Punkt nutzte Sharp aus. In der Station führt er ein diskretes Gespräch mit Alma Dunn, bei dem nur Peake zugegen war. Sharp stellte der Frau eine öffentliche Wiederaufnahme der Untersuchungen in Aussicht, diesmal auf Bundesebene. Dadurch gelang es ihm, sie zur Zusammenarbeit zu bewegen. Alma Dunn brach fast in Tränen aus, was den jungen Peake besonders erstaunte: Er verglich sie noch immer mit Agatha Christies Miß Marple, jener Amateurdetektivin, die sich immer völlig in der Gewalt hatte.
Zunächst hatte es den Anschein, als sei Dr. Werfell ein wesentlich härterer Brocken. Sein persönlicher und fachlicher Hintergrund als Arzt war makellos. Bei seinen Kollegen genoß er großen Respekt, konnte stolz auf mehrere Auszeichnungen hinweisen und arbeitete sechs Stunden in der Woche in einem öffentlichen Institut für Körperbehinderte. Er schien in jeder Beziehung ein Heiliger zu sein - nun, in fast jeder. Vor fünf Jahren war er der Steuerhinterziehung bezichtigt worden und hatte den Prozeß verloren. Sein einziges Vergehen bestand darin, nicht gemäß der Vorschriften Buch geführt zu haben, doch allein das genügte für ein Verfahren.
Sharp stellte Werfeil in einem leerstehenden Krankenzimmer zur Rede und drohte ihm mit einer neuen und weitaus gründlicheren Steuerprüfung. Werfell schien völlig sicher zu sein, daß seine Unterlagen diesmal völlig in Ordnung waren, doch andererseits wußte er, wieviel Zeit und Mühe ein neuer Prozeß kostete - ein Verfahren, das bestimmt seine Reputation beeinträchtigte, selbst wenn es mit einem Freispruch endete. Mehrmals sah er Peake an und bat stumm um Gnade er wußte genau, daß er von Sharp kein Erbarmen zu erwarten hatte -, doch der junge DSA-Agent gab sich alle Mühe, die Gleichgültigkeit seines Vorgesetzten nachzuahmen. Als intelligenter Mann begriff Werfell nach einigen Minuten, daß es besser für ihn war, Sharps Wünschen zu entsprechen selbst wenn er Sarah Kiel gegenüber seine ärztlichen Prinzipien verletzte.
»Machen Sie sich keine Gedanken über berufliche Ethik, Doktor«, sagte Sharp und klopfte dem Arzt kurz auf die Schulter. »Die Sicherheit unseres Staates steht immer an erster Stelle. Niemand käme auf den Gedanken, das in Frage zu stellen und Ihnen vorzuwerfen, die falsche Entscheidung getroffen zu haben.«
Als ihn Sharp berührte, wich Dr. Werfell nicht zurück, verzog jedoch das Gesicht. Und er bedachte Peake mit einem finsteren Blick.
Peake zuckte unwillkürlich zusammen.
Werfell führte sie aus dem leeren Zimmer, durch den Korridor, vorbei an der Schwesternstation -von der aus Alma Dunn ihnen betroffen nachsah -in Richtung des Raums, in dem Sarah Kiel schlief. Unterwegs bemerkte Peake, daß Werfell, den er zuvor mit Dashiell Hammett verglichen hatte, irgendwie geschrumpft zu sein schien und nicht mehr annähernd so imposant wirkte. Sein Gesicht war grau, und er schien innerhalb weniger Minuten um Jahre gealtert zu sein.
Zwar bewunderte Peake Anson Sharps Fähigkeit, die Dinge in die Hand zu nehmen, aber er bezweifelte plötzlich, ob er imstande war, sich seine Methoden zu eigen zu ma chen. Peake wollte nicht nur ein erfolgreicher Agent werden, sondern auch eine Legende -und um das zu erreichen, mußte man tüchtig und geschickt sein -und auch fair. Tatsächlich sah er einen großen Unterschied zwischen Niedertracht und Legende - eine Feststellung, die auf der aufmerksamen Lektüre von mindestens fünftausend Kriminalromanen basierte.
In Sarah Kiels Zimmer herrschte Stille, und man konnte nur den leisen Atem des jungen Mädchens hören. Von der kleinen Lampe auf dem Nachtschränkchen ging ein matter Schein aus. Ein sanftes Glühen am Rande der zugezogenen Vorhänge deutete auf die heiße Wüstensonne hin, die hinter den Gardinen brannte.
Die drei Männer traten ans Bett heran. Dr. Werfell und Sharp blieben auf der einen Seite stehen, Peake auf der anderen.
»Sarah«, sagte Werfell leise. »Sarah?« Als sie nicht antwortete, wiederholte der Arzt ihren Namen und berührte sie behutsam an der Schulter.
Das junge Mädchen stöhnte leise, erwachte jedoch nicht.
Werfell hob ein Lid, betrachtete die Pupille, tastete dann nach dem Puls und sah auf die Uhr. »Ich schätze, sie wird in etwa einer Stunde zu sich kommen.«
»Ich will jetzt mit ihr sprechen«, sagte Anson Sharp ungeduldig. »Das hatten wir doch schon besprochen.«
»Ich verabreiche
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